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Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)

Titel: Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
Autoren: Eva Völler
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erklomm den Kutschbock, während der Junge den Leiterwagen übernahm und damit wegfuhr. Wahrscheinlich war er ein Bote – so nannten wir die Helfer der Zeitwächter in den jeweiligen Epochen der Vergangenheit. Sie waren weitestgehend in unsere Aufgaben eingeweiht und wussten, dass sie es mit Zeitreisenden zu tun hatten, auch wenn die Sperre verhinderte, dass man ihnen Ereignisse aus der Zukunft verriet.
    Unsere Kutsche fuhr mit einem Ruck an. Durch den nur halb zugezogenen Vorhang am Türschlag sah ich Mr Turner vor dem Haus stehen, eingerahmt von den beiden geheimnisvoll grinsenden Sphinxen. Unvermittelt musste ich daran denken, was der alte Mann über Visionen gesagt hatte, und dabei überkam mich eine Vorahnung, dass ich nicht zum letzten Mal hier gewesen war.

    Eine Weile rumpelte die Kutsche durch die nächtliche City of Westminster. Sebastiano hatte den Arm um mich gelegt und fragte ungefähr alle zwei Minuten, wie ich mich fühlte, und ich beteuerte jedes Mal, dass es mir super gehe. Was er mir allerdings nicht glaubte. Ich selber glaubte es mir auch nicht, vor allem nicht, nachdem wir angehalten hatten, weil ich mich übergeben musste.
    »Es gibt zwei Möglichkeiten.« José war vom Kutschbock gestiegen und sah mich prüfend mit seinem Auge an. »Wir können in der Herberge die fünf Tage bis Neumond abwarten und dann das Haupttor am Trafalgar Square benutzen. Oder wir nehmen gleich heute Nacht ein einfaches Zeitfenster. Es gibt eins in Spitalfields.«
    »Wir fahren nach Spitalfields«, sagte Sebastiano sofort.
    »Aber wir wollten uns doch hier noch ein paar schöne Tage machen«, protestierte ich.
    »Kommt nicht infrage. Ich will, dass du zum Arzt gehst. Und zwar zu einem richtigen Arzt.«
    »Mir fehlt doch gar nichts«, wandte ich ein, obwohl mir immer noch übel und schwindlig war. Außerdem tat mir inzwischen auch der Kopf weh.
    »Das soll der Arzt entscheiden«, erklärte Sebastiano.
    »Sicher ist sicher«, pflichtete José ihm bei. »Wahrscheinlich hast du nur eine leichte Rauchvergiftung, aber mit der richtigen Behandlung bist du schnell wieder auf dem Damm.«
    Damit war ich überstimmt und gab meinen Widerstand auf, schon in meinem eigenen Interesse. Momentan hatte ich ein starkes Bedürfnis nach Aspirin, aber das würde erst in ungefähr hundert Jahren oder so erfunden werden.
    Die Fahrt ging zügig weiter, und ich dachte trübsinnig darüber nach, was wir nun alles verpassen würden. Die fünf Tage, die wir hier in der Vergangenheit auf den nächsten Mondwechsel hätten warten müssen, hatte ich mir schon in leuchtenden Farben ausgemalt – Sightseeing im Jahr 1813. Wir hätten einen der legendären Bälle im Almack’s besuchen können, dem angesagtesten Tanzclub dieser Epoche. Oder die berühmten Vauxhall Gardens, wo sich abends halb London zum Feiern traf. Vielleicht hätte ich mir auch einen dieser niedlichen, mit Seidenbändern verzierten Hüte kaufen können, die Frauen in diesem Jahrzehnt trugen. Ich war zwar nicht besonders modebewusst, aber die Dinger sahen einfach süß aus.
    Und das Beste an alldem wären die zusätzlichen Tage gewesen, die wir dadurch im Jahr 2013 gewonnen hätten. Wären wir nämlich beim nächsten Mondwechsel ins Jahr 2013 zurückgereist, wären wir in derselben Sekunde wieder dort gelandet, in der wir von da gestartet waren. So als wären wir überhaupt nicht weg gewesen. Das war ein toller Nebeneffekt bei diesen Einsätzen: Man bekam die Zeit, die man in der Vergangenheit verbracht hatte, bei der Rückkehr geschenkt.
    Das funktionierte allerdings nur, wenn man bei Vollmond oder Neumond durch eines der Haupttore zurückreiste. Benutzte man ein einfaches Portal, war die Zeit in der Zukunft weitergelaufen – in unserem Fall zwei volle Tage. Damit blieb uns nur noch ein einziger Tag bis zu unserem Rückflug nach Venedig. Mit anderen Worten, wir verpassten auch den kompletten Resturlaub im Jahr 2013. Goodbye, London …
    »Wir kommen einfach in ein paar Monaten noch mal her«, sagte Sebastiano, als hätte er meine Gedanken gelesen (manchmal glaube ich, dass er das wirklich kann!). »Dann nehmen wir uns richtig Zeit für London. Was hältst du davon?«
    »Guter Plan«, murmelte ich, die Hand vor dem Mund, weil es mir schon wieder hochkam. »Aber können wir vielleicht noch mal eben rechts ranfahren?«

    Spitalfields im Londoner Eastend schien eine verrufene Gegend zu sein. Nach allem, was ich vorher darüber gelesen hatte, galt es früher – also jetzt – als
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