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Zeitbombe Internet

Zeitbombe Internet

Titel: Zeitbombe Internet
Autoren: Thomas Fischermann
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sogar Rücksicht genommen. Auf seinen Gastgeber, die Sparkasse Vorderpfalz. In welchem Umfang Bankdaten gestohlen werden und Onlinebanking-Betrüger ihr Unwesen treiben – darüber hat Schartner nicht viel gesagt.
    Risse im Netz: Die digitale Infrastruktur trägt nicht mehr
    Wer hätte das vor zehn Jahren gedacht? Die Internetbranche war Ende der neunziger Jahre überhaupt erst entstanden, dann zur Jahrtausendwende in einem Börsencrash untergegangen, und danach hieß es: Nette Sache, das Netz, aber ganz bestimmt nicht weltverändernd. Heute aber kommt die Kommunikationsplattform Facebook monatlich auf mehr als 500 Millionen Nutzer, die Internetsuchmaschine Google auf fast eine Milliarde. Microsoft verkauft pro Jahr weit mehr als 200 Millionen Lizenzen seiner Bürosoftware, deren jüngste Version so gut funktioniert, weil sie quasi ununterbrochen mit dem Netz in Verbindung steht. Apple verkauft pro Jahr rund 85 Millionen Tablettcomputer, Handys, Musikspieler und Laptops und hat mit ihnen eine Kaskade neuartiger Internetdienste ausgelöst.
    Im Standard & Poor’s 500, dem bedeutendsten Börsenindex der amerikanischen Wirtschaft, machen High-Tech-Konzerne inzwischen fast ein Fünftel der Werte aus. Unter den zwanzig wertvollsten Marken der Welt, die regelmäßig von der Werbeagentur Interbrand ermittelt werden, gehören die Plätze zwei, drei und vier den Firmen IBM, Microsoft und Google. Von den fünfzig reichsten Amerikanern hat jeder
Vierte sein Vermögen mit Computern, Software und dem Internet gemacht. Leute wie der Apple-Gründer Steve Jobs und die Google-Boys Sergey Brin und Larry Page werden als Popstars gefeiert. Man bespricht ihre neuesten Produkte in den Abendnachrichten, und die Käufer erwarten Software-Aktualisierungen, als seien sie der nächste Harry Potter. Über das bisherige Leben des Facebook-Erfinders Mark Zuckerberg (27) wurde ein Hollywood-Film gedreht. 2011 folgt ein spektakulärer Börsengang nach dem anderen.
    Bill Gates, Steve Jobs, Mark Zuckerberg und Konsorten sind aus einem bestimmten Grund so reich: Ihre Unternehmen und die ganze IT-Branche unterhalten das wichtigste Nervensystem des Planeten. Zehn Jahre nach dem großen Internetcrash an den Börsen benutzen schätzungsweise 2 Milliarden der 6,7 Milliarden Menschen das Internet. Sie nutzen es zunehmend kommerziell: Die Information Technology & Innovation Foundation schätzt, dass die gesamte digitale Wirtschaft im Jahr 2010 zehn Billionen Dollar umsetzte – und rein wirtschaftlich betrachtet heute mehr zum Wohlstand der Welt beitrage als der Verkauf von Arzneimitteln, Investitionen in erneuerbare Energie und staatliche Forschungsausgaben zusammengenommen.
    So großartig ist der Erfolg des Netzes, dass ihm in Industrie- wie auch in Schwellenländern heute niemand mehr entkommt. Man kann sich kaum noch an die Zeit erinnern, als es keine Webseiten wie Google, Amazon oder CNN.com gab (die erste Webseite wurde vor einem Vierteljahrhundert registriert). Informationstechnik prägt unser Leben, ob wir wollen oder nicht, ob wir mitmachen oder nicht. Gesellschaft und Wirtschaft funktionieren nicht mehr ohne.
    Selbst wer zuhause noch ein altes Telefon mit Drehscheibe der Bundespost nutzt, dessen Telefonate gehen spätestens an der nächsten Straßenecke in den riesigen, unsichtbaren Datenstrom ein. Wer seine Bankfiliale aufsucht, schaut im Zweifelsfall einem jungen Menschen in Krawatte oder Kostüm dabei zu, wie dieser Daten aufnimmt, nickt und sie in einen Computer einspeist. Wer ein modernes Handy mit sich
herumträgt, muss schon sehr gewieft sein, um all die mitgelieferten, netzbasierten Überwachungs- und Werbefunktionen abzuschalten. So hinterlassen die meisten Menschen extrem aussagefähige Profile. Bei Apple, Google, Facebook und Co. Diese Firmen wissen, wo Millionen Menschen einkaufen, ob sie Kinder haben und in die Schule bringen, wo sie arbeiten und wo sie schlafen. In den USA, wo die Vermarktung von Profilen laxer gehandhabt wird als in Europa, sind regelrechte digitale Doppelgänger entstanden, und aus den vorhandenen Daten beginnen erste High-Tech-Firmen das Verhalten der Nutzer vorauszusagen. Sie sind ihnen quasi einen Schritt voraus.
    Wer Energie sparen will und sich vom Elektrizitätswerk einen »smarten Stromzähler« in den Keller hängen lässt, teilt fortan seine Verbrauchsdaten über das weltweite Computernetz mit.
    Doch
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