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Zeit-Odyssee

Zeit-Odyssee

Titel: Zeit-Odyssee
Autoren: Keith Laumer
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diese Unterhaltung überhaupt diente. Er tastete sich behutsam vor, versuchte den Tiger einzuschätzen, den er beim Schwanz hielt, versuchte herauszufinden, bei wem die Macht lag.
    »Diesmal nicht«, widersprach ich ihm. »Und eigentlich überhaupt noch nie.«
    »Immerhin – Sie sind hier«, konstatierte er trocken.
    »Strengen Sie Ihren Kopf mal ein bißchen an«, sagte ich. »Ihre Aktion beruht auf der Überzeugung, daß Ihre Ära, da sie eine spätere ist, alle Irrtümer erkennt, die die Nexx-Leute übersahen. Folgt daraus nicht, daß eine noch spätere Ära Ihre Fehler erkennt?«
    »Wir begehen keine Fehler.«
    »Wenn dem so wäre, säße ich nicht hier.«
    »Unmöglich!« sagte er, als glaube er tatsächlich daran – oder als wollte er es unbedingt glauben. »Seit siebzehntausend Jahren findet ein langsamer Auflösungsprozeß statt, dem jeder Versuch, ihn aufzuhalten, nur Vorschub leistete. Als der Mensch zum erstenmal in den geordneten Fluß der Zeit eingriff, legte er den Keim zum Chaos. Durch das Aufbrechen des entropischen Kanals erreichte er nur, daß die unberechenbaren Kräfte der temporalen Progression sich über ein unendliches Spektrum zunehmend schwächerer Matrizes verteilten. Das Leben ist ein Produkt der Zeit. Sobald der Dichtegrad des Temporalstroms unter einen kritischen Punkt sinkt, endet das Leben. Und unser Ziel ist es nun, diese letzte Tragödie zu verhindern – nur das, nicht mehr. Wir können nicht scheitern!«
    »Sie können keine Vergangenheit erneuern, die es niemals gegeben hat«, entgegnete ich. »Und ebensowenig eine Zukunft bewahren, die nicht stattfinden wird.«
    »Das ist auch nicht unsere Absicht. Unser Programm ist sehr breit angelegt; wir wollen das Zeitgewebe reparieren, indem wir vorher auseinanderstrebende Stränge zusammenfassen, indem wir wilde Triebe wieder in den Hauptstamm der Zeit einpfropfen. Wir sind apolitisch; wir unterstützen keinerlei Ideologie. Wir begnügen uns damit, die Lebenskraft des Kontinuums zu bewahren.«
    »Und die Ihre«, ergänzte ich.
    Er sah mich verwundert an, als habe er nicht verstanden.
    »Haben Sie jemals eine Lösung erwogen, durch die Sie und Ihre Werke eliminiert würden?« fragte ich ihn.
    »Nein. Weshalb sollte ich?«
    »Weil Sie zu den Auswirkungen all dieser Zeitflickerei gehören, die Sie so unbedingt korrigieren wollen«, erklärte ich. »Doch ich bezweifle, daß Sie jemals auf die Idee kommen würden, eine Zeitpfropfung vorzunehmen, durch die Ihr eigener Ast des Baumes absterben würde.«
    »Nein. Weshalb sollte ich? Das wäre Selbstzerstörung. Wie können wir über das Kontinuum wachen, wenn wir nicht existieren?«
    »Eine sehr gute Frage«, sagte ich.
    »Ich habe aber noch eine andere«, fuhr er fort. »Welche Motive könnte Ihre Ära für die Zerstörung des Realitätskerns haben, von dem jede denkbare Zukunft abhängen muß?«
    Am liebsten hätte ich jetzt geseufzt, aber ich tat es nicht. Ich setzte meine »Von Mann zu Mann«-Miene auf und antwortete ihm: »Die ersten Zeitsäuberer versuchten die Fehler der Vergangenheit zu reparieren. Diejenigen, die nach ihnen kamen, standen vor einer noch schwereren Aufgabe: Sie mußten diesen Aufräumern hinterherräumen. Die Nexx-Zentrale nun wollte es anders anfangen: Sie wollte alles, Gutes und Schlechtes, wieder so ineinanderfügen, wie es gewesen war, bevor die Pfuscherei begann. Sie sind jetzt sogar noch ehrgeiziger: Sie bedienen sich der Nexx-Zentrale, um nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft zu manipulieren …«
    »Aktionen in der Zukunft sind nicht möglich«, sagte er lakonisch.
    »Stimmt. Aber für Sie ist die Fünfte Ära gar nicht die Zukunft, nicht wahr? Das verschafft Ihnen den entscheidenden Vorteil. Aber ich hätte Sie doch für klüger gehalten. Denn wenn Sie der Vergangenheit in die Karten sehen, was soll Ihre Zukunft hindern, Ihnen in die Karten zu sehen?«
    »Wollen Sie mir erzählen, daß jeder Versuch, den Schaden zu reparieren, den Trend zur Auflösung zu stoppen, zum Scheitern verurteilt ist?«
    »Solange der Mensch versucht, seiner eigenen Zukunft Zügel anzulegen, wird er scheitern. Das hat bisher noch jeder Diktator, der jemals versucht hat, einen totalitären Staat zu schaffen, erfahren müssen. Das Geheimnis des Menschen ist die Tatsache, daß er sich nicht an die Kette legen läßt. Seine Existenz beruht auf Ungewißheit, Unsicherheit: auf dem Zufallsfaktor. Nehmen Sie ihm den, und Sie nehmen ihm alles.«
    »Das ist eine Doktrin des Versagens und des
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