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Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane

Titel: Zeit der Stürme: Vier Highland-Kurzromane
Autoren: Diana Gabaldon
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Kurzatmigkeit oder Schwindel – manchmal auch einem Stechen in der Brust. Ihr habt doch kein schwaches Herz, hoffe ich, Major? Oder Ihr, Miss Woodford?«
    »Ich?« Caroline zog ein überraschtes Gesicht.
    Hunter verneigte sich vor ihr.
    »An Eurer Reaktion wäre ich besonders interessiert, Ma’am«, sagte er respektvoll. »Nur wenige Frauen besitzen den Mut, ein solches Abenteuer zu unternehmen.«
    »Sie möchte aber nicht«, warf Grey eilig ein.
    »Nun, vielleicht ja doch «, sagte sie und sah ihn mit einem kleinen Stirnrunzeln an, bevor sie den Blick auf das Wasserbecken und die lange graue Silhouette darin richtete. Sie erschauerte sacht – doch Grey, der die Dame schon lange kannte, erkannte darin einen Schauder der Vorfreude, nicht des Ekels.
    Mr. Hunter sah es ebenfalls. Sein Grinsen wurde breiter, und er verneigte sich erneut und hielt Miss Woodford den Arm hin.
    »Gestattet mir, Euch einen Platz zu sichern, Ma’am.«
    Grey und Nicholls setzten sich gemeinsam in Bewegung, um ihn daran zu hindern, stießen zusammen und funkelten einander an, während Mr. Hunter Caroline zum Bassin führte und sie dem Besitzer des Aals vorstellte, einer finster aussehenden kleinen Kreatur namens Horace Suddfield.
    Grey schob Nicholls beiseite und stürzte sich in die Menge, um sich rücksichtslos nach vorn durchzuschubsen.
    Hunter erblickte ihn und strahlte.
    »Habt Ihr noch Metallreste in der Brust, Major?«
    »Habe ich – was?«
    »Metall«, wiederholte Hunter. »Arthur Longstreet hat mir die Operation beschrieben, in deren Verlauf er siebenunddreißig Metallsplitter aus Eurer Brust entfernt hat – äußerst eindrucksvoll. Doch wenn irgendetwas davon zurückgeblieben ist, muss ich Euch davon abraten, das mit dem Aal zu probieren. Metall leitet Elektrizität, und die Möglichkeit von Brandverletzungen …«
    Auch Nicholls hatte sich durch das Gedränge gekämpft, und bei diesen Worten stieß er ein unangenehmes Lachen aus.
    »Eine gute Ausrede, Major«, sagte er mit unüberhörbarem Spott.
    Er ist wirklich ziemlich betrunken, dachte Grey. Dennoch …
    »Nein, es sind keine Splitter mehr da«, antwortete er abrupt.
    »Exzellent«, sagte Suddfield höflich. »Wie ich höre, seid Ihr Soldat, Sir? Und ein kühner noch dazu – wer könnte besser an erster Stelle stehen?«
    Und bevor Grey widersprechen konnte, fand er sich direkt am Rand des Bassins wieder. Caroline Woodfords eine Hand umklammerte die seine, die andere wurde von Nicholls festgehalten, der böse vor sich hin starrte.
    »Sind wir alle so weit, meine Damen und Herren?«, rief Suddfield. »Wie viele, Dobbs?«
    »Fünfundvierzig!«, erklang der Ruf seines Assistenten im Nebenzimmer, durch das sich die Schlange der Teilnehmer wand, Hand in Hand und zuckend vor Aufregung, während der Rest der Gesellschaft mit großen Augen auf Abstand blieb.
    »Haben sich alle angefasst?«, rief Suddfield. »Fasst Eure Freunde fest an, bitte, ganz fest!« Er wandte sich an Grey, und sein kleines Gesicht leuchtete. »Nun denn, Sir! Packt ihn fest an, bitte – genau dort, kurz vor der Schwanzflosse!«
    Wider besseres Wissen und ohne Rücksicht auf die Folgen für seine Spitzenmanschette biss Grey die Zähne zusammen und tauchte die Hand ins Wasser.
    Als er das glitschige Tier packte, rechnete er im ersten Moment mit dem Schlag, den man bekam, wenn man ein Leidener Glas berührte und es Funken sprühen ließ. Doch dann wurde er heftig rückwärts geschleudert, jeder Muskel seines Körpers verkrampfte sich, und er fand sich auf dem Fußboden wieder, wo er keuchend zappelte wie ein gestrandeter Fisch, während er sich vergeblich zu erinnern versuchte, wie man atmete.
    Mr. Hunter, der Arzt, hockte neben ihm und beobachtete ihn neugierig und mit leuchtenden Augen.
    »Wie fühlt Ihr Euch?«, erkundigte er sich. »Irgendwelche Schwindelgefühle?«
    Grey schüttelte den Kopf, während sich sein Mund öffnete und schloss wie bei einem Goldfisch, und er hieb sich mühsam auf die Brust.
    Mr. Hunter, der dies als Aufforderung betrachtete, beugte sich augenblicklich nieder, knöpfte Grey die Weste auf und legte ihm ein Ohr an das Hemd. Was auch immer er hörte – oder eben nicht –, schien ihn zu alarmieren, denn er richtete sich mit einem Ruck auf, ballte beide Hände zu einer einzigen Faust und ließ sie mit solcher Wucht auf Greys Brust niedersausen, dass dieser es bis in seine Wirbelsäule spürte.
    Der Hieb hatte die heilsame Wirkung, ihm die Luft aus der Lunge zu pressen; sie füllte sich
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