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Zeig mir den Tod

Zeig mir den Tod

Titel: Zeig mir den Tod
Autoren: Petra Busch
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aufgeblendeten Scheinwerfern über die nasse B 31 a Richtung Westen, querte die A 5 , der Regen trommelte auf das Dach. Paul Freitag saß neben ihm, und im Rückspiegel schimmerte Vanessa Sigismunds Gesicht wie eine blasse Scheibe. Ihr leises Weinen ging fast im Brummen des Motors unter.
    Vor Umkirch bremste er scharf, fuhr trotzdem zu schnell auf die L 115 und genauso schnell durch den Ort, und während Freitag abwechselnd mit der Einsatzzentrale, Frank Lederle und dem Notarzt telefonierte, Infos zu Rebeccas Krankheit und mutmaßlichem Zustand durchgab, rauschten Betonbunker und alte Wohnhäuser und dann wieder finsterer Wald an ihnen vorüber. In den Dörfern fuhr Ehrlinspiel langsamer, und nach nur fünfzehn Minuten bog er auf den Waldweg ein, den Vanessa am Samstagabend mit dem Mofa gefahren war. Er drosselte das Tempo und schaltete vom fünften in den vierten Gang.
    »Wohin jetzt?«
    »Am Ende vom Wald geradeaus, durch Gündlingen durch.« Vanessa schluchzte laut auf, als sie an der Unfallstelle vorbeikamen.
    Im Dorf warteten bereits drei Streifenwagen vom Polizeirevier Breisach. Sie bildeten einen Konvoi.
    Direkt nach dem Dorf dirigierte Vanessa die Polizisten durch die Felder, der Wagen rumpelte über die steinigen Wege, das schlammige Wasser der Pfützen spritzte bis zu den Scheiben hoch.
    »Da geht’s zur Kiesgrube Breisach«, sagte Freitag.
    »Nicht ganz, vorher rechts.«
    Ehrlinspiel fuhr in einen schmalen Waldweg. Sie waren jetzt in dem Auenwaldgürtel, der sich bis fast zum Rhein zog. Im Schritttempo ging es weiter, die Scheinwerfer erhellten die triefenden Bäume, die immer dichter an das Auto herankamen. Die Reifen sanken tief in den weichen Boden.
    Der Hauptkommissar hielt an. »Das schaffen wir nicht. Wie weit ist es noch, Frau Sigismund?«
    »Paar hundert Meter. Der Weg geht nicht ganz dorthin.«
    »Wir laufen.« Er sprang aus dem Auto, und noch bevor er die schweren Stablampen aus dem Kofferraum geholt hatte, war er nass bis auf die Haut. Sie liefen los, und je weiter sie kamen, desto intensiver wurde der Geruch nach Algen, der sich mit dem Duft nach schwerer Erde und nassem Laub mischte. Freitag redete erneut in sein Handy, um dem Notarzt die genaue Position durchzugeben. Im selben Moment hallte ein entferntes
Tatü
durch die Nacht.
    »Jetzt links«, sagte Vanessa unvermittelt, und Ehrlinspiel ließ den Lichtkegel über einen Weg gleiten, der moosbewachsen und voller Grasbüschel war. Von links und rechts hingen dichte Zweige bis fast auf den Boden herab.
    »Wie sind Sie da mit dem Mofa hingekommen?« Er bog die Äste beiseite und ging voran. Zwei der uniformierten Polizisten bildeten den Schluss des kleinen Trupps, die Besatzung der anderen Streifenwagen hielt am Waldrand die Stellung, um das angeforderte Verstärkungsteam zu dirigieren. »Und wie kommt da ein Wohnwagen hin?« Falls Vanessa sie nicht ohnehin belog.
    »Das ist nur bei Regen so scheiße. Die Bauern fahren da sogar mit ihren Traktoren, wenn’s trocken ist. Und der Wohnwagen steht schon ewig dort. Der gehört dieser Berger.«
    Ehrlinspiel drehte sich kurz zu dem Mädchen um. »Was?«
    »Ja. Marius hat irgendwann seinen Alten belauscht. Da hat er mit ihr telefoniert, und sie haben darüber gesprochen. Wir haben uns oft hier getroffen.«
    »Wir klären das später.«
    Das Dickicht endete – vor ihnen erstreckte sich eine freie Fläche, etwa acht Meter breit. Ehrlinspiel richtete den Lichtstrahl auf die gegenüberliegende Seite: einzelne krumme Bäume am Rand einer braunen Wiese, ihre Wurzeln lagen zum Teil oberhalb der Erde, wie schwarze Schlangen zu einem Knäuel verknotet. Dahinter lagen eine schmale sandige Fläche und ein breiter schwarzer Strich – der Rhein. Rechts befand sich ein großes Stück Brachland, gesäumt von Gestrüpp. Links standen vier Wohnwagen neben ein paar Birken.
    »Der kleine ganz rechts«, sagte Vanessa.
    »Rebecca!« Der Kriminalhauptkommissar rannte los, rutschte im Schlamm aus, fiel, und ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Knöchel. Er sog scharf die Luft ein, rappelte sich auf, hinkte weiter, hörte, wie Freitag hinter ihm ins Handy rief: »Wir haben das Versteck. Direkt am Rhein«, lief schneller auf das schiefe kleine Ding zu, das wie ein überdimensionierter Mistkäfer zwischen Auenwaldgürtel und Wiese hockte. Er nahm die zugenagelten Fenster wahr, riss an der Tür und fiel fast nach hinten – denn sie war nur angelehnt. »Verdammt«, schrie er. Urin-, Kot- und Schimmelgestank schlugen ihm
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