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Zeig keine Angst!

Zeig keine Angst!

Titel: Zeig keine Angst!
Autoren: Tim Bowler
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wird schnell leiser, weil sie auf die Tube drücken. Das ist gut, denn ich will sie vom Hals haben, aber ich darf mein Versteck noch nicht verlassen, so sehr ich es auch hasse.
    Noch eine Minute. Ich muss ganz sichergehen. Eine weitere Minute, und dann noch eine. Jetzt kann ich es wagen. Ich stoße die Tür auf und krieche ins Ruderhaus zurück. Keuchend bleibe ich auf dem Boden liegen und – verdammt, Bigeyes, ich heule schon wieder.
    Was ist nur mit mir los?
    Ich verstehe das nicht, Bigeyes. Die Tränen und alles. Ich habe sonst nie geweint. Klar, als ich klein war, unter sieben, da habe ich oft geheult. Aber dann wurde ich härter und habe keine einzige Träne mehr vergossen. Nicht mal, als Becky gestorben ist. Ich hätte damals zwar am liebsten geheult, aber ich habe die Tränen unterdrückt. Das muss man, sonst machen sie einen fertig.
    Hast du das verstanden, Bigeyes?
    Man darf nicht schwach werden, sonst ist man erledigt. Aber jetzt kann ich die Tränen einfach nicht aufhalten. Seit meine Feinde wieder aufgetaucht und mir Bex, Jaz und Mary über den Weg gelaufen sind, schaffe ich das irgendwie nicht mehr. Es ist, als hätten sie die Tränen mitgebracht.
    Also was nun?
    Vor allem muss ich am Leben bleiben. Denn ich sage dir was, Bigeyes. Es geht nicht ums Gewinnen, sondern nur ums Überleben. Weißt du, warum? Weil man gegen diese Leute gar nicht gewinnen kann. Meistens schafft man es nicht mal, am Leben zu bleiben.
    Nicht, wenn man sich mit ihnen anlegt. Es sind zu viele Feinde da draußen. All die Kerle, die mich jagen, und die höheren Tiere, für die sie arbeiten. Und über diesen höheren Tieren steht der übelste Abschaum überhaupt. Wir reden von sehr mächtigen und gefährlichen Leuten, Bigeyes. Glaub mir. Und die sind nicht nur in diesem Land ein Problem, sondern auf der ganzen Welt.
    Ich sage dir, da draußen gibt es Leute, die alles verlieren können, wenn ich weiter frei rumlaufe. Warum? Weil ich gewisse Dinge weiß. Weil ich gewisse Dinge habe, die sie wollen. Und diese Dinge interessieren auch noch andere Leute, die Bullen eingeschlossen. Aber das ist nicht die größte Gefahr. Die größte Gefahr ist etwas, das ich nicht weiß, jemand, den ich nicht kenne.
    Die Person an der Spitze.
    Aber mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Ich muss aufhören zu heulen, den Kopf klarkriegen und rausfinden, wo der Dicke und seine Kumpels hinsind. Ich schleiche geduckt zur Tür des Ruderhauses rüber. Sie hängt schief runter, nur noch an einer Angel. Ich bleibe unten und spähe raus.
    Da ist die Barkasse, neben dem alten Schleppkahn vertäut. Keine Feinde in Sicht. Bestimmt sind sie sofort von Bord geklettert und dem Typen hinterhergerannt, den sie für mich hielten. Ich muss also vorsichtig sein und weiter das Ufer beobachten.
    Denn wenn sie merken, dass sie den Falschen verfolgen, kommen sie zurück und suchen weiter.
    Vielleicht kommen sie sogar noch mal auf dieses Boot.
    Ich hasse es, hier in der Falle zu sitzen, Bigeyes. Und ich hasse das Wasser. Nun fühlt es sich noch näher an, weil die Kerle die Tür weggetreten haben. Ich sehe sein schwarzes Gesicht direkt vor mir. Vielleicht kann es meins auch sehen. Vielleicht habe nicht nur ich Angst, sondern das Wasser auch. Vielleicht hat es sogar Angst vor mir.
    Aber das glaube ich nicht.
    Â»Hast du Angst vor mir?« Meine Stimme klingt komisch. Wie ein Flüstern und ein Schrei zugleich. »He, hast du Angst?«
    Das Wasser antwortet nicht. Es kräuselt nur seine schwarze Haut. Ich fröstele.
    Â»Ich habe Angst vor dir. Das gebe ich zu. Ich traue dir nicht.«
    Kleine Wellen laufen über die Wasseroberfläche und klatschen gegen das Boot.
    Ich schiebe die Tür weiter zurück, beuge mich noch tiefer runter und krabble auf Händen und Füßen über die Schwelle. Ich wage es nicht, mich aufzurichten. Nicht nur, weil die drei mich dann sehen könnten, falls sie zurückkommen. Selbst wenn sie nicht in der Nähe wären, würde ich mich hier nur auf allen vieren fortbewegen.
    Du weißt, warum.
    Ich krieche langsam aufs Dollbord zu. Frag mich nicht, warum ich das tue. Vielleicht wäre ich mutiger, wenn das Wasser mir sagen würde, dass es auch Angst hat, aber es schweigt. Trotzdem muss ich irgendwie näher rankommen.
    Ich muss das Monster niederstarren.
    Vorsichtig krieche ich weiter, nun mit dem Bauch am Boden und mit
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