Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zehnundeine Nacht

Zehnundeine Nacht

Titel: Zehnundeine Nacht
Autoren: Charles Lewinsky
Vom Netzwerk:
es Tränen der Erleichterung. Sie trank Champagner, und sie lachte und warf den Kopf in den Nacken, und die hellblonden Haare flogen.
    Irgendwann stand sie auf, kannte sich plötzlich in seiner Wohnung aus, in der sie sich doch gar nicht auskennen konnte, nahm ihn an der Hand und führte ihn ins Schlafzimmer.»
    «Hab ich’s doch gewusst», sagte der König.
    «Aber weißt du auch, was dort passierte?»
    «Missionarsstellung», sagte er. «Ruckel, ruckel, spritz, spritz. Ich hatte früher mal ein paar Pferdchen laufen, und die haben mir das erzählt. Je romantischer ein Mann vorher tut, desto weniger Phantasie hat er nachher im Bett.»
    Die Prinzessin erinnerte sich an so manchen Kunden, bei dem sie auch genau diese Erfahrung gemacht hatte. «Das ist nicht falsch», sagte sie. «Aber so weit kam es gar nicht.»
    «Jetzt wird’s interessant», sagte der König.
    «Das Licht hatte sie ausgemacht, aber die Vorhänge waren offen. Eine Straßenlaterne erfüllte das Zimmer mit falschem Mondlicht. Sie schälte sich aus ihren Kleidern, auf eine keusche und gerade deshalb unendlich erregende Art. Er lag auf dem Bett und schaute ihr zu. Sie lächelte ihn an und drehte sich weg. Ganz langsam fiel die letzte Hülle. Er wagte kaum zu atmen. Endlich wandte sie sich ihm zu, die hellblonden Haare wie ein allerletzter Vorhang. Ganz langsam streckte sie die Hände nach ihm aus, und ... »
    «Und?», fragte der König ungeduldig.
    «Nichts», sagte die Prinzessin.
    «Kriegte er keinen hoch oder was?»
    «Doch», sagte die Prinzessin. «Aber als der Moment gekommen war, wurde ihm klar, dass er als Künstler versagt hatte. Er war zu wenig perfekt gewesen. Oder allzu perfekt.»
    «Was war denn los?»
    «Als er sie sich ausgedacht hatte», sagte die Prinzessin, «beide Male, da war er wohl in einer allzu romantischen Stimmung gewesen.»
    «Versteh ich nicht», sagte der König.
    «Er hatte diese federleicht schwebenden Haare erdacht. Die schimmernden Augen. Die Nase und den Mund und das Kinn. Er hatte ihr kleine, feste Brüste gegeben und lange, schlanke Beine. Lieblich hatte er sie gemacht und anmutig und kindlich und fraulich. Hatte sie so perfekt geschaffen, dass jeder Mann sie beschützen wollte, behüten und vor allem Bösen dieser Welt bewahren. Aber er hatte dabei nie an Sex gedacht. Das war kein Teil der Bestellung gewesen, und es passte auch gar nicht zu dem Wesen, das er damals aus den Tiefen der eigenen Phantasie hervorgeholt hatte. Zweimal hervorgeholt.»
    «Du meinst, sie hatte gar keine ...?» In der Stimme des Königs kündigte sich ein Gelächter an. Ein Gewitter von einem Gelächter.
    «Da war nur eine Unschärfe», sagte die Prinzessin. «Ein Schatten. Ein Nichts, das aber durchaus kein Mangel war, denn sie war ja perfekt. Das ideale Wesen für eine reine, selbstlose Liebe.»
    «Bloß ficken konnte man sie nicht.» Das Gelächter brach jetzt aus dem König heraus. Er röhrte und wieherte. Zweimalversuchte er sich aufzurichten und fiel beide Male hilflos auf den Rücken zurück. «Und dafür bringt er zwei Menschen um», japste er.
    «Beim einen schloss man auf natürlichen Tod durch Altersschwäche», sagte die Prinzessin. «Und im zweiten Fall wurde er nie verdächtigt.»
    «Was trieben die beiden denn nun miteinander?» Der König lachte immer noch.
    «Das ist eine andere Geschichte», sagte die Prinzessin. «Soll ich sie dir auch noch erzählen?»
    «Nein», sagte der König hustend und spuckend. «Beim nächsten Mal vielleicht. Obwohl ...» Er suchte nach seiner Unterhose und fand sie auf dem Fußboden. «So genau will ich es gar nicht wissen.»
    Als er seine Brieftasche einsteckte, sagte die Prinzessin: «Wolltest du mir nicht noch etwas geben?»
    «Wieso?», sagte der König. «Ich bin doch gar nicht hier.»

Und eine
    «Hör auf mit deinen Geschichten», sagte der König. «Mit deinen Scheißgeschichten.»
    «Bist du erkältet?», fragte die Prinzessin.
    «Mir brennen die Augen», sagte der König. «Weil es hier drin so stinkt. Was ist das für ein beschissenes Parfüm?»
    «Hast du mir mitgebracht», sagte die Prinzessin.
    «Wie Hundepisse. Aber da kommt es jetzt auch nicht mehr drauf an. Ist doch alles scheißegal.» Den Hosenbund hatte der König schon aufgeknöpft. Jetzt setzte er sich auf den Bettrand und zog das Hemd über den Kopf. «Schau dir meinen Bauch an», sagte er.
    Die Prinzessin schaute und sah nichts Besonderes.
    «Da drin», sagte der König. «Irgendwo da drin.» Er schloss die Augen und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher