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Zehn Jahre nach dem Blitz

Zehn Jahre nach dem Blitz

Titel: Zehn Jahre nach dem Blitz
Autoren: Pjhilip K. Dick
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jeder nur über einen Mittelsmann handeln durfte – nämlich über ihn selbst. Niemand hatte direkte Verbindung mit der Welt oben aufnehmen dürfen.
    Kein Wunder, daß in jedem Tank die Anwesenheit eines Pol-Kom von lebenswichtiger Bedeutung war.
    Es war immer deutlich gewesen, daß der Pol-Kom für irgend jemanden – und es wurde angenommen, daß das die Estes-Park-Regierung war – unentbehrlich war. Aber erst durch seinen Ausflug zur Erde – und seine Rückkehr in den Tank – war ihm klargeworden, wie unentbehrlich und zu wessen Wohl diese Funktion war.
    »Also gut«, sagte Nicholas zu den Mitgliedern des Komitees und ließ die Türklinke los. »Und was hat Carol als nächstes vor? Eine Entseuchungskur?«
    Um Bakterien und Mikroben zu vernichten, von denen er wußte, daß es sie nicht gab; die Versuchung war groß, ihnen die Wahrheit zu sagen – aber er widerstand ihr. Er wußte, er mußte den richtigen Zeitpunkt wählen. Er durfte nicht voreilig handeln, denn wenn er es tat, würde die Reaktion überwältigend sein. Zu großer – gerechtfertigter – Zorn. Sie werden durch den großen Schacht, den Schacht für die Bleiernen, hinaufstürmen mit ihren selbstgefertigten Laserpistolen ... und die alten, erfahrenen Bleiernen werden sie niedermetzeln, sobald sie auftauchen. Und das würde das Ende für uns bedeuten.
    Jorgenson sagte: »Wir haben Carol bereits über Funk verständigt, daß Sie da sind; sie muß jeden Augenblick hier eintreffen. Haben Sie noch ein wenig Geduld. Souza liegt im Gefrierschlaf, er kann noch eine Stunde warten. Sie wird die Bauchspeicheldrüse gegen Mittag einpflanzen. In der Zwischenzeit müssen wir die Kleider ablegen und auf einen Haufen legen; draußen vor der Tür ist eine Kammer, die wir in der Werkstatt entwickelt haben, wir werden, einer nach dem anderen, nackt hindurchgehen, und verschiedene Entseuchungsmittel werden ...«
    An Nicholas gewandt, sagte Adams: »Ich habe es mir niemals, niemals klargemacht. Wie vollständig sie es annehmen. Es ist unglaublich.«
    Er schien benommen. »Wir dachten immer, daß sie es mit dem Verstand annehmen. Aber das hier.« Er machte eine hilflose Handbewegung.
    Nicholas nickte und entgegnete: »Sie glauben es mit jeder Faser ihres Gefühls. Bis in die tiefste Schicht des animalischen Instinkts hinunter.« Ergeben begann er, sich zu entkleiden. Bis die Zeit reif war, ihnen die Wahrheit zu sagen, blieb ihm keine andere Wahl; er mußte sich dem Ritual beugen.
    Endlich begann auch Adams, wie von einer fremden, unbekannten Macht geleitet, sein Hemd aufzuknöpfen.
     
    29
     
    Um ein Uhr mittags führte Carol Tigh – erfolgreich – die Operation der Bauspeicheldrüse an dem toten, immer noch tiefgefrorenen Maury Souza durch, und anschließend wurden mit Hilfe der besten medizinischen Apparate, die im Tank zur Verfügung standen, der Blutkreislauf, die Herztätigkeit und die Atmung künstlich wiederhergestellt; bald begann sein Herz, wieder aus eigener Kraft zu pumpen, und im Anschluß daran wurden die Apparate, einer nach dem anderen, mit äußerster Vorsicht wieder von ihm entfernt.
    Das EKG der folgenden, kritischen Stunden zeigte, daß die Körperfunktionen sich zu normalisieren begannen; die Chancen, sich zu erholen und noch ein paar schöne, wichtige Jahre lang zu leben, standen gut für den alten Souza.
    Das war also geschafft. Nicholas stand lange am Bett des alten Mechanikers und beobachtete die Datenstreifen, die die Überwachungsgeräte ausstießen, dann wandte er sich endlich zufrieden ab.
    Für ihn wurde es Zeit, sich wieder um seine kleine, in ihren angrenzenden Kabinen mit dem gemeinsamen, täglich umkämpften Badezimmer zusammengepferchte Familie zu kümmern. Er mußte sein gewöhntes Tankleben wiederaufnehmen.
    Für kurze Zeit.
    Und dann, sagte er sich, während er allein durch den Klinikflur auf die Rampe zuging, die zu seiner Wohnetage führte, werden die Posaunen ertönen, und nicht die Toten, sondern die Betrogenen werden auferstehen. Und sie werden nicht unvergänglich sein, sondern im höchsten Maße sterblich, vergänglich und – wahnsinnig.
    Ein Nest voller zorniger, rasender Wespen, die sich zum Angriff erheben. Zuerst dieser Tank, aber mittlerweile werden wir Verbindung zu den benachbarten Tanks aufgenommen und ihren Bewohnern die Wahrheit gesagt haben. Gebt die Neuigkeit weiter, werden wir ihnen sagen. Bis es alle wissen. Und am Ende wird es ein weltweites Netz zorniger Wespen sein; und wenn sie alle gemeinsam
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