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Zeds Story

Zeds Story

Titel: Zeds Story
Autoren: Joss Stirling
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Raum wogte, schenkte Zed der sarkastischen Bemerkung seines Lehrers keine Beachtung. Es war, als würde er in einen Swimmingpool springen, der überfüllt war mit Superhelden. Er drehte seine Drumsticks zwischen den Fingern und war versucht, damit auf seinen Kopf einzudreschen, bis der ihm endlich wieder gehorchte. Mr Kenallys Mund hatte aufgehört, sich zu bewegen, also war die Standpauke, von der er kein Wort gehört hatte, vermutlich zu Ende.
    »Bin ich zu spät?«, fragte er, in der Annahme, dass er deswegen den Anschiss kassierte. Yves stieß ihn mit dem Ellbogen in die Seite.
    Bla, bla, bla, irgendwas von wegen Entschuldigung. Zed starrte Mr Keneally an, irritiert von dem Bild seines Lehrers in Latexklamotten mit Notendekor, das ihm plötzlich durchs Hirn spukte. Dem Schweigen im Raum entnahm Zed, dass er sein Stichwort verpasst hatte.
    »Tut mir leid«, sagte er, was ihm die sicherste Antwort zu sein schien, da er nicht das Geringste mitbekommen hatte.
    Dann sprach der Lehrer mit dem Mädchen, das neben ihm stand, eine hübsche kleine Blondine, die Zed, soweit er sich erinnern konnte, noch nie zuvor an der Schule gesehen hatte. Sie sah aus wie die kleine Gänseliesel aus dem Märchen; nur ohne Rute und Häubchen. Er feixte bei dem Gedanken. Süß. Er wettete darauf, dass die Typen, die sie eher bemerkt hatten als er, bereits nach einem lauschigen Plätzchen auf derWeide Ausschau hielten. Ihrem schüchternen Ausdruck nach zu urteilen, gehörte sie zu der Sorte, die mit pickelgesichtigen Nerds ausging, nur um nett zu sein; er hoffte für sie, dass jemand Cooleres – so wie er – schneller bei ihr landen könnte. Und so wie Nelson Hoffmann, der Saxofonist der Band, um sie herumwuselte, sah es ganz danach aus, als würde er sich bereits im Sinkflug befinden.
    Dieser Gedanke nervte ihn.
    »Zed, komm hier rüber«, rief Yves und deutete auf das Schlagzeug.
    Zed setzte sich und fegte die flüchtigen Gedanken beiseite wie Spinnweben. Gänseliesel intonierte das Intro des Stücks auf dem Klavier und seine Gedanken fokussierten sich auf die Musik. Perfekt – das Mädchen konnte spielen. Er setzte in die Melodie ein wie ein behänder Einbrecher, der geschmeidig durch eine Dachluke schlüpft; er strich sanft über die kleine Trommel, fand den Puls der Melodie. Genial. Er hörte auf, der Zed zu sein, den er in der Schule darstellte, und verschmolz mit dem Rhythmus, löste sich auf in dem magischen Klanggespinst des Klavierspiels. Wer immer sie war, wo immer sie herkam, das Mädchen war unglaublich; sie glitt mit großer Feinfühligkeit durch den Song, ohne eine falsche Note oder einen holprigen Tonartwechsel. Sie brachte alle dazu, ihr Bestes zu geben – Yves’ Klarinette klang harmonisch und klar, Nelsons Saxofon sang. Für Zed war es das schönste musikalische Erlebnis seines Lebens – und es war viel zu schnell vorbei.
    »Sehr gut, nein, hervorragend!«, rief Mr Kenally begeistert. Er strahlte das blonde Mädchen an, als wäre es alle seine Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke in einem. »Ich fürchte, ich bin gerade aus der Jazzband rausgeflogen.«
    Während der Lehrer noch die Termine für die Chorproben bekannt gab, blieb Zed an seinem Schlagzeug. Das Mädchen saß noch immer am Klavier und strich über die Tasten. Ihm kam der Gedanke, dass er sich da hinlegen und von ihr streicheln lassen wollte.
    ›Stopp!‹, rief er sein Gehirn zur Ordnung. Sie gehörte nicht zu der Sorte Mädchen, mit der er normalerweise ausging – zum einen ging sie auf seine Schule, und er war stets darauf bedacht, dass seine Freundinnen nicht in derselben Stadt wohnten wie er, um sich das Gefühlsdrama nach einer Trennung möglichst vom Hals zu halten. Und zum anderen war sie zu … er suchte nach dem richtigen Wort … rein. Ja, das traf es. Sie war wie ein Schmetterling, dessen Flügel zerbröseln würden, wenn er sie berührte. Sollte sie doch um die anderen Jungs in der Schule herumflattern und sie um den Verstand bringen; er würde sich da heraushalten.
    Alle machten sich fertig zum Gehen. Yves unterhielt sich mit dem Mädchen.
    »Der Idiot da ist mein Bruder Zed.«
    Das Letzte, was Zed wollte, war, die Gänseliesel kennenzulernen. Das würde ihn zu sehr in Versuchung bringen. »Komm jetzt, Yves.« Er wollte unbedingt gehen, bevor er noch anfing, ihr wie ein Idiot grinsend in die blauen Augen zu starren. Mann, war sie hübsch.
    Yves quatschte ganz unbefangen mit ihr, während Zed das Gefühl hatte, dermaßen unter Spannung zu
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