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Zebraland

Zebraland

Titel: Zebraland
Autoren: Marlene Roeder
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zurückfahren zu müssen, kokelten mir die Sicherungen durch. Nein, dann lieber nach Hause trampen!
    Während ich eine Selbstgedrehte nach der anderen rauchte, wurde es langsam dunkel.
    Irgendwann hörte ich Schritte auf dem Kies knirschen. Der Schein einer Taschenlampe geisterte über den Parkplatz, huschte kurz über mein Gesicht.
    »Hallo!« Ich erkannte Anouks Stimme. Dann sah ich sie auch: Ihr helles Kleid schimmerte in der Dunkelheit. Hinter ihr konnte ich schemenhaft ihren Spießerfreund und die große Blonde ausmachen. Zu meiner Überraschung kamen die drei auf mich zu.
    »Danke, dass du mir vorhin geholfen hast!«, sagte Anouk mit warmer Stimme. »Du heißt Ziggy, oder? Philipp und Judith kennst du bestimmt von der Schule.« Wir nickten uns abschätzend zu.
    »Wer war eigentlich dieser Psycho? Kanntest du den?«, fragte Philipp.
    »Dieser Psycho ist mein Cousin«, erklärte ich. Sogar in der Dunkelheit konnte ich erkennen, wie ihnen die Kinnladen runterklappten. »Normalerweise ist er nicht s o … war nur total voll«, murmelte ich.
    Warum verteidigte ich Elmar auch noch?! Dieser Idiot hatte es gar nicht verdient.
    Ein langes, peinliches Schweigen folgte.
    Schließlich räusperte sich Judith. »Wollen wir dann mal, Leute?« Sie schulterte ihren Rucksack und ihre Isomatte. Auch die anderen beiden waren mit Campingzeug beladen. Es war offensichtlich, dass sie sich vom Acker machen wollten. Und es war offensichtlich, dass sie ein Auto hatten. Los, frag schon, du Esel!, dachte ich. Oder willst du die Nacht auf dem Parkplatz verbringen?
    »Ähm, fahrt ihr zurück in die Stadt?« Ich hatte den Satz kaum rausgequetscht, da sprudelte Anouk auch schon los: »Ja, willst du mit? Wir können ihn doch mitnehmen, oder, Schatz? Wir haben doch noch Platz im Auto.«
    Schatz sah nicht sehr begeistert aus. Anscheinend war ich ihm genauso unsympathisch wie er mir.
    »Ach, komm schon, Philipp! Ich fahre doch!« Anouk klimperte mit den Wimpern.
    »In Ordnung«, sagte er schließlich mit einem gezwungenen Lächeln.
    Wir marschierten hinter ihm her über den Parkplatz.
    Bei einem weißen Mercedes W 114 blieben wir stehen.
    »Ein Stric h 8. Nicht übel!«, rutschte mir heraus. »Baujah r 72?«
    »70.« Philipp musterte mich kühl. »Das ist der Wagen von meinem Opa. Du scheinst dich ja mit Autos auszukennen.«
    Ich fragte mich, ob seine Stimme immer so spöttisch klang.
    »Mein Cousin hat eine Autowerkstatt. Ich jobbe da manchmal«, antwortete ich.
    »Na dan n … steig ein«, sagte Philipp. Dabei warf er mir einen Blick zu, als hätte er Angst, ich könnte in meinen Dreads Läuse beherbergen, die nur darauf lauerten, sich in den Polstern von Opas Wagen einzunisten.
    Am liebsten hätte ich gesagt: »Hey, macht euch keine Umstände, Leute! Tschüss.« Aber im nächsten Moment dachte ich: Was soll’s! Ist ja nur eine Stunde. Danach steigst du aus, sagst brav Danke und musst mit diesen Leuten nie wieder was zu tun haben.
    Mann, lag ich falsch.

Judith
    Der Fahrtwind streicht durch das offene Fenster des Mercedes und bringt den Duft von reifem Getreide mit. Auf meinen Armen krabbeln winzige schwarze Gewitterfliegen herum. Ich kurble mein Fenster hoch.
    Der Himmel ist bleischwer. Er droht mit einem wütenden Donnern, als wolle er uns vor etwas warnen. Wären wir doch schon zu Hause, denke ich.
    Das Leder des Sitzes klebt an meinen Beinen. Am Rückspiegel baumelt ein Duftbäumchen. Sein aufdringliches Vanillearoma verursacht mir Übelkeit. Außerdem fährt Anouk ziemlich schnell.
    »Da vorne, bei Distelfelde musst du abfahren, Anouk. Dann sind es nur noch fünf Kilometer bis Schwarzacker«, erklärt Ziggy gerade. Er sitzt neben mir auf der Rückbank und scheint die Minuten zu zählen, bis er endlich aussteigen kann. Die rotblonden Dreads trägt er im Nacken zusammengefasst. Seine sanften dunklen Augen stehen in einem überraschenden Gegensatz zu der wilden Mähne.
    Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es halb zehn ist. Wir biegen auf die Landstraße nach Schwarzacker ein, fahren am Baggersee vorbei. Außer uns scheint kein Mensch unterwegs zu sein. Noch nicht mal der Mond ist richtig zu sehen. Nur flüchtig blitzt er hinter Wolkenfetzen auf, eine schmale, scharfe Sichel.
    Anouk singt leise vor sich hin, während sie schwungvoll die Kurven nimmt: »Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und kla r …«
    »Soll ich nicht lieber das Radio anmachen?«, witzelt Phil vorn auf dem Beifahrersitz.
    Wir
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