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Zaubersommer in Friday Harbor

Zaubersommer in Friday Harbor

Titel: Zaubersommer in Friday Harbor
Autoren: Lisa Kleypas
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grenzenlos.
    Er musste
nur eins dafür tun: Augen zu und durch.
    Ohne ein
Wort zu seinem Bruder rannte Sam die Treppe hinunter und schnappte sich die
Schlüssel für seinen Lkw.
    Sowohl Lucys Wohnung als auch ihr Atelier
waren bedrückend still und dunkel, wie jeder Raum, der für lange Zeit unbewohnt
bleiben sollte.
    Eiseskälte
machte sich in Sams Brust und in seinem Nacken breit. Die Dringlichkeit, die
ihn in die Stadt gejagt hatte, legte sich wie eine erstickende Schlinge um sein
Herz.
    Lucy konnte
nicht schon fort sein. Es war zu früh.
    Aus einem
Impuls heraus fuhr Sam zum Artist 's Point und suchte nach Justine. Als
er die Pension betrat, umwehten ihn angenehme Frühstücksdüfte nach heißen
Waffeln, Gebäck, auf Holzkohle geräuchertem Schinken und gebratenen Eiern.
    Justine war
im Esszimmer, benutztes Geschirr und Besteck in den Händen. Sie lächelte, als
sie ihn sah. „Hi, Sam.”
    „Können wir
uns eine Minute unterhalten?”
    „Natürlich.”
Sie trug die Teller in die Küche, kam zurück und ging mit ihm in eine Ecke des
Empfangsbereichs. „Wie geht es dir?”
    Sam
schüttelte ungeduldig den Kopf. „Ich suche nach Lucy. Sie ist weder in ihrer
Wohnung noch in ihrem Atelier. Ich dachte mir, vielleicht weißt du, wo sie
steckt.”
    „Sie ist
abgereist nach New York”, sagte Justine.
    „Es ist
noch zu früh”, gab Sam gereizt zurück. „Sie sollte doch erst morgen
fliegen.”
    „Ich weiß,
aber ihr Professor hat angerufen. Sie wollten, dass sie früher kommt. Zu einer
Besprechung und einer großen Party ...”
    „Wann ist
sie fort?”
    „Ich habe
sie gerade erst am Flughafen abgesetzt. Sie nimmt den Flieger um acht.”
    Sam riss
sein Handy aus der Tasche und schaute auf die Zeitanzeige. Sieben Uhr fünfzig.
„Danke.”
    „Sam, es ist zu spät, um noch ...”
    Aber er war
schon draußen, bevor Justine den Satz beenden konnte.
    Mit einem
Satz war er im Wagen, steuerte ihn zum Flughafen und rief Lucy von seinem Handy
aus an. Der Ruf wurde umgeleitet auf ihre Mobilbox. Fluchend hielt Sam am
Straßenrand und schickte ihr eine SMS. Geh nicht fort.
    Dann lenkte
er den Lkw zurück auf die Straße und gab Gas. Seine Gedanken kreisten nur noch
um diese drei Worte ... Geh nicht fort. Geh nicht fort.
    Der Roy
Franklin Flughafen,
benannt nach dem Jagdpiloten aus dem Zweiten Weltkrieg, der ihn gegründet
hatte, lag im Westen von Friday Harbor. Er hatte nur eine Start- und
Landebahn, und von hier gingen sowohl Linien- als auch Charterflüge ab.
Passagiere, die aus irgendeinem Grund warten mussten, saßen normalerweise in
Ernie's Café, einem blau gestrichenen Coffee-Shop gleich neben dem Flugplatz.
    Sam parkte
am Terminal und eilte mit ausgreifenden Schritten zur Tür. Aber noch bevor er
das Gebäude betreten konnte, erfüllte das Fauchen einer Cessna-Turbine die
Luft. Mit der Hand beschattete er seine Augen und sah dem gelb-weißen, neun
Passagiere fassenden Flugzeug nach, das sich in schnellem Steigflug auf den Weg
nach Seattle machte.
    Lucy war
fort.
    Zu sehen,
wie das Flugzeug sie von ihm forttrug, schmerzte mehr, als er erwartet hatte.
Es tat so sehr weh, dass er sich am liebsten in einer dunklen Ecke verkrochen
hätte, um nicht denken, reden oder sich bewegen zu müssen.
    Am Terminal
angekommen, lehnte er sich neben der Tür an die Wand. Er versuchte, seine
Gedanken zu ordnen, sich darüber klar zu werden, was er als Nächstes tun
sollte. Seine Augen brannten, und er schloss sie kurz in der Hoffnung, die Tränen
könnten den Schmerz wegspülen.
    Die Tür des
Terminals öffnete sich, dann hörte er die Räder eines
Koffers über den Beton rattern. Verschwommen sah Sam die zierliche Figur einer
Frau, und das Herz blieb ihm stehen. Er flüsterte ihren Namen.
    Lucy drehte
sich zu ihm um.
    Einen
Augenblick lang dachte Sam, er bilde sie sich nur ein. Eine Wahnvorstellung,
weil er sich so sehr danach sehnte, sie zu sehen. Die letzten paar Minuten
waren ihm endlos erschienen.
    In drei
Schritten war er bei ihr, riss sie in seine Arme, und sie gerieten durch den
Schwung beide ins Trudeln. Bevor Lucy auch nur ein Wort sagen konnte, bedeckte
er ihren Mund mit seinem, verschlang jedes Wort und jeden Atemzug, bis ihr der
Koffergriff aus den Fingern glitt und das Gepäck zu Boden polterte.
    Ihre Lippen
gaben nach und hielten sich an seinen fest, sie schlang ihm die Arme um den
Nacken. Ihr Körper passte an seinen, als wären sie füreinander geschaffen. Sie
waren einander so vollkommen nah, und doch genügte es ihm
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