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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt
Autoren: Robin Hobb
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die Oberfläche zurück. Ein Strom aus schmutzigen und müden Frauen und Männern glitt an ihr vorbei. Ihre Gesichter waren grau vor Schmutz und Niedergeschlagenheit, und sie gingen mit schleppenden Schritten. Laternen und Fackeln blakten und qualmten. Hinter ihnen wurde der Gang immer dunkler. War etwa all die Arbeit umsonst gewesen? Sie holte tief Luft. »Wo sollen wir jetzt graben?«, fragte sie ruhig.
    Jani warf ihr einen gehetzten Blick zu. »Es wurde beschlossen, einige Stunden zu ruhen. Heißes Essen und ein paar Stunden Schlaf werden uns allen gut tun.«
    Keffria sah sie unglücklich an. »Essen? Schlafen? Wie können wir das, wo unsere Kinder noch vermisst werden?«
    Die Regenwildfrau nahm Keffrias Stelle an der Schubkarre ein und schob sie weiter. Keffria folgte ihr zögernd. »Wir haben Vögel zu den Siedlungen in der Nähe geschickt.« Das war keine direkte Antwort auf Keffrias Frage. »Die Viehzüchter und Erntearbeiter der Regenwildnis werden uns Hilfe schicken.
    Sie sind unterwegs, aber es wird eine Weile dauern, bis sie hier sind.« Über die Schulter gewandt fügte sie hinzu: »Wir haben Nachrichten von den anderen Grabungstrupps. Sie hatten mehr Glück. Es wurden vierzehn Menschen aus einem Abschnitt gerettet, den wir das Gobelinwerk nennen. Und drei weitere wurden in den Korridoren der Flammenjuwelen entdeckt. Sie sind schneller vorangekommen. Wir kommen vielleicht von einem dieser Abschnitte an diesen Teil der Stadt heran. Bendir berät sich bereits mit denen, die sich in der Stadt am besten auskennen.«
    »Hat nicht Reyn die Stadt am besten gekannt?« Keffria stellte diese grausame Frage bewusst.
    »Das hat er. Das tut er. Deshalb klammere ich mich an die Hoffnung, dass er noch lebt.« Die Regenwildhändlerin betrachtete Keffria. »Falls jemand Malta und Selden finden kann, dann Reyn. Wenn er sie gefunden hat, wird er kaum versuchen, diesen Weg zurückzukommen, sondern sich in die sicheren Gebiete der Stadt zurückziehen. Mit jedem Atemzug bete ich, dass jemand erscheint und uns die Nachricht bringen möge, dass sie aus eigener Kraft herausgekommen sind.«
    Sie standen vor einer großen Kammer, die einem Amphitheater glich. Die Arbeitsgruppen hatten ihr Werkzeug hier abgestellt. Jani kippte den Inhalt der Schubkarre auf den unordentlichen Haufen in der Mitte des ehemals großartigen Saals. Ihre Schubkarre gesellte sich in die Reihe zu den anderen. Schaufeln und Hacken lagen in einem Haufen daneben. Keffria roch plötzlich Suppe, frischen Kaffee und frisch gebackenes Morgenbrot. Der Hunger, den sie während der Arbeit unterdrückt hatte, machte sich jetzt plötzlich mit einem lauten Knurren bemerkbar, und ihr wurde klar, das sie die ganze Nacht noch nichts gegessen hatte. »Ist es schon Morgen?«, fragte sie Jani.
    Wie viel Zeit war verstrichen?
    »Ich fürchte, sogar schon erheblich später«, antwortete Jani.
    »Die Zeit scheint immer dann zu fliegen, wenn ich es am liebsten hätte, dass sie langsam verstreicht.«
    Am anderen Ende des Flurs hatte man Tische und Bänke aufgebaut. Die ganz Alten und die sehr Jungen arbeiteten hier, löffelten Suppe in Schalen, hielten kleine Feuer unter blubbernden Töpfen in Gang, stellten Teller und Tassen hin, räumten sie ab und wuschen sie. Die ungeheure Kammer dämpfte die entmutigten Gespräche. Ein Kind von etwa acht Jahren eilte mit einem Becken voll dampfendem Wasser heran. Über dem Arm trug es ein Handtuch. »Waschen?«, bot es an.
    »Danke.« Jani deutete auf Keffria. Diese wusch sich Hände und Arme und bespritzte sich das Gesicht. Die Wärme machte ihr bewusst, wie kalt ihr war. Der Verband um ihren verletzten Finger war durchnässt und schmutzig. »Er muss gewechselt werden«, stellte Jani fest, während Keffria sich abtrocknete.
    Jani wusch sich ebenfalls und bedankte sich bei dem Kind, bevor sie Keffria zu den Tischen führte, an denen verschiedene Heiler ihrer Arbeit nachgingen. Einige verbanden Blasen und massierten schmerzende Rücken, aber es gab auch einen Bereich, in dem gebrochene Gliedmaßen und blutende Wunden behandelt wurden. Einen verschütteten Korridor freizuräumen war eine gefährliche Arbeit. Jani führte Keffria zu einem Tisch, wo sie warten sollte, bis sie an die Reihe kam. Ein Heiler war bereits dabei, ihre Hand neu zu verbinden, als Jani mit frischem Brot, Suppe und Kaffee zurückkam. Der Heiler beendete seine Arbeit, teilte Keffria energisch mit, dass sie nicht mehr weiterarbeiten dürfe, und kümmerte sich um den nächsten
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