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Zauber-Suche

Titel: Zauber-Suche
Autoren: Piers Anthony
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Magie bei einem Zentaur obszön sei. Das denken die meisten immer noch. Selbst meine eigene Stute, die ja nun wirklich das netteste Stück Pferdefleisch ist, das man sich –« Er schüttelte seinen Kaktuskopf, als er merkte, daß er etwas Unangebrachtes zu sagen im Begriff war. »Es sind wirklich Hufköpfe.«
    »Die Zeiten ändern sich«, meinte die Manticora. »Eines Tages werden alle Zentauren mit ihren Talenten prahlen, anstatt sie zu verheimlichen.« Mit einer Flügelbewegung fuhr sie fort: »Na ja, ich muß mal ein paar Leute demaskieren. Nicht, daß ich den Preis nötig hätte, es ist einfach nur eine Herausforderung.«
    Das Wesen ging weiter. Bink konnte erneut nur über den Humor der Königin staunen, die es fertigbrachte, ein solch beeindruckendes Wesen wie eine Manticora, die einen Menschenkopf mit dreifachem Kiefer, den Körper eines Löwen, Drachenflügel und den Schwanz eines monströsen Skorpions besaß, als Harpyie zu kostümieren. Das tödlichste Ungeheuer in Xanth – verwandelt in das abscheulichste. Und doch trug die Manticora ihr Los mit Würde und spielte das Kostümspiel mit. Wahrscheinlich fühlte sich das Wesen so sicher in seinem Bewußtsein, eine Seele zu haben, daß es sich nur wenig aus äußerem Schein machte.
    »Ich frage mich, ob ich wohl ein magisches Talent besitze«, meinte Chester mit ein wenig schuldbewußter Stimme. Von der Obszönität zum Stolz war es aber auch wirklich kein leichter Schritt!
    »Wenn du diesen Preis gewinnen würdest, könntest du das herausfinden«, schlug Bink vor.
    Die Miene des Kaktus hellte sich auf. »Stimmt!« Das war offenbar die unbeantwortbare Frage, die Chester nicht auszusprechen gewagt hatte. Doch dann verfinsterte sich der Kaktus wieder. »Aber Cherie würde es nie zulassen, daß ich ein Talent besitze, nicht einmal ein winziges. Da ist sie fürchterlich prüde.«
    Bink nickte. Es erinnerte ihn an die Einstellung seiner Mutter zur Sexualität junger Menschen. Für Tiere war das ganz natürlich, aber wenn es sich um Wildhafer-Nymphen handelte – na ja, jedenfalls hatte Chester wirklich ein Problem. Sie schritten um eine Ecke – in diesem schrecklichen Labyrinth gab es anscheinend kaum etwas anderes als Ecken – und erblickten das Palasttor, das am Ende der Zugbrücke auf der anderen Seite des Grabens leuchtete. »Schnell rüber, bevor das Labyrinth sich verändert!« rief Bink. Sie rannten darauf zu, doch schon begann das Heckenmuster zu schimmern und neblig zu werden. Das schlimmste an diesem Gewirrmuster war seine Unbeständigkeit. Es veränderte seine Anordnung in unregelmäßigen Abständen, so daß man es unmöglich auf methodische Weise durchdringen konnte. Für einen Ausbruch war es schon zu spät. »Jetzt reicht’s mir!« rief Chester. Sein Kaktus-Galopp wurde immer lauter. »Steig auf meinen Rücken!« Bink sprang ohne zu zögern auf den stacheligsten Teil des Kaktus hinauf, wobei er fast erwartete, von den Nadeln aufgespießt zu werden. Doch er landete sauber auf Chesters Rücken, der sich recht pferdig anfühlte. Puh! Als er Bink auf sich spürte, beschleunigte Chester. Bink hatte zwar bereits einmal auf einem Zentaurenrücken gesessen, nämlich als Cherie ihn freundlicherweise mitgenommen hatte – doch noch nie auf einem solchen Kraftpaket! Chester, der auch nach Zentaurenmaßstäben stämmig war, hatte es eilig, und so bäumten sich seine Muskeln mit einer solchen Kraft auf, daß Bink schon fürchtete, genauso schnell wieder abgeworfen zu werden, wie er aufgesprungen war. Doch er packte zwei Händevoll Mähnenhaare und hielt sich fest. Sein Talent würde ihn selbst hier beschützen.
    Nur wenige Bewohner von Xanth wußten etwas von Binks Talent, und er selbst hatte fünfundzwanzig Jahre lang ebenfalls nichts darüber gewußt. Das lag daran, daß sich das Talent selbst verhüllte, um nicht bekannt zu werden. Es verhinderte, daß ihm durch Magie Schaden zugefügt werden konnte, doch wer davon erfuhr, konnte ihm immer noch mit mundanischen Mitteln zu Leibe rücken. Deshalb verbarg sich Binks Talent hinter scheinbaren Zufällen. Außer Bink wußte davon nur König Trent. Der Gute Magier Humfrey hatte wahrscheinlich so seine Vermutungen, und auch Chamäleon mußte etwas ahnen.
    Zwischen ihnen und dem Tor bildete sich eine neue Hecke. Wahrscheinlich war es eine Illusion, da sie das Tor ja gerade gesehen hatten. Chester stürmte hindurch – da flogen die Äste! Also doch keine Illusion: Diesmal mußte das Tor wohl die Illusion gewesen
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