Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauber-Suche

Titel: Zauber-Suche
Autoren: Piers Anthony
Vom Netzwerk:
denn Chamäleons Intelligenz schwankte in einem monatlichen Zyklus, genau wie ihr Aussehen. Wenn sie schön war, war siedumm – und zwar beides im Übermaß. Wenn sie schlau war, war sie häßlich. Äußerst schlau und äußerst häßlich. Im Augenblick befand sie sich auf dem Höhepunkt dieser letzteren Phase. Deshalb hatte sie sich auch von der Außenwelt zurückgezogen und sich praktisch in ihrem Zimmer eingesperrt.
    »Heute abend brauche ich aber schöne«, sagte er mit so viel Geduld, wie er nur aufbringen konnte. Doch noch während er die Worte aussprach, merkte er, daß er es recht unglücklich ausgedrückt hatte. Jede Anspielung auf schönes Aussehen brachte sie im Augenblick zur Weißglut.
    »Den Teufel brauchst du, du Dämlack!«
    Er wünschte sich, daß sie ihm nicht ständig seine geringere Intelligenz unter die Nase reiben würde. Normalerweise war sie eigentlich klug genug, das nicht zu tun. Bink wußte wohl, daß er kein Genie war, aber ausgesprochen dumm war er auch nicht. Sie war es, auf die beides zutraf. »Ich muß am Jubiläumsball teilnehmen«, erklärte er, obwohl sie das natürlich bereits wußte.
    »Es wäre eine Beleidigung der Königin, wenn ich dort schlampig gekleidet auftreten würde.«
    »Blödmann!« schrie sie ihn aus ihrem Versteck an. »Du bekommst sowieso ein Kostüm verpaßt! Kein Mensch wird deine Stinkkähne sehen!«
    Hmph, das stimmte allerdings. Er war umsonst Schuhe holen gegangen.
    »Aber das ist mal wieder typisch für deine Ichsucht«, fuhr sie in gerechtem Zorn fort. »Auf die Party zu verschwinden, während ich leidend zu Hause sitze und in die Wände beiße.« Das war durchaus wörtlich gemeint: Der Käse war zwar alt und hart, aber wenn sie wütend war, biß sie häufig hinein, und im Augenblick war sie eigentlich fast immer wütend.
    Trotzdem versuchte er, konstruktiv und positiv gestimmt zu bleiben. Er war erst ein Jahr verheiratet, und er liebte Chamäleon. Er hatte von Anfang an gewußt, daß es sowohl schöne als auch schlimme Zeiten geben würde, und jetzt war eben eine schlimme Zeit. Eine ziemlich schlimme Zeit. »Warum kommst du nicht mit auf den Ball, Liebling?«
    Sie explodierte vor zynischem Zorn. »Ich? Während ich so aussehe? Du kannst dir deinen schwachsinnigen Sarkasmus ruhig schenken!«
    »Aber du hast mich doch selbst daran erinnert, daß es ein Kostümfest ist. Die Königin kleidet jeden Teilnehmer in ein Kostüm ihrer Wahl. Also wird niemand sehen –«
    »Du durchgedrehtes Weichhirn!« schrie sie durch die Wand, und er hörte, wie etwas schepperte. Jetzt war sie so weit, mit Gegenständen zu werfen, in einem echten Wutanfall. »Wie soll ich in irgendeiner Kostümierung zu einer Party gehen – wo ich im neunten Monat schwanger bin?«
    Das war es, was ihr wirklich Sorgen machte. Nicht ihre normale klug-häßliche Phase, die sie schon ihr ganzes Leben lang begleitet hatte, sondern die großen Unannehmlichkeiten und Einschränkungen, die ihre Schwangerschaft ihr auferlegte. Bink hatte diesen Zustand in ihrer schön-dummen Phase herbeigeführt und erst später, als sie wieder schlauer geworden war, erfahren, daß sie sich zu dieser Zeit noch nicht derart hatte festlegen wollen. Sie befürchtete, daß das Kind so werden könnte wie sie – oder wie er. Sie hatte erst einen Zauber ausfindig machen wollen, der dafür gesorgt hätte, daß das Kind entweder mit positiven Talenten oder wenigstens normal begabt geboren worden wäre. Doch nun hing alles vom blinden Zufall ab. Sie war nicht gerade begeistert über ihre Lage gewesen und hatte Bink bis heute auch nicht verziehen. Und je intelligenter und schwangerer sie wurde, um so mehr wuchs ihr Zorn.
    Nun, bald würde sie über den Berg sein und wieder schöner werden – gerade rechtzeitig für das Baby, das in etwa einer Woche kommen mußte. Vielleicht würde das Kind ja normal, möglicherweise sogar sehr talentiert. Dann würden Chamäleons Ängste sich wieder legen. Dann würde sie auch nicht mehr alles an ihm auslassen.
    Wenn das Kind allerdings anormal sein sollte … doch darüber dachte man lieber gar nicht erst nach. »Entschuldige, das hatte ich vergessen«, murmelte er.
    »Vergessen!« Wie ein magisches Schwert schnitt ihre Ironie durch den Käse der Hütte. »Schwachkopf! Das würdest du ganz gerne vergessen, was? Warum hast du nicht letztes Jahr daran gedacht, als du –«
    »Ich muß gehen, Chamäleon«, murmelte er und schlüpfte hastig durch die Tür. »Die Königin regt sich immer auf, wenn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher