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Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Titel: Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight
Autoren: Lisa Kleypas
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Anfang dreißig, doch seine beherrschte, ja unerbittliche Art ließ erkennen, dass er genug vom Leben gesehen hatte, als dass ihn noch irgendetwas hätte überraschen können. Er hatte kräftiges, gut geschnittenes rabenschwarzes Haar und dunkle Brauen, die in starkem Kontrast zu seinem hellen Teint standen. Tatsächlich sah er ungemein gut aus. Die dichten Augenbrauen, die wohldefinierte Nase und die sinnlichen Lippen – so musste Luzifer ausgesehen haben. Der markante Kiefer unterstrich den eisernen, unnachgiebigen Ausdruck eines Mannes, der alles, einschließlich sich selbst, ein wenig zu ernst nahm.
    Poppy spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, als sie in diese auffallend schönen Augen starrte … kräftiges Hellgrün mit dunklen Rändern, und dichte schwarze Wimpern. Ihr war, als würde sie mit Haut und Haaren in seinem Blick versinken. Sie bemerkte leichte Schatten unter seinen Augen, aber selbst die schmälerten sein makelloses Aussehen mitnichten.
    Ein echter Gentleman hätte jetzt etwas Freundliches gesagt, eine beliebige Höflichkeit, der Unbekannte aber schwieg.
    Warum starrte er sie so an? Wer war er, und welche Autorität übte er in diesen Räumlichkeiten aus?
    Sie musste etwas sagen, irgendetwas, um die Situation zu entspannen. »Dieser Geruch nach Büchern und Kerzenwachs«, bemerkte sie albern, »… er erinnert mich an das Arbeitszimmer meines Vaters.«
    Der Fremde trat auf sie zu, und Poppy wich instinktiv zurück. Sie schwiegen. Es war, als füllte sich der Raum zwischen ihnen mit Fragen, die mit unsichtbarer Tinte geschrieben waren.
    »Ihr Vater ist vor einiger Zeit gestorben.« Seine Stimme passte zum Rest, sie war geschliffen, dunkel, unerbittlich. Er hatte einen interessanten Akzent, nicht ursprünglich britisch, die Vokale klangen flach und offen, das R rollte er schwer.
    Poppy nickte bestürzt.
    »Und kurz darauf Ihre Mutter«, fügte er hinzu.
    »Woher … woher wissen Sie das?«
    »Es ist meine Aufgabe, so viel wie möglich über die Hotelgäste zu wissen.«
    Dodger wand sich in ihrem Arm. Poppy bückte sich, um ihn auf den Boden zu setzen. Das Frettchen hüpfte auf einen Sessel neben einer kleinen Feuerstelle und machte es sich auf den Samtpolstern bequem.
    Poppy überwand sich, den Fremden noch einmal anzusehen. Er trug elegante dunkle Kleider, die auf eine raffinierte Weise locker saßen. Ein edler, maßgeschneiderter Anzug, aber nur eine schlichte schwarze Krawatte ohne Nadel. Auf seinem Hemd waren weder Goldknöpfe noch andere Verzierungen zu sehen, die ihn als einen vermögenden Gentleman ausgezeichnet hätten. Eine einfache Uhrkette an seiner grauen Weste war der einzige Schmuck.
    »Sie haben einen amerikanischen Akzent«, sagte sie.
    »Buffalo, New York«, erwiderte er. »Aber ich lebe schon eine ganze Weile hier.«
    »Sind Sie ein Angestellter des Hotels?«, erkundigte sie sich vorsichtig.
    Er nickte knapp.
    »Einer der Manager, nehme ich an?«
    Seine Miene war unergründlich. »So etwas in der Art.«
    Sie bewegte sich langsam in Richtung Tür. »Dann will ich Sie nicht länger von Ihrer Arbeit abhalten, Mister …«
    »Sie werden eine angemessene Begleitung brauchen, die Sie zurückbringt.«
    Poppy überlegte kurz. Sollte sie ihn bitten, ihre Gesellschafterin kommen zu lassen? Nein … Miss Marks schlief womöglich noch. Immerhin hatte sie eine harte Nacht hinter sich. Miss Marks neigte zu Alpträumen, aus denen sie am Morgen völlig erschöpft erwachte. Es kam nicht oft vor, aber wenn es geschah, bemühten sich Poppy und Beatrix, sie danach so lange wie möglich schlafen zu lassen.
    Der Fremde betrachtete sie einen Moment lang nachdenklich. »Soll ich ein Dienstmädchen rufen lassen, damit sie Sie begleitet?«
    Poppys erster Gedanke war, das Angebot anzunehmen. Doch war es ihr gar nicht recht, auch nur eine Minute länger in Gegenwart dieses Mannes zu warten. Sie traute ihm nicht im Allergeringsten.
    Als er ihre Unschlüssigkeit bemerkte, verzog er den Mund zu einem ironischen Lächeln. »Wenn ich die Absicht hätte, Sie zu belästigen«, erklärte er, »hätte ich es längst getan.«
    Das Blut schoss ihr in die Wangen angesichts dieser Unverblümtheit. »Das sagen Sie! Woher soll ich denn wissen, dass Sie nicht ein ganz langsamer Belästiger sind.«
    Nachdenklich wandte er den Blick ab, und als er sie wieder ansah, glänzten seine Augen vor Belustigung. »Sie sind in Sicherheit, Miss Hathaway.« Seine Stimme klang so, als müsste er jeden Augenblick laut loslachen.
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