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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant
Autoren: Marie Cordonnier
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Bastardkindes, dessen ehrgeizige Mutter davon geträumt hatte, dass die verbotene Frucht ihres Leibes vom Herrn der Burg anerkannt wurde. Das erklärte auch die stolze Haltung, die sich mit der scheuen Vorsicht eines Tieres paarte, das mit den Menschen keine sonderlich guten Erfahrungen gemacht hatte.
    »Sie lassen dich auf der Burg die Arbeit einer Magd tun, obwohl du Besseres verdient hättest, nicht wahr?«, stellte er fest und wurde durch den verräterischen Hauch von Röte bestätigt, der in Ysobels Wangen stieg. Woher konnte er das wissen?
    »Was geht’s dich an«, murmelte sie und wich den beunruhigend intensiven Augen aus, die mehr entdeckten, als ihr lieb war. Ihre Vernunft riet ihr, dass sie kehrt machen und ihn stehen lassen sollte. Weshalb sie es nicht tat, konnte sie selbst am allerwenigsten erklären. Sie verspürte einen seltsamen Druck in ihrer Brust, der sie am Atmen hinderte, und hatte das eigenartige Gefühl, sie sei soeben gegen ein unsichtbares Hindernis geprallt.
    »Deine Haare haben die Farbe der letzten Abendsonnenstrahlen auf dem Meer«, schmeichelte sich die Stimme in ihre Gedanken. »Ich möchte meinen, Dahut war nicht halb so schön wie du ...«
    Er redete Unsinn, und Ysobel runzelte ungehalten die Stirn. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass sie sich dennoch geschmeichelt fühlte. Sie wagte einen vorsichtigen Blick unter halbgesenkten Wimpern und entdeckte, dass er diesen Unsinn sogar mit Überzeugung vorbrachte. War das Bewunderung in seinen Augen? Und dann dieses eigenartige Lächeln, das den einen Mundwinkel ein wenig höher zog als den anderen. Das Lächeln eines Spitzbuben, aber sie konnte nicht verhindern, dass sie es erwiderte.
    »Ich muss gehen. Ich kann nicht ... Meine Arbeit wartet auf mich ...«, wisperte sie. Ein kläglicher Rest von Vernunft zwang sie, dem seltsamen Zusammentreffen ein schnelles Ende zu machen.
    »Das darfst du nicht tun!«, widersprach er so betont, dass sie unwillkürlich die Stirn runzelte. Gab es denn keinen Flecken in diesem ganzen Land, wo sie einfach tun konnte, was sie wollte, ohne dass sich andere einmischten? Warum machte ihr ein jeder Vorschriften?
    »Das kannst du mir nicht antun«, verbesserte er sich. »Du musst doch selbst wissen, dass du das schönste Mädchen bist, das einem Mann an dieser Küste das Herz brechen kann. Ich lass’ dich nicht gehen, ehe du mir versprichst, dass wir uns wieder sehen und dass du dann mehr Zeit für mich hast!«
    Das Staunen in Ysobels Augen mischte sich mit völligem Unglauben. Sie war sich der Wirkung ihrer Erscheinung nicht bewusst, auch wenn sie dieser Schönheit den größten Teil des Elends verdankte, in dem sie lebte. Geschweige denn, dass sie auf den Gedanken verfallen wäre, dieses Aussehen könne einen vernünftigen Mann dazu veranlassen, solche Torheiten von sich zu geben. Mutter Elissa hatte Eitelkeit als Teufelswerk verdammt und dafür gesorgt, dass keine ihrer Nonnen und Novizinnen dieser Sünde anheim fiel.
    »Du bist närrisch ...« Aus Ysobels Stimme klang eine Mischung aus Ärger und unschuldiger Verwirrung.
    »Wenn, dann bist du daran schuld, Mignonne! Wirst du morgen wieder an diesen Ort kommen? Nach der Vesper, kurz bevor die Sonne untergeht?«
    Dass die höfisch-klösterliche Zeiteinteilung nicht ganz zu einem einfachen Fischer dieser Bucht passte, sollte Ysobel erst viel später auffallen. Jetzt dachte sie nicht über seine Worte nach, denn es verblüffte sie viel zu sehr, dass er sie zum zweiten Male Liebste nannte. Er kannte sie doch gar nicht ...
    »Ich bin nicht deine Liebste!«, sträubte sie sich.
    »Aber ich sehne mich danach, dass du es wirst!«
    Und dann presste er sie plötzlich an seine breite, harte Brust und hielt sie in einer stürmischen Umarmung gefangen. Ihr atemloser Aufschrei erstickte unter der Berührung eines fremden Mundes, der ihre Lippen in schmeichelnder Zärtlichkeit berührte.
    Sie ahnte nicht, dass es der höchst berechnende Kuss eines Mannes war, der das Angenehme mit dem Nützlichen verband. Der auf der einen Seite raffiniert ihre Scheu respektierte und auf der anderen dafür sorgte, dass ihr Blut schneller durch die Adern floss und ihr Herzschlag aus dem Rhythmus geriet. Ysobel merkte nicht einmal, dass sie haltsuchend die Arme um die kräftigen Schultern schlang und den Kuss mit der unverdorbenen Frische absoluter Unschuld erwiderte.
    Sie taumelte, als er sie ebenso unerwartet freigab, wie er sie zuvor umarmt hatte. Er tippte mit dem Zeigefinger gegen
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