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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant
Autoren: Marie Cordonnier
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machen!«
    Die Kleine riss entsetzt die Augen auf. »Aber ... das geht nicht«, sagte sie atemlos. »Du bist doch eine der Hausmägde!«
    Ysobel lachte freudlos und zauste dem Mädchen die dunkeln Locken. »Wie du siehst, bin ich es nicht mehr! Dame Volberte schickt mich, dir zu helfen!«
    Sie krempelte die Ärmel ihres Unterkleides über die Ellbogen hoch und machte sich ans Werk, argwöhnisch beobachtet von ihrer misstrauischen Arbeitskameradin. Als jene sah, dass Ysobel tatsächlich ohne zu zögern in den Sandeimer griff und die gescheuerte Pfanne am Ende auch noch, wie es sich gehörte, mit heißem Wasser ausspülte, das danach nicht weggeschüttet, sondern zum Einweichen andere Töpfe verwendet wurde, entspannte sie sich zusehends.
    »Selma hat sich schlimm verbrüht«, warnte sie. »Du musst aufpassen, dass es dir nicht ebenso geht. Warum hast du die dicke Volberte geärgert?«
    »Es ist egal, was ich tue, sie ärgert sich immer«, antwortete Ysobel mit einem Schulterzucken. »Und wie kommst du in dieses Küchenhaus? Wie heißt du überhaupt?«
    »Jeanne! Meine Mutter hat mich im vergangenen Herbst auf die Burg gebracht«, erzählte die Kleine vertrauensvoll. »Vielleicht kann ich irgendwann von der Spülmagd zur Küchenmagd aufsteigen, wenn ich alles gut mache! Meine Schwestern beneiden mich darum!«
    »Bist du gerne hier?« Es gefiel Ysobel, mit ihr zu plaudern. Normalerweise sprach kaum jemand mit ihr. Und wenn, dann handelte es sich um Befehle, die sie schweigend auszuführen hatte.
    »Ich wär’ lieber Fischer wie mein Vater! Ich bin gerne auf dem Meer!«, gestand das Mädchen. »Aber das ist keine Frauenarbeit. Vater sagt, ich soll dankbar sein, dass es bei uns eine Burg gibt, in der man Mägde braucht. Ich krieg’ jeden Tag zu essen und zu Weihnachten den Stoff für ein Hemd und einen Rock. Außerdem kann mir hinter diesen Mauern wenigstens nichts passieren ...«
    Ysobel sah verblüfft auf. »Was sollte dir denn draußen passieren?«
    »Es ist Krieg!«, wisperte Jeanne, als dürfe man das schreckliche Wort nicht laut aussprechen. »Marodeure ziehen durch das Land. Sie töten die alten Männer, nehmen die Jungen mit, und auch die Frauen verschwinden einfach ...«
    »Aber in dieser Gegend gab es doch gar keine Schlachten«, widersprach Ysobel.
    »Das nicht«, pflichtete Jeanne bei. »Aber sie holen die Männer zum Kämpfen. Auch jene, die gar nicht mitgehen wollen. Viele der jungen Fischer sind verschwunden, und Vater sagt, dass es auch für ein Mädchen besser ist, nicht im Dorf zu sein, wenn die Werber kommen. Sie nehmen auf niemanden Rücksicht, und wer sich wehrt, wird bei Nacht und Nebel verschleppt!«
    »Ich habe heute einen von den Fischern gesehen«, platzte Ysobel heraus. »Einen großen Kerl, mit lockigen pechschwarzen Haaren und meerblauen Augen, er hat eine auffällige Kerbe im Kinn. Weißt du, in welchem der Fischerdörfer an der Bucht er daheim ist?«
    Jeanne vermochte mit der Beschreibung nichts anzufangen. »Ich war schon lang nicht mehr daheim. Die Spülmägde müssen auch am Sonntag arbeiten, aber ich kann eine von den älteren Mägden fragen, die zum Hafen gehen, wenn die Fischer ihren Fang verkaufen. Die kennen alle jungen Männer. Du willst doch wissen, wie er heißt und ob er schon ein Mädchen hat, nicht wahr?«
    »Nein!« Ysobel spürte, dass sie errötete. »... das heißt ... eigentlich schon ... Oder ... nein, vergiss es! Es interessiert mich nicht im Geringsten!«
    Mit konzentrierter Energie griff sie sich eine der größten Kasserollen und begann sie wütend zu schrubben. Ihre grässliche Schwägerin mochte sie ja wie eine Dienstmagd behandeln, aber sie war immer noch Ysobel de Locronan. Eine Dame von edelstem Blut und mit einer makellosen Ahnenreihe. Daran konnte nicht einmal die Boshaftigkeit der fürchterlichen Volberte etwas ändern.
    Wie kam sie dazu, sich auch nur einen Herzschlag lang für einen Fischer mit meerblauen Augen zu interessieren? Für einen dreisten Kerl, der sie geküsst und ihr ein Wiedersehen befohlen hatte, als wäre sie irgendeine Dirne, die sich an der Hafenmole herumtrieb. Er konnte ihr gestohlen bleiben, egal wie er hieß! Sie wollte nichts von ihm wissen!
    Es war so bitter kalt, dass Ysobels Zähne klapperten, als sie sich bückte, um den Stopfen aus dem großen Holzzuber zu ziehen. Das Gluckern des Wassers, als es in die Abflussrinne schoß und mit leisem Plätschern durch das alte Rohrsystem in den Burggraben rauschte, bildete die leise Musik
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