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Young Sherlock Holmes 3

Young Sherlock Holmes 3

Titel: Young Sherlock Holmes 3
Autoren: Andrew Lane
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versuchte die Tonfolge von Wormersleys Kommandos nachzuahmen. Der Falke wandte seinen Kopf, um zu sehen, wer es sonst noch wagte, ihm Befehle zu erteilen. Da fiel ihm die tote Maus ins Auge, die sich gerade wieder anschickte, auf den Boden zuzusausen. Der Falke wirbelte in der Luft herum und setzte zum Sturzflug an. Von der Erdanziehungskraft angetrieben, stürzte die Maus in die Tiefe. Doch mit zwei mächtigen Flügelschlägen beschleunigte der Falke erst seinen Sturz und legte seine Schwingen dann eng an den Körper. In einem Kurs, der sich genau mit dem der Maus kreuzen würde, schoss er durch die Luft.
    Im nächsten Augenblick öffnete sich auch schon sein Schnabel und schloss sich wieder. Dann war die Maus verschwunden, verschluckt mit Haut und Haaren.
    Weitere Pfiffe ertönten, als Wormersley verzweifelt versuchte, die Kontrolle über den Vogel wiederzuerlangen. Doch der Hunger hatte über das Training triumphiert. Sherlock wusste, dass man Falken hungrig halten musste. Denn andernfalls verloren sie das Interesse an dem, was man eigentlich von ihnen wollte. In einer langgezogenen Kurve glitt der Vogel zur Kutsche zurück. Zu dem, was für ihn im Moment einem Nest am nächsten kam: der geschlossenen Box, die man Wormersley im Café übergeben hatte.
    Im dunklen Quadrat der Fensteröffnung konnte Sherlock nun Wormersleys Gesicht im Kutscheninneren erkennen. Wie ein Geist schien es in der Finsternis zu schweben, eine verzerrte Maske der Frustration.
    Sherlock dachte an die Signale, die er im Museum gehört hatte: die Signale, mit denen dem Falken befohlen worden war anzugreifen.
    Er zwang sein Hirn, sich die Töne in Erinnerung zu rufen. Er konnte Violine spielen – jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Er konnte Noten lesen. Also müsste er doch bestimmt auch auf diese vertrackten Töne kommen, wenn es nötig war.
    Er begann laut zu pfeifen und wiederholte dabei die Tonfolge, an die er sich zu erinnern glaubte.
    Bereits im Sinkflug auf die Kutsche vernahm der Falke das Signal. Doch statt sich zur Landung auf Wormersleys ausgetrecktem Arm anzuschicken, spreizte er urplötzlich seine Fänge, um sie als furchterregende Waffen einzusetzen.
    Der Vogel sauste durch die Fensteröffnung direkt in Wormersleys Gesicht.
    Ein Schrei ertönte aus der Kutsche, und das ganze Gefährt schaukelte wild hin und her, während Wormersley drinnen mit dem Vogel kämpfte. Kyte, der oben auf dem Kutschbock saß, drehte sich um, um zu sehen, was los war. Erschrocken stieg das Pferd, das zwischen den beiden Deichseln angespannt war, auf die Hinterläufe.
    »Los, kommen Sie!«, rief Sherlock Stone zu. »Sie kümmern sich um Kyte – ich schnapp mir Wormersley.«
    »Aber …«
    »Kommen Sie!«
    Er würde die Paradol-Kammer nicht entwischen lassen. Nicht, wenn er es verhindern konnte. Sie hatten zu viele Menschen auf dem Gewissen und außerdem eine Menge zu erklären. Er würde Wormersley mit bloßen Händen aus der Kutsche zerren und ihn zwingen, Graf Schuwalow zu erzählen, was er geplant hatte.
    Im Bewusstsein, dass Stone hinter ihm auf den abgelenkten Mr Kyte zusteuerte, stürzte Sherlock auf die nächst gelegene Kutschentür zu.
    Als er sie erreichte, flog diese urplötzlich von innen auf und stieß ihn zurück. Wormersley kam herausgesprungen, zerrte den Falken von seinem Kopf und schleuderte ihn in Sherlocks Richtung. Sein Gesicht und Hemd waren blutüberströmt. Auf seiner Stirn hatte der Schnabel üble Male hinterlassen, und der Hals war von Schnittwunden übersät.
    In einem wilden Wirbel aus Schwingen und Fängen ergriff der Vogel die Flucht. Dressur und Training hatten ihre Macht über ihn verloren, und alles, was das Tier jetzt noch wollte, war die Freiheit.
    Wormersley wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht und verschmierte es zu einer blutroten Maske, aus der Sherlock zwei wütende Augen entgegenfunkelten.
    »Du wichtigtuerisches Balg«, schrie er. »Jahrelang haben wir an diesem Plan gearbeitet, und du hast in wenigen Sekunden alles ruiniert.«
    »Geben Sie auf«, sagte Sherlock und spannte den Körper, für den Fall, dass Wormersley sich auf ihn stürzen würde. »Es gibt keinen Ausweg mehr.«
    »Es gibt immer einen Ausweg.« Wormersley langte hinter sich und zog etwas aus der Kutsche. Der Gegenstand in seiner Hand sah aus wie ein Reifen, ein Spielzeugreifen für Kinder. Aber dann vollführte seine Hand eine kurze ruckartige Bewegung und das Ding entrollte sich auf dem Boden.
    Es war eine Peitsche. Allerdings keine,
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