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Young Sherlock Holmes 2

Young Sherlock Holmes 2

Titel: Young Sherlock Holmes 2
Autoren: Andrew Lane
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hier«, sagte er, als die Tür aufschwang und den Blick auf seinen Onkel freigab, der an einem riesigen Schreibtisch saß. Sherrinford Holmes trug einen schwarzen, altmodisch geschnittenen Anzug. Der eindrucksvolle biblische Bart fiel über seine Brust bis auf die Schreibunterlage vor ihm herab. »Und da habe ich mich gefragt«, fuhr Sherlock fort, »ob es möglich wäre, wenn er zum Lunch bleibt.«
    »Ich heiße die Gelegenheit, mich mit Mr Crowe zu unterhalten, sehr willkommen«, erwiderte Sherrinford Holmes. Aber Sherlocks Aufmerksamkeit wurde von jemandem abgelenkt, der weiter drüben an den offenen Flügeltüren zur Terrasse stand. Die Silhouette eines langen Gehrocks mit hohem Kragen zeichnete sich vor dem einfallenden Sonnenlicht ab.
    »Mycroft!«
    Sherlocks Bruder bedachte ihn mit einem ernsten Nicken. Doch trotz seines gesetzten Auftretens konnte er ein leichtes Augenzwinkern nicht unterdrücken. »Sherlock«, begrüßte er ihn. »Du siehst gut aus. Offensichtlich bekommt dir das Landleben.«
    »Wann bist du angekommen?«
    »Vor etwa einer Stunde. Ich habe den Zug von Waterloo Station genommen und bin dann hier am Bahnhof in eine Kutsche gestiegen.«
    »Wie lange bleibst du?«
    Mycroft zuckte die Achseln. Eine leichte Bewegung, die angesichts seiner massigen Gestalt kaum wahrzunehmen war. »Ich werde leider nicht über Nacht bleiben können, aber ich wollte mir ein Bild von deinen Fortschritten verschaffen. Und ich habe auch gehofft, Mr Crowe zu treffen. Ich bin froh, dass er hier ist.«
    »Dein Bruder und ich haben noch etwas Geschäftliches zu bereden«, sagte Sherrinford. »Wir sehen uns dann im Speisezimmer.«
    Das war eine eindeutige Aufforderung zu gehen, also schloss Sherlock die Tür hinter sich. Unwillkürlich machte sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breit. Mycroft war hier! Plötzlich kam ihm der Tag sogar noch heller und sonniger vor, als er ohnehin schon war.
    »Habe ich da etwa die Stimme deines Bruders gehört?«, ließ sich Amyus Crowes polternde Stimme vom anderen Ende der Halle vernehmen.
    »Ja, das ist seine Kutsche da draußen. Er hat gesagt, dass er mit Ihnen sprechen will.«
    Crowe nickte bedächtig. »Ich frage mich, warum«, sagte er leise.
    »Onkel Sherrinford hat gesagt, dass Sie zum Lunch bleiben können. Er meinte, sie würden uns dann im Speisezimmer treffen.«
    »Das klingt doch mal nach einem anständigen Plan«, verkündete Crowe wieder mit lauterer Stimme. Doch die nachdenkliche Falte auf seiner Stirn strafte die scheinbar unbekümmerte Leichtigkeit seiner Worte Lügen.
    Sherlock ging voran ins Speisezimmer. Zu seiner Überraschung war Mrs Eglantine bereits da. Sie stand an der Wand im Schatten zwischen zwei großen Fenstern. Sherlock hatte gar nicht bemerkt, dass sie in der Halle an ihm vorbeigegangen war, und er fragte sich, ob sie in Wirklichkeit vielleicht ein Geist war, der durch Mauern wandeln konnte. Aber er verwarf das rasch als dumme Idee, denn schließlich glaubte er nicht an so etwas wie Geister.
    Er ignorierte Mrs Eglantine und steuerte auf den Büfetttisch zu. Dort schnappte er sich einen Teller und machte sich daran, ihn mit Fleisch und Räucherlachsstücken zu füllen. Crowe folgte ihm und begann sich vom anderen Ende des Tisches aus zu bedienen.
    Sherlock schwirrte immer noch der Kopf, nachdem sein älterer Bruder so unvermittelt aufgetaucht war. Mycroft lebte und arbeitete in London, der Hauptstadt des Britischen Empires. Er war Regierungsbeamter, und obwohl er seine Bedeutung und Position häufig herunterspielte, indem er zum Beispiel von sich behauptete, er sei nur ein einfacher Aktenhengst, war Sherlock schon eine ganze Weile der festen Überzeugung, dass Mycroft weitaus wichtiger war, als er es nach außen hin darstellte. Als Sherlock die Ferien noch bei seinen Eltern zu Hause verbracht hatte – also bevor man ihn weggeschickt hatte, um bei Onkel und Tante zu wohnen –, war Mycroft zuweilen aus London gekommen, um ein paar Tage bei der Familie zu verbringen. Bei diesen Gelegenheiten war Sherlock aufgefallen, dass jeden Tag ein Mann in einer Kutsche vorgefahren war, der eine rote Box dabeihatte, die er Mycroft nur persönlich aushändigte. Im Gegenzug hatte Mycroft dem Boten einen Umschlag übergeben, der Sherlocks Vermutung nach Briefe und Aktennotizen enthielt, die sein Bruder auf Basis des Boxinhaltes vom Vortag verfasst hatte. Was auch immer Mycroft für eine Position bekleiden mochte, die Regierung jedenfalls hielt es für nötig, täglich
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