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You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

Titel: You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
Autoren: Jermaine Jackson
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und rasten los wie ein Schlittenbob-Team. In unserer Phantasie fuhren wir allerdings einen Zug, den wir uns gern auch mit zwei oder drei aneinandergereihten Einkaufswagen zusammenstellten. Sie stammten aus dem Giants-Supermarkt drei Straßen weiter, auf der anderen Seite des Sportplatzes, der hinten an unser Grundstück grenzte, aber die Wagen wurden oft irgendwo im Viertel stehen gelassen und waren deshalb leicht aufzutreiben. Michael war der „Lokführer“.
    Er war ganz verrückt nach den Spielzeugeisenbahnen der Firma Lionel – kleine, solide Dampfmaschinen oder Lokomotiven, die in orangefarbenen Schachteln verpackt waren. Wenn wir mit Mutter zum Geschäft der Heilsarmee gingen, um Kleidung zu kaufen, rannte er immer sofort nach oben in die Spielzeugabteilung und sah nach, ob jemand vielleicht gerade eine gebrauchte Lionel-Bahn abgegeben hatte. In seiner Phantasie wurden unsere Einkaufswagen jedenfalls zu einem Zug mit zwei oder drei Waggons und die 23. Avenue zu einem schönen, geraden Gleis. Der Zug war zu schnell, um weitere Passagiere zusteigen zu lassen, und donnerte die Strecke entlang, während Michael die entsprechenden Geräusche machte. Dort, wo die 23. Avenue in einer Sackgasse endete, etwa fünfzig Meter von unserem Garten entfernt, kam unser Zug dann an einem imaginären Prellbock zum Stehen.
    Wenn Michael nicht gerade auf der Straße Eisenbahn spielte, lag er mit seiner geliebten Lionel-Lok auf dem Teppich in unserem gemeinsamen Kinderzimmer. Unsere Eltern hatten ihm kein neues Modell kaufen können, und eine elektrische Eisenbahn mit Gleisen, Bahnhof und Signalen konnten sie sich schon gar nicht leisten. Der Traum von einer Spielzeugeisenbahn war jedenfalls weitaus früher in seinem Kopf verankert als der Traum, eines Tages auf der Bühne zu stehen.
    Geschwindigkeit. Alles, was uns Kindern besonders aufregend erschien, hatte irgendwie mit dem Speed-Kick zu tun. Egal, was wir machten, es ging immer darum, schneller zu sein, uns gegenseitig zu überholen. Hätte unser Vater um diesen Hunger nach Tempo gewusst, hätte er es uns sicherlich verboten: Die Gefahr von Verletzungen betrachtete er stets als großes Karriere-Risiko.
    Als uns die Einkaufswagen-Zugfahrten irgendwann langweilig wurden, bauten wir uns „Go-Karts“ aus Kisten, Kinderwagenrädern und Brettern, die wir auf einem Schrottplatz in der Nähe besorgten. Tito war der „Ingenieur“ unter uns Brüdern und für die Konstruktion zuständig. Er bastelte auch ständig an Uhren und Radios herum, nahm sie auf dem Küchentisch auseinander und setzte sie wieder zusammen, und er sah Joseph gern dabei zu, wenn der an seinem Buick herumschraubte, der neben dem Haus geparkt war. Dadurch wusste er natürlich auch, wo der Werkzeugkasten unseres Vaters stand. Wir nagelten drei Bretter zusammen, um ein Fahrgestell in I-Form mit Achsen zu bekommen, befestigten darauf eine Holzkiste als offenes Cockpit und zogen ein Stück Wäscheleine als eine Art Zügel vorn um die Räder, um den fahrbaren Untersatz lenken zu können. Angesichts ihrer Bauweise hatten die Karts natürlich ungefähr den Wendekreis eines Öltankers, und so fuhren wir die meiste Zeit geradeaus.
    Der breite Weg hinter unserem Haus, der zwischen grasbewachsenen Gärten auf der einen und einem Maschendrahtzaun auf der anderen Seite verlief, war unsere „Rennstrecke“, und nur darum ging es, um das „Rennen“. Oft ließen wir zwei Go-Karts nebeneinander laufen: Tito schob Marlon, und ich schob Michael die fünfzig Meter lange Bahn entlang. Wichtig war der Wettstreit zwischen uns, wer schneller fuhr und wer gewinnen würde.
    „Los, los, LOS!“, kreischte Michael und beugte sich vor, damit wir in Führung gingen. Marlon verlor auch nicht gern, und deshalb hatte Michael einen ernstzunehmenden Konkurrenten. Marlon war jemand, der nie verstand, wieso er nicht endlich seinen eigenen Schatten überholen konnte. Ich sehe ihn heute noch vor mir, wie er über die Straße rannte und dauernd zur Seite sah, erst voll wilder Entschlossenheit und schließlich ganz frustriert, weil ihm sein Schatten unüberwindlich auf den Fersen blieb.
    Wir schoben die Go-Karts über die Piste, bis die Metallkrampen über den Asphalt kratzten und die Räder blockierten oder abfielen, so dass Michael in seinem Gefährt auf die Seite kippte und ich so lachen musste, dass ich kaum noch stehen konnte.
    Auf einem Spielplatz nahe der Schule gab es ein kleines Karussell, auf dem wir unsere Lust am Geschwindigkeitsrausch
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