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You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)

Titel: You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
Autoren: Jermaine Jackson
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Aber der Ruhm – und vor allem der Ikonenstatus, der meinem Bruder aufgedrückt wurde – errichte eine Barriere des öffentlichen Interesses um ihn und wirkte seinem Bedürfnis, verstanden zu werden, entgegen. Aber um ihn zu verstehen, müssen wir uns in ihn hineinversetzen und das Leben aus seinem Blickwinkel betrachten. Wie sagte Michael 2003 in einer Botschaft an seine Fans, die er von Ed Bradley von CBS übermitteln ließ: „Wenn man wirklich etwas über mich wissen will, dann sollte man sich einen meiner Songs anhören. Er heißt ‚Childhood‘ …“
    Michael offenbarte in diesem Text, dass er sich durchaus bewusst war, ein erwachsener Mann mit der Wahrnehmung eines Kindes zu sein: „People say I’m strange that way because I love such elementary things … but have you seen my childhood?“ Damit wollte er sagen: So wurde ich geprägt. So bin ich.
    Viele Menschen haben versucht, durch das Fenster unserer Kindheit zu spähen, hinter die Fassade der übermächtigen Pop-Ikone zu schauen und die Berichte verleumderischer Medien kritisch zu überprüfen. Aber ich habe das Gefühl, man muss es wirklich erlebt haben, um es zu begreifen und zu verstehen. Denn unsere Welt, wie wir in unserer großen Familie als Brüder und Schwestern unter einem Dach aufwuchsen, war einzigartig. Wir hatten ein kleines Haus in der Jackson Street – die nach dem Präsidenten Andrew Jackson benannt worden war, nicht nach uns –, und wir teilten Erinnerungen, Musik und einen Traum. Hier ist der Ausgangspunkt unserer Geschichten und seiner Texte, und hier, hoffe ich, kann man dem wahren Michael Jackson zumindest ein wenig auf die Spur kommen.

A lles fingdamit an, dass wir eines Tages um die Spüle in der Küche herumstanden und unsere Stimmen entdeckten. Das Abwaschen, Abtrocknen und Einräumen wurde bei uns sozusagen wie am Fließband erledigt und war ein allabendliches Ritual nach dem Essen. Diese Arbeit wurde paarweise im wöchentlichen Wechsel übernommen: Zwei Kinder trockneten ab, zwei andere stellten das Geschirr weg, und unsere Mutter stand in der Mitte, eine Schürze über ihrem Kleid, die Hände tief im Seifenwasser. Ständig pfiff oder sang sie dabei Lieder, aber der Titel, bei dem wir zuerst mit einstimmten, war „Cotton Fields“, ein altes Sklavenlied, das der Bluesmusiker Lead Belly geschrieben hatte. Es war ein Hit, der Mutter sehr bewegte, denn ihre Wurzeln lagen in Eufaula, Alabama, wo sie im Mai 1930 als Katie Scruse zur Welt gekommen war.
    Ihre Großeltern hatten damals im so genannten Baumwollstaat eine Baumwollfarm besessen; ihr Urgroßvater war Sklave der dort lebenden Familie Scruse gewesen. Auch ihre Vorfahren konnten singen: „Seine Stimme schallte aus der Kirche über das ganze Tal“, sagte Mutter von ihrem Großvater, und das Gleiche traf auf Papa Prince zu, ihren Vater. Mutter schwor, dass ihre Stimme, die wir in unserer Küche vernahmen, ein Erbe ihrer Vorfahren darstellte, das sie in einem Kirchenchor weiter ausgebildet hatte. Sie stammte aus einer Baptistenfamilie, und gute Stimmen hatte es dort schon immer gegeben. Der Vater meines Vaters, Samuel Jackson, war Lehrer und Schuldirektor, der eine notenreine Version von „Swing Low, Sweet Chariot“ vortragen konnte, aber im Kirchenchor auch durch eine „herrlich hohe Stimme“ auffiel. Unsere Mutter spielte während ihrer Schulzeit Klarinette und Klavier, Joseph Gitarre.
    Als unsere Eltern sich 1949 kennenlernten, vereinte sich ihr jeweiliges Erbgut offenbar zu einer Art Super-Gen, was unsere musikalische Begabung betraf. Das war kein Zufall, wie unsere Mutter immer wieder betonte, es war die Gabe Gottes. Oder, wie Michael es später formulierte, „die göttliche Vereinigung von Musik und Tanz“.
    Wir alle liebten den Klang von Mutters Stimme. Wenn sie an der Spüle stand, dann verlor sie sich in den Baumwollfeldern von Alabama, und mir liefen Schauer über den Rücken, wenn ich diese klangvolle Stimme hörte, die nie einen falschen Ton sang. Ob sie sprach oder sang, sie klang stets warm, weich und beruhigend. Wir fingen mit dem Singen an, um ein wenig Unterhaltung zu haben, als unser Fernseher zur Reparatur war, und eines Tages versuchte ich mich an ein paar Harmonien. Ich war etwa fünf Jahre alt, aber ich sang frei die zweite (hohe) Stimme, und das mit völlig reinem Ton. Mutter sah zu mir hinunter, sang weiter, aber lächelte mich ganz überrascht an. Und fast sofort fielen meine Brüder Tito und Jackie und meine Schwester Rebbie mit ein.
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