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You are Mine

You are Mine

Titel: You are Mine
Autoren: Kirstyn McDermott
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hat er sich heute beim Make-up zurückgehalten, nur ein bisschen schwarzen Eyeliner und ein Hauch von Kohle auf den Lippen. »Alter, wir sehen dich nicht mehr oft …«
    Vorwurfsvoll, aber was zur Hölle erwartet er? Sie waren Madigans Jünger, nicht meine; ihre Versammlung von blind ergebenen Weltraum-Kadetten, die sie für jeden dunklen Zweck, der ihr einfiel, ausnutzen und herumkommandieren konnte. Ich habe schon früh aufgehört, Fragen zu stellen.
    Die Marionetten. Ruth hatte sie so getauft, kurz bevor sie ausgezogen war. Die besorgte Ruth, in der Küche an den Fingernägeln herumkauend. Die vernünftige Ruth, die wissen wollte, was zur Hölle mit diesen Kindern überhaupt los war. Und sie waren nur Kinder. Joaquin war mit siebzehn der Älteste von ihnen, also wäre es natürlich an mir gewesen, es besser zu wissen.
    Es ist dein Haus, Alex. Du musst das nicht so laufen lassen.
    Hier läuft nichts. Sie kommen einfach nur vorbei, um mit ihr zu reden.
    Reden? Ich wüsste ja gerne, worüber sie reden. Was für kranke Psychospielchen spielt sie mit diesen Kindern?
    So ist es nicht, Ruth. Sie hängen einfach gerne hier ab, das ist alles. Ein erzwungenes Lachen von mir, ein nutzloser Versuch, die Situation zu entschärfen. Madigan sagt, sie geben ihr manchmal das Gefühl, eine alte Glucke zu sein.
    Madigan sagt. Ein Zischen zwischen ihren Zähnen. Madigan sagt immer, was in ihren Plan passt.
    Ich hörte ihr nicht zu, damals nicht, eigentlich niemals , wenn ich ehrlich sein soll, weil Ruth, na ja, einfach Ruth war. Eine gute Freundin mit besten Absichten, aber niemals mehr als das.
    Und Madigan war … Madigan.
    Jetzt tot, bald begraben, und Gott tut er weh, der Gedanke daran, wie sie kalt in der Erde liegt. Unberührbar. Verschwunden.
    »… hörst du mir zu?« Joaquins Geplapper ist mir plötzlich unerträglich und ich will ihn an seiner dürren kleinen Kehle packen und seinen Kehlkopf schwer in meiner Hand fühlen, während ich ihm noch den letzten Atemzug aus dem Körper presse. Denn wie kann er es wagen, auch nur zu atmen, wenn sie es nicht kann, wenn sie nicht mehr, nie wieder atmen wird, und er hält nicht den Mund, halt den Mund, halt den Mund –
    halt den Mund, Lexi. Du redest wirr
    Ich kann hören, wie sie genau diese Worte in mein Ohr flüstert, unverblümt und nüchtern, mein eigener mahnender Geist in mir, und so halte ich für den Moment den Mund. Im Augenblick wünsche ich mir nur etwas zu trinken, einen doppelten Whisky für den Anfang, etwas, das den Schmerz betäubt und die gespenstischen Bewegungen der Kathedrale vor dem Himmel stoppt.
    Joaquin murmelt weiter vor sich hin, seinen Arm in meinen geschoben. Mir geht auf, dass ich mit ihm gehe, von ihm zu ihnen geführt werde, diesen kitschig fahlen, trauererfüllten Gesichtern, während acht Paar Augen hungrig starren auf – die losgelösten Marionetten; wer soll jetzt ihre Fäden ziehen? – Ich?
    Nein. Ich halte an und löse mich von ihm. »Ich gehe rein.«
    »Aber wir sehen dich heute Nacht?«, fragt Joaquin. »Richtig?
    Heute Nacht, die dumme Nachtwache, über die er geredet hat, ihre geheime Mitternachtsmesse. Ich kann sie richtig vor mir sehen: ein Kreis aus verheulten Menschen im Schneidersitz, das Murmeln von Rosenkränzen und das Tropfen von Kerzen, mit mir in der Mitte, dem Puppenspieler …
    … Ich schüttle abwehrend den Kopf. Nein, Joaquin, ich kann nicht. Ich werde nicht.
    Aber auf den Stufen schaue ich zurück und mich trifft die volle Kraft ihrer vorwurfsvollen Blicke. Nur Kate hält sich zurück, hat den Kopf bewusst abgewandt, und das, obwohl sie die Einzige ist, deren Blick ich gerne auffangen würde. Ihre Missbilligung würde ich ertragen, um die Chance zu bekommen, mich zu entschuldigen – tut mir leid, ich wusste es nicht, tut mir leid, dass ich nicht da war, tut mir so verdammt leid, dass ich sie nicht retten konnte, unsere Madigan, denn wenn irgendwer es gekonnt hätte, wäre vielleicht ich es gewesen, und so, für all das: entschuldige, entschuldige, entschuldige.
    Ich bleibe noch einen Moment länger stehen und hoffe, dass das Mädchen meinen Blick spürt, ihn erwidert, aber jetzt kommen auch andere Leute die Treppen hinauf und ihr langsames, stetiges Drängen treibt mich weiter in die Kathedrale. So nehme ich diesen letzten Blick auf Kate mit: die sanften, hellen Locken ihres Haares, der feine Schwung ihrer Wange, nass von stummen Tränen.
    Der Vorraum ist dämmrig und schlecht beleuchtet, bewacht von einem Mann mit
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