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You are Mine

You are Mine

Titel: You are Mine
Autoren: Kirstyn McDermott
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vorlas, dessen Worte für unsere jungen Ohren keine echte Bedeutung haben konnten. Aber ihre Stimme. Diese leicht lispelnden, irischen Rhythmen, die mir so fremd, seltsam und berauschend vorkamen, dass ich unzählig viele Stunden gebannt auf dem Boden des Sonnenzimmers verbrachte. Ich erinnere mich daran, wie fahl ihre Beine waren. Ihre Knöchel waren so weiß, dass sie schon fast blau wirkten. Manchmal legte sie ihre Füße in Madigans Schoß und erlaubte ihr, ihre Fußnägel grellpink oder glitzernd hellgrün zu lackieren.
    Oder rot. Dieses tiefe, luxuriöse Rot, das so schnell und plötzlich in den dicken cremefarbenen Teppich einzog, als ich die kleine Flasche umwarf. Ein dummer Unfall, aber was für einen Schreck bekam ich. Ich war mir sicher, ich würde sofort und für immer verbannt werden. Wie es Katherine amüsiert hatte, das in meinem Gesicht zu lesen. Lächelnd ließ sie sich auf die Knie nieder, um einen Finger durch den klebrigen, blutroten Fleck zu ziehen: Ich glaube, du wirst eines Tages ein berühmter Künstler, Alex. Und dann wird dieses kleine Stück Teppich mehr wert sein als das gesamte Haus.
    Aber wie immer behielt Madigan, die wegen des ausgelaufenen Nagellacks schmollte, das letzte Wort: Lexi kann kein Künstler sein, Mutter. Er ist nur ein dummer kleiner Junge.
    Letztendlich behielt sie recht – obwohl es die gesamte Highschoolzeit und zweieinhalb Jahre Kunstakademie dauerte, bis diese Erkenntnis zu mir durchdrang. Sie schmerzt immer noch, die Wunde, die an diesem furchtbaren letzten Freitag geschlagen wurde. Ich hielt meine neuesten, jämmerlichen Skizzen unter dem Arm, als der Dozent für Aktzeichnungen, ein Neo-Hippie, mich nach dem Kurs zwischen den Staffeleien in eine Ecke trieb: Bishop, auf ein Wort. Aber es war mehr als ein Wort, viel mehr. Du hast kein Talent, Mann, okay? Du hörst die Musik nicht, du siehst die Visionen nicht; du bist kein Künstler und du wirst nie einer sein. Also gib auf, okay? Geh und finde etwas, was du kannst.
    Und was genau sollte das sein?
    Nichts, so schien es, überhaupt nichts. Schichten schieben in Videotheken und kleinen Supermärkten, zu Zeiten, zu denen niemand sonst arbeiten wollte. Genug Geld, um durchzukommen, gerade so, aber mein Leben kaum mehr als eine ziellose Wanderung durchs Niemandsland, bis Madigan wieder darin auftauchte. Madigan, umgeben von Besessenheit und tödlichem Wahnsinn; einem Wahnsinn, den zu sehen ich mir nicht erlaubte, bis er mir mit blutigen Händen vor Augen geführt wurde.
    Diese letzte Nacht, in der das fanatische Glühen ihrer grünen Augen den Kreis schloss, durch die pure Macht des Irrsinns schon fast wieder normal, und ihr lächelnder Mund, der mich selbst heute noch verfolgt, während ihre Lippen unvergessliche Worte formen …
    »Hey, Alex?«
    Joaquin. Ausnahmsweise bin ich fast froh, ihn zu sehen, erleichtert darüber, ins Hier und Jetzt zurückgeholt zu werden, zu der kalten Berührung seiner Finger an meinem Handgelenk. Trotzdem kann ich seinen Namen kaum aussprechen, kann nicht lächeln, kann nicht mal in diese flehenden braunen Augen blicken. Welpenaugen, Disney-Augen, wie Madigan sie nannte, stups, stups, blinzel, blinzel: Er steht ja so auf dich, Lexi, du könntest ihn jederzeit haben. Stattdessen starre ich auf die Kathedrale, deren grün-schwarzer Stein durch den Regen noch trübseliger wirkt. Die Bewegungen der Wolken erwecken den Eindruck, die Türmchen würden sich vor und zurück bewegen, ein so subtiler Prozess, dass es mich einen Moment kostet, es zu bemerken; zu bemerken, wie das gesamte Gebäude langsam in morbidem Stolz anzuschwellen scheint.
    Joaquin nickt in Richtung einer Gruppe von Trauergästen, die sich neben der Treppe zur Kathedrale versammelt haben. Die Marionetten sind geschlossen erschienen und niemand außer Kate dürfte große Schwierigkeiten gehabt haben, etwas zum Anziehen zu finden. Das dünne, blonde Mädchen wirkt ohne ihre gewohnte, psychedelische Kleidung noch blutärmer, während sie etwas um die Schultern festhält, was ein geliehenes schwarzes Schultertuch sein muss. Arme Kate; sie ist die einzige aus der Gruppe, die mir nicht scheißegal ist.
    Joaquin räuspert sich. »Glaubst du, es ist cool, wenn wir reingehen? Wir sind nicht, na ja, eingeladen oder irgendwas.«
    Himmel! Beerdigungsetikette mit Onkel Alex.
    »Ich denke schon. Es ist eine öffentliche Messe.«
    »Jau, das dachten wir auch, so ungefähr.« Lange Finger spielen nervös am Spitzenkragen seines Hemdes. Zumindest
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