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You are Mine

You are Mine

Titel: You are Mine
Autoren: Kirstyn McDermott
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mit auf die Straße genommen; eine ständige Erinnerung daran, was für Folgen es hatte, wenn man jemanden zu nah an sich heranließ.
    Und ich schwöre, gerade als ich diesen Gedanken hatte, schien etwas in mir klick zu machen. Wie lautet das Wort, dass diese Selbsthilfe-Gurus verwenden? Offenbarung? Ja.
    Eine verdammte Erleuchtung.
    Mein Leben glitt vor meinem inneren Auge vorbei: eine Reihe von missglückten Beziehungen (obwohl missglückt das völlig falsche Wort ist, weil es andeutet, dass es einen Versuch gegeben hat, sie glücklich werden zu lassen; vielleicht wäre abgebrochen besser, misslungen, noch vor der Geburt ertränkt); die zur Gewohnheit gewordene Entfremdung von meiner Familie, die ich inzwischen kaum noch sehe außer zu Geburtstagen und Weihnachten; meine sehr wenigen Freunde, die eher eine lose Ansammlung von Bekannten sind, die ich mit jedem neuen Job oder jeder neuen WG gefunden hatte, um sie zu vergessen, sobald ich weiterzog.
    Eine kranke Furcht vor emotionaler Bindung?
    Das war nicht Madigan, das war ich.
    Immer noch zwölf Jahre alt, immer noch in Trauer über den Verlust meiner besten und einzigen echten Freundin und über den Verlust einer Frau, die genauso gut meine Mutter hätte sein können, so sehr, wie ich sie geliebt hatte. Beide wurden mir ohne Vorwarnung oder Erklärung genommen, ohne auch nur die Zeit, sich richtig zu verabschieden. Gut versteckte Wunden, die niemals richtig verheilt waren.
    Natürlich war das ich.
    »Hey, da drüben.« Madigan wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht. »Ich langweile dich doch nicht, oder?«
    »Hmmm, was?« Ich schluckte schwer. Madigan, endlich zurückgekehrt; auf keinen Fall würde ich sie wieder verlieren. »Tut mir leid, ich habe nur … habe nur gerade an etwas gedacht.«
    »Möchtest du auch dem Rest der Klasse davon erzählen?«
    »Ähm … vielleicht später.« Ich rieb mir die Augen und bedeutete ihr, weiterzuerzählen. »Bitte, sprich weiter. Es interessiert mich, ehrlich. Ich bin nur ein wenig müde.«
    »Zeit, nach Hause zu gehen?«
    »Nein«, versicherte ich ihr. »Nicht schläfrig müde, eher … weggetreten müde. Verstehst du?«
    Madigan nickte. »O ja, ich verstehe. Weggetreten müde.«
    »Schlafen kann ich, wenn ich tot bin, richtig? Aber jetzt will ich das hören; ich will von dir hören, was du so getrieben hast. Die Welt zu bereisen, Himmel, das klingt wirklich großartig.«
    »Das war es zu Beginn. Aber dann …« Sie zuckte mit den Achseln und schob mit der Gabel ein Stück Omelette über ihren Teller. »Heutzutage kann die Welt ein sehr enttäuschender Ort sein.«
    So viele enttäuschte Erwartungen, erklärte sie, so viele zerstörte Illusionen. Zum ersten Mal passierte es ihr schon am Anfang ihrer Reise: die großen Steinkreise von Stonehenge und ihr langgehegter Traum, sich auf einem der Monumente auszustrecken, die Wange kühl und ruhig gegen die raue Oberfläche gedrückt, während sie den Sonnenaufgang beobachtet.
    »Aber sie haben jetzt diesen riesigen Zaun darum errichtet – man kann sich den Steinen nicht nähern, außer man bucht eine spezielle Führung, und selbst dann kannst du es vergessen, sie zu berühren, und noch weniger darfst du dich auf einen setzen.«
    Ähnliche Enttäuschungen wurden zur Regel. Wann immer sie Orte aufsuchte, die einst ihre Phantasie beflügelt hatten, stellte sie fest, dass sie bereits verpackt und aufgeteilt waren, eingekapselt und aufbereitet zum Vergnügen von fotoapparattragenden Touristen und gelangweilten Schulkindern. Oder sie waren vollkommen verrammelt, geschützt vor den achtlosen Füßen und den neugierigen Fingern Der Öffentlichkeit – eine Gruppe, in die Madigan eingeschlossen war, egal wie sehr sie flehte und welche Bestechungsversuche sie startete.
    Am Ende war es Berlin, das den größten Eindruck auf sie machte. Es war etwas Authentisches in dieser einst geteilten Stadt; eine rohe Energie und eiserne Entschlossenheit, wieder auf die Beine zu kommen, ihre Identität zu finden, und das alles in einem ständigen Strudel von Wandel und Veränderung. Besonders hatte sie sich in das alte Ostberlin verliebt, wo heruntergekommene Häuser, von Kugeln getroffen und überzogen mit Graffiti im Sowjet-Stil, sich direkt neben massiven Baustellen erhoben, die modernen Kaufhäuser und schicken Apartmentkomplexe der Zukunft. Eine Stadt, die, zumindest für den Moment, genau dieselbe Ausstrahlung von Chaos und Wandel, Zerstörung und Erneuerung hatte, wie sie sie tief in sich
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