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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch
Autoren: Danijela Pilic
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endlich selbst probieren, und zu viel angelesenes Halbwissen über Prana und Shanti würden mich nur wieder davon abbringen. Ich sah mir ein paar Studios (na gut, zwei) an und beschloss, dass wir zu YoYo-Yoga gehen würden. Ich fand den Namen lustig und das Studio sah unprätentiös, nicht zu schrabbelig, nicht zu schick und nicht zu sehr nach Räucherstäbchen aus.
    Die erste Stunde würde also an einem Dienstagvormittag im September stattfinden. (Ich durfte an zwei bis drei Tagen in der Woche von zu Hause aus arbeiten, also wählte ich eine Stunde, die ich für am wenigsten bevölkert hielt. Dienstagvormittag: Je weniger Jünger, desto besser, war meine Devise.) In der Nacht davor träumte ich unruhig: von einer Weizengrasplantage, auf der ich festgehalten wurde und der ich nur entkommen konnte, wenn ich den Hund und den Baum gleichzeitig machen konnte. Am Morgen war ich so aufgeregt wie vor einer Prüfung oder einem ersten Date. Im Ernst: Ich zog mich viermal um. Ich schminkte mich zuerst, schminkte mich ganz ab und schminkte mich dann dezent. Ich zog meine pastellfarbene Yoga-Couture von Stella McCartney an und sah in den Ganzkörperspiegel im Bad. In einem Jahr, dachte ich mir, mich abwechselnd seitlich und frontal betrachtend, würden da anstelle von Wülsten knackige Muskeln sein, und ich drei Zentimeter größer, entspannt bis selig lächelnd. (Was das Lächeln betraf: Als Nächstes müsste ich die Zähne angehen. Dringend.) Mein Telefon piep-piepte, und ich bekam eine SMS von Alev:
    Sorry, Schatz, ich schaff es nicht, wirklich. Komm aus dem Schnitt nicht raus. Geh hin! Xxx
    Typisch. Doch untypischerweise nahm ich das nicht als Entschuldigung dafür, auch nicht hinzugehen. Ich war perfekt Yoga-gestylt, und wer weiß, wann ich das wieder hinkriegen würde. Also atmete ich tief durch, nahm meine schicke neue Matte unter den Arm und ging zum Yoga. Ich war pünktlich – und ich war stolz, dass ich das schon mal hinbekam.
    Das Studio roch doch nach Räucherstäbchen, aber eher Acqua di Parma als »Hippie-Patschuli-Mischung«. Es war eine helle Loft-etage, die es schaffte, einladend zu wirken. Durch eine Schiebetür gelangte man in einen nicht zu großen Saal, in dem beruhigende Musik vor sich hinplingplongte, und ein paar Menschen in engen Klamotten redeten leise miteinander oder lagen auf Matten. Die Lehrerin, bei der ich mich angemeldet hatte, hieß Jana. Sie sah aus wie ein Model, das auf Hawaii lebt und sich von selbst angebauten Bio-Mangos ernährt. Ich erklärte Jana, dass ich ein Bewegungsspastiker sei. Mit den schicken Bewegungen einer Ballerina und einer sanften Stimme antwortete sie: »Schau einfach, was du schaffst.«
    Das klang nicht herablassend, was mich erstaunte. Vielleicht lag es daran, dass ich in dieser ersten Stunde ziemlich viel schaffte. Ich zitterte und schwitzte und keuchte, doch ich kam irgendwie mit. Erstaunlich war das. Jana turnte nicht vor, wie ich es erwartet hatte, sondern redete viel und erklärte, klar und ruhig, und wir taten, so weit die Gehirn-zu-Gliedmaßen-Funktion funktionierte und die Links-rechts-Rate es zuließ, was sie sagte. Das sah von außen betrachtet einfach aus, doch es war natürlich unheimlich anstrengend, denn wir mussten gleichzeitig atmen, Dinge anspannen, die sonst locker sind, und außerdem das linke Bein nach hinten rechts schwingen. Oder so. Doch vieles davon erschien selbst meinem Körper logisch, und er tat es fast gerne. Ich hatte ausgefallene Posen und seltsame Verdrehungen erwartet, doch die einfach aussehenden Veränderungen, die mein Körper vollzog, schienen ihm fremd, hart und angenehm zugleich. Ich würde gerne Aufregendes über die erste Stunde erzählen, aber sie war erstaunlich normal, so, als ob ich das schon immer hätte machen sollen. (Oh Gott, jetzt erkenne ich, da war ich auf einem Yoga-High.) Zu keiner Sekunde versuchte ich mir auszurechnen, wie lange es wohl noch dauern würde. (Na gut, zwei Mal. Es war aber zwecklos, denn man verliert sein Zeitgefühl. Also gab ich es auf und atmete stattdessen lieber weiter.) Ich sah auch nicht zu meinen Nachbarn hinüber, außer um zu erspähen, wie herum noch mal die Arme oder Beine zu drehen waren. Die anderen Anfänger-Yogis interessierten mich nicht – nicht aus Arroganz, sondern bedingt durch den totalen Fokus auf mich selbst. Jana sagte gelegentlich Dinge wie »Raum schaffen«, doch es nervte nicht. Und immer wieder: atmen. Wie schwierig es sein konnte, den Atem zu kontrollieren. Wie wenig man
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