Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
YANKO - Die Geschichte eines Roma

YANKO - Die Geschichte eines Roma

Titel: YANKO - Die Geschichte eines Roma
Autoren: Anžy Heidrun Holderbach
Vom Netzwerk:
ausgeliefert gefühlt. Was sollte jetzt nur aus ihnen werden? Ihre Mutter war eine wunderbare Seiltänzerin. Sie hatte zwar auch viel im Büro gearbeitet, doch das war einfach nicht ihre Herzenssache. Sie liebte das Seil. Was macht eine Seiltänzerin allein mit zwei Kindern ohne Zirkus? Yanko hatte gewusst, dass es den anderen Zirkusunternehmen ähnlich ging, und sie selbst ums Überleben kämpften. Vielleicht konnten Keith und er ja irgendwo arbeiten gehen? Vielleicht in einer Autowerkstatt oder bei der Müllabfuhr. Und er hatte sich vorgestellt wie Keith mit einer Müllzange durch Barcelona ging und Papierschnipsel aufsammelte, und dabei nur mühsam die Tränen verkneifen können.
    Yanko schüttelte das beklemmende Gefühl von sich ab, schwang sich auf das Pferd und galoppierte über die Wiese in Richtung Wald. Es war ein lauer Sommerabend, und die Grillen zirpten und ließen die Luft schwirren. Er fühlte sich ruhig und der Anblick, der durch die Abenddämmerung beleuchteten Berge, erfüllte sein Herz mit Freude.

I n den nächsten Wochen half Yanko Roger einige Male im Pub aus, denn Kim, seine Bedienung, war für einige Zeit verreist. Früher hatte er das öfter mal gemacht, aber in den letzten Jahren in denen er trocken war, hatte er den Pub eher gemieden. Aber wenn er jetzt arbeitete, ging es gut, und er dachte nicht oft daran, vor allem nicht, wenn viel los war und in diesen Wochen war viel Betrieb.
    Ron kam oft und saß mit ein paar Freunden an einem Tisch und trank ein Bier nach dem anderen und blickte immer wieder verstohlen zu Yanko hinüber. Mehrmals stupste ihn ein Freund in die Seite, und sie machten sich über ihn lustig, weil er überhaupt nicht mit den Gedanken hier zu sein schien.
    Yanko beobachtete Ron desöfteren und bemerkte sofort, dass es ihm irgendwie nicht gut ging.
    Eines Abends nahm Yanko ein volles Tablett in die Hand, ging absichtlich an Rons Tisch vorbei und deutete ihm mit dem Kopf zu an die Musikbox zu kommen, die etwas abseits stand. Dort angekommen, sprach ihn Yanko direkt an: „Was ist los mit dir? Bist du überhaupt hier?“ Ron war sichtlich mitgenommen und traute sich nicht Yanko richtig anzuschauen. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist, ich... ach... egal!“ Und schon winkte jemand wieder laut nach Yanko. Ron sah Yanko kurz schüchtern an und setzte sich dann schnell wieder zu den anderen an den Tisch.
    Yanko wunderte sich sehr über Rons Verhalten, denn normalerweise war er eigentlich immer sehr selbstbewusst, lustig und humorvoll. Das Tablett in seiner Hand wurde immer schwerer, und die Geschäftigkeit holte ihn schnell aus seinen Gedanken zurück in den Pub. So beschloss er Ron in den nächsten Tagen nochmal in aller Ruhe darauf anzusprechen.

J enny besuchte Yanko kurz darauf, wie so oft in den letzten zwei Jahren im Blockhaus. Er hatte den Tisch auf der Veranda gedeckt und lecker gekocht. Er kochte gerne, wenn er Zeit hatte und genoss es immer sehr in Ruhe alles vorzubereiten. Kochen beruhigte ihn, und er konnte dabei meistens gut abschalten. Sein Bruder Keith konnte das allerdings überhaupt nicht verstehen, und er belächelte ihn deswegen oft, obwohl er zugeben musste, dass Yanko wirklich sehr gut kochen konnte, aber für ihn war das keine Arbeit für einen Romamann. Yanko sah das anders.
    Yanko hatte sich auf Jennys Besuch sehr gefreut, obwohl es in letzter Zeit oft nicht einfach war zwischen ihnen, denn sie würde gerne mit ihm nach L.A. gehen, aber er will nicht von Sheddy weg. Er konnte Jenny nicht so ganz verstehen, denn ihr wurde eine tolle Stelle als Ärztin in einem Universitätskrankenhaus angeboten, und das wäre die Chance für eine tolle Karriere, aber sie wollte partout nicht ohne ihn gehen, und so schwang dieses Thema seit Wochen immer irgendwie mit wenn sie sich trafen, so auch heute.
    Während sie aßen, erzählten sie sich ein paar Witze und mussten dabei sehr lachen, doch es wurde deswegen nicht wirklich unbeschwerter. Nach dem Essen schauten sie sich lange schweigend und verliebt an. Yanko nahm ihre Hand und streichelte ihr sanft über ihre Wange. „Schön, dass du gekommen bist!“ Jenny lächelte ihn an und nahm seine Freude zum Anlass nochmal das heikle Thema auf den Tisch zu bringen. „Ich habe dich so vermisst!... Deswegen werde ich auch nicht nach Los Angeles gehen! Ich halte das nicht so lange ohne dich aus!“ Yanko seufzte und versuchte es zum hundertsten Mal mit Engelszungen. „Aber hier bekommst du nicht diese tolle Möglichkeit, hier
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher