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YANKO - Die Geschichte eines Roma

YANKO - Die Geschichte eines Roma

Titel: YANKO - Die Geschichte eines Roma
Autoren: Anžy Heidrun Holderbach
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ganze Weile so da und habe einfach nur dieses wundervolle Gefühl genossen. Ich hatte niemanden kommen hören und doch musste da ja jemand sein. Dann spürte und hörte ich auf einmal ein paar Schritte näher kommen und auf einmal stand eine junge Frau neben mir und sagte einfach: „Sei nicht so traurig, das tut mir auch weh, obwohl ich dich noch nie gesehen habe.“ Ich schaute sie an und nahm einfach ihre Hand, wie wenn ich nie eine andere genommen hätte und sagte ihr, dass ich nicht mehr traurig sei, und dass jetzt alles gut wäre. Und so war es auch, und von diesem Tag an waren wir zusammen. Alles war auf einmal leicht und unbeschwert geworden.
    Wir liebten uns ohne Ende.
    Nach einem Jahr kauften wir uns dann zwei Flugtickets und zogen zu meinen Verwandten in die USA - nach Sheddy - nach Hause.
    Wir waren absolut glücklich zusammen. Sie konnte so wunderbar unbeschwert sein. Sie hatte es verstanden, sich von den alten, familiären und einengenden, irischen Fesseln zu befreien.
    Fam war ein Teil von mir. Nichts wurde langweilig, oder hätte mich von ihr wegbringen können. Keine Macht der Welt würde mich von ihr trennen können, so dachte und fühlte ich. Es war noch nicht einmal ein Gedanke, es war einfach klar. Es gab keine andere Frau, keinen anderen Menschen für mich, mit dem ich leben wollte, und durch den ichlebte. Es gab bis jetzt keine andere Frau, mit der ich auch nur annähernd so intensiv zusammen war. Sie zu spüren und zu...
    Ich finde keine Worte dafür, vielleicht später.
    Es ist verdammt anstrengend mich daran zu erinnern, was wann und wo damals überhaupt geschah und was mit mir gewesen ist. Ich habe vier Jahre lang überhaupt niemandem erzählen können, wie Fam gestorben ist. Ich habe, so wie mein Onkel John und mein bester Freund Ron behaupten, drei Monate lang überhaupt nicht gesprochen, kein Wort über nichts und niemanden.
    Sie ist bei einer unserer Bergwanderungen tödlich verunglückt.
    Ich kann mich nur noch ganz dunkel an diese Zeit erinnern, denn von da ab weiß ich nicht mehr viel. Als ich danach wieder zurück in Sheddy war, bin ich sofort in den Pub gegangen und habe mich voll laufen lassen. Ich habe so gezittert, dass ich kaum trinken konnte. In dieser Zeit habe ich nichts anderes getan, als dazusitzen und zu trinken. Ich habe nichts mehr gefühlt, ich war total leer. Ich habe kaum etwas essen können. Irgendwann, das weiß ich wieder, kam John und hat mir eine saftige Ohrfeige gegeben und mich angeschrien, ob ich noch ganz dicht sei, was das solle, und ob ich mich nicht lieber gleich erschießen wolle, das würde schneller gehen. Er hatte mich gepackt und mich von der Bank, auf der ich saß, hochgerissen. Da stand ich dann vor ihm und mir war alles so egal...
    Yanko unterbrach sein Schreiben und lehnte sich seufzend zurück. Gedankenversunken zündete er sich langsam eine Zigarette an und sah deutlich die Szenerie von damals vor sich. Kurz zögerte er, ob er den Film wirklich im Inneren ablaufen lassen sollte, denn der plötzliche und heftige Stich in seinem Herzen forderte all seinen Mut heraus, denn er ließ ihn spüren, wie müde er sich von all dem fühlte.
    Die Welle ließ sich jedoch nicht mehr aufhalten.

D amals saß Yanko im OLD RAILWAY allein an einem kleinen Tisch. Vor ihm stand eine leere Flasche Whisky und ein noch volles Glas daneben. Er starrte stumm und mit leerem Blick vor sich hin.
    Da betrat sein Onkel John den Pub. Er erblickte Yanko, so wie er ihn schon seit Wochen jeden Tag hier gesehen hatte, grau und leblos aus einem Glas Whisky trinkend. John konnte ihn gut verstehen, wusste er doch, wie sehr Yanko Fam geliebt hatte, und dass er durch den Unfall in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen war. Oft fühlte sich John auch hilflos, weil er ihm gerne helfen mochte, aber nicht wusste wie. Alle Versuche prallten an Yanko ab. Es schien keine Tür zu geben, durch die man in dieser Zeit an ihn herankommen konnte.
    In einem Anflug von Resignation wollte sich John schon wieder umdrehen und den Pub verlassen, als ihn plötzlich die Wut packte. Er konnte regelrecht spüren, wie sie unaufhaltsam in ihm aufstieg und sich ihren Weg bahnte. Es brauchte lange, um ihn aus der Fassung zu bringen, aber dann gab es kein Zurück mehr. John ging rasch und wild entschlossen, diese Mauer des Schweigens endlich zu durchbrechen, auf Yanko zu. Er packte ihn und riss ihn hoch und war geschockt, wie Yanko da so schwankend vor ihm stand und ihn leblos anstarrte. Doch John ließ nicht
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