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Xperten 1.2 - Der Mindcaller

Xperten 1.2 - Der Mindcaller

Titel: Xperten 1.2 - Der Mindcaller
Autoren: Hermann Maurer
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betrachtet, an denen noch große Brocken glänzenden Lehms zu sehen sind. Der Lehm ist glatt, mit blauen Streifen, ohne Verunreinigungen, so wie ihn die Maoris in einem Marae für das Brennen von Gefäßen verwenden.
    [2] Farnbäume und Varianten wie die »Cabbage Trees« und die Nikau-Palme bestimmen das Bild des niedrigen Waldes in den Waitakeres, jenes zerklüfteten Mittelgebirgsgebietes nahe Auckland in dem der größte Teil dieses Romans handelt.
    [3] Auch unter Nikau-Palme bekannt.
    [4] Neben den verschiedenen Varianten von Farnbäumen ist der Kauribaum wohl der typischte aller neuseeländischer Bäume. Er wird so alt und groß wie die roten Zedern in Kalifornien und zeichnet sich durch sein knotenloses Holz (die Äste sitzen sehr hoch) und seinen zylindrischen Stamm (der sich also nach oben hin kaum verjüngt!) aus, was diese Bäume durch Aushöhlung zum Bau von Einbäumen und Booten prädestiniert.
    Im Lehm glitzert etwas, das wie eine Glasscherbe aussieht. Aroha ist entsetzt: ‚Abfall, hier an dieser Stelle? Undenkbar!‘ Sie kniet nieder, beachtet nicht wie Hose und Hände anfangen, sich immer weniger von der Farbe des Lehms zu unterscheiden. Um zu dem glitzernden Stück zu kommen, muss Aroha unter einigen der abgerissenen Wurzeln durch, bekommt Erde in die Haare und ins Gesicht, rutscht mehrmals gefährlich tief zum Bach hinunter, kämpft sich wieder hoch, bis sie endlich das, was wie eine Scherbe aussieht, in der Hand hält. Sie entfernt so viel Lehm von dem Ding wie möglich und hält es dann in die Höhe, wo ein Lichtstrahl die Baumdecke durchbricht. Was sie in der Hand hält, hat die Gestalt eines Fischhakens.
    ‚Es ist eine Art Schnitzerei. Die Form ist typisch für Kunstwerke aus der ganz frühen Zeit... dieses scheint eines zu sein, die Form ist schön. Und vielleicht habe ich etwas Altes, ganz Altes, gefunden‘.
    Aroha wäscht die Schnitzerei sorgfältig. Dann sucht sie sich einen bequemen Baumstamm, wo sie sich hinsetzen kann und betrachtet das schöne gefundene Stück. Von ihrem Vater, einem Naturwissenschaftler, weiß sie, dass es aus Obsidian 5 sein muss, einem schwarzen, fast glasähnlichen Stein vulkanischen Ursprungs. Sie verfolgt die Ränder vorsichtig mit einem Finger. Eine Seite hat eine eigenwillige geometrische Form, auf der Rückseite ist ein Muster von grauen Punkten sichtbar. Aroha merkt, dass sie aufgeregt wird. ‚Was ist los mit mir? Werde jetzt nicht verrückt‘, sagte sie sich selbst ‚du hast eine zu lebhafte Einbildung.‘

    [5] Obsidian wird auch »Feuerkiesel« genannt.
    Aroha kann noch nicht wissen, dass sie einen ‚Mindcaller‘ gefunden hat, genauer gesagt, die Hälfte eines ‚Mindcallers‘. Aber selbst wenn sie es wüsste, noch könnte sie zu diesem Zeitpunkt mit dem Begriff nichts anfangen. Dennoch, Aroha weiß, ohne zu wissen warum sie es weiß, von Legenden über Lebewesen in grauer Vorzeit, die manchen Zauber in Schnitzereien aus Obsidian eingewoben haben.
    Aroha bewundert die glatten und schönen Formen der Schnitzerei, die nur an einer Stelle kantig sind, weil hier offenbar ein Stück fehlt. Sie fragt sich, wer ihr mehr über ihren Fund erzählen könnte.
    Sie schließt die Augen und zuckt zusammen. Sie »sieht« plötzlich die Spur eines Lächelns, ohne aber ein Gesicht ausmachen zu können. Verwirrt öffnet sie die Augen. Das gerade Erlebte war so eigentümlich, dass sie es nicht fassen kann. Wie kann sie mit geschlossen Augen etwas »sehen«? Zögernd schließt sie nochmals die Augen. Da ist es wieder, diesmal noch intensiver!
    Schwarze Augen. Mit einer Andeutung von Sehnsucht.
    Augen, die sie zu rufen scheinen !
    Noch nie hat Aroha etwas in ihrer Vorstellung mit solcher Klarheit und Schärfe gesehen. Aber was sie noch mehr verblüfft, ist, dass sie, ohne ein Gesicht »gesehen« zu haben, doch sofort weiß, wem das Lächeln und die Augen gehören: ihrer Großmutter, der weisen Kepa! Wie ist das möglich, nachdem sie das Dorf und ihre Großmutter schon seit vielen Jahren nicht mehr besucht hat?
    Aroha sitzt lange stumm da und blickt immer wieder die Schnitzerei an. Seit vielen Jahren zum ersten Mal denkt sie fast wie in einem Gebet an Ranginui (Vater Himmel) und Papatuanuku (Mutter Erde). Klarer und deutlicher als je zuvor kann sie manche Maori-Mythen empfinden und verstehen, dass es die Liebe war, die Himmel und Erde erschuf. Maori-Worte und Maori-Namen, die und deren Bedeutung sie seit langem vergessen hat, fluten ungebeten in ihren Kopf, nicht als
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