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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring
Autoren: Stephen Baxter
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sich dahinter befinden mochte, sondern vor dem Versagen. »Das ist doch lächerlich, Lieserl. Wie stellst du dir das denn vor? Bin ich vielleicht ein Klammeraffe?«
    Lieserl lachte. »Ja, tut mir leid, Seilspinnerin. Wir machen das aus dem Stegreif, weißt du…«
    »Ich schaffe das nicht.«
    »Ich weiß, daß du es kannst«, konterte Lieserl ruhig.
    »Woher willst du das denn wissen?«
    Lieserl schwieg für einen bedeutungsschwangeren Moment. »Weil du über Hilfe verfügst«, sagte sie dann. »Nicht wahr, Seilspinnerin?«
    Und Seilspinnerin fühlte, wie sich Michael Pooles warme Hände erneut auf die ihren legten, kraftvoll und beruhigend.
    Die Schwingen des Diskontinuitäten-Antriebs entfalteten sich hinter der Masse der Lebenskuppel, mächtig und elegant.
    »Wenn es ein Trost für dich ist, Seilspinnerin, wir werden ein spektakuläres Bild abgeben, wenn wir in die Ebene eintauchen«, versprach Lieserl. »Wir werden unsere kinetische Kerr-Energie in einer einzigen Explosion von Gravitationswellen abgeben…«
    Die Singularitätenebene wurde größer; sie war eine Scheibe, in der Sternenlicht waberte, und sie öffnete ’ sich wie ein Mund.
    »Michael, wird es auch in diesem neuen Universum Photino-Vögel geben?«
    Ich weiß es nicht, Seilspinnerin.
    »Ich will, daß du mit mir kommst.«
    Ich kann nicht. Es tut mir leid. Die Quantenfunktionen, auf denen meine Existenz basiert, würden bei der Durchquerung der Singularitätenebene zerfallen.
    »Wird es dort Xeelee geben?«
    Ich weiß es nicht.
    Die eleganten ’fighter der Xeelee wirbelten mit Schlägen der nachtschwarzen Schwingen um ihren Käfig. Sie füllten den Raum bis in die Unendlichkeit aus, triumphierten hier im Zentrum ihrer finalen Niederlage. Die Ebene der Singularität lag als Meer aus silbernem Licht unter ihr.
    Der Werkstoff des Käfigs und der Flügel begann wie in Weißglut zu glühen.
    Michael Poole wandte sich ihr zu und nickte leicht. Der Werkstoff schien durch sein transparentes Gesicht. In ihren Augen sah es aus wie eine Skulptur aus Licht. Er öffnete den Mund, als ob er ihr wieder etwas sagen wollte, aber sie konnte ihn nicht mehr hören; und dann umgab ihn das Licht von allen Seiten und hüllte ihn ein.
    Und nun, plötzlich, dramatisch, war die Singularität da. Ihr Rand explodierte nach außen, um sie herum, und sie fiel hilflos in ein Meer aus verschwommenem Sternenlicht.
    Sie krümmte sich und preßte die Hände auf die Brust; die abgeschliffene Pfeilspitze grub sich in die Haut, ein winziger Punkt menschlichen Schmerzes.

33

    DIE LEBENSKUPPEL WURDE in Dunkelheit getaucht.
    Die Geräusche des Dschungels unter Louise erstarben, als ob die Nacht plötzlich hereingebrochen wäre… oder als ob eine Sonnenfinsternis eingetreten wäre.
    Die Lebenskuppel stöhnte heftig; sie vermittelte das Gefühl, im Brustkorb eines großen, leidenden Tieres eingeschlossen zu sein. Das war die Belastung gewesen, die auf die Hülle einwirkte: Der Vorzeichenwechsel, als das Schiff die Singularitätenebene durchstoßen hatte.
    Wir haben also einen neuen Kosmos betreten. Ist es vorbei? Louise fühlte sich wie ein Tier, hilflos und nackt unter einem stürmischen Himmel.
    Lieserl hatte davon gesprochen, daß die gesamte Menschheitsgeschichte durch diesen einen, instabilen Moment gepreßt würde. Wenn das stimmte, dann wäre vielleicht, bevor sie noch die Zeit fand, ein paar Atemzüge zu tun, ihr eigenes Leben – und die lange, blutige Geschichte der Menschheit – vorbei.
    … und dennoch sah Louise, daß der Himmel hinter der Kuppel nicht völlig dunkel war. Er zeigte einen Grauschleier: Flüchtig, fast nicht zu sehen. Als sie zu diesem farblosen Dunkel hochschaute, glich es einem Blick auf die Äderchen, die sie mit geschlossenen Augen sah; sie verspürte ein beunruhigendes Gefühl der Irrealität, als ob ihr Körper – und die Northern samt ihrer unglücklichen Besatzung – plötzlich in einer grotesken Vergrößerung ihres Kopfes eingeschlossen wäre.
    Ein Reiben ertönte, als ob ein Streichholz angezündet würde. Louise schrie auf.
    Marks Gesicht, das von einer flackernden Flamme dramatisch beleuchtet wurde, schälte sich aus der Finsternis. Lieserl lachte.
    »Teufel«, sagte Louise echauffiert. »Mark, selbst zu einem solchen Zeitpunkt kannst du nicht auf eine Showeinlage verzichten, was?«
    »’tschuldigung«, sagte er mit einem jungenhaften Grinsen. »Nun, die gute Nachricht ist, daß wir noch am Leben sind. Und«, etwas zögerlicher, »ich kann keine
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