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Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit

Titel: Xeelee 2: Das Geflecht der Unendlichkeit
Autoren: Stephen Baxter
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sag’s dir, wenn du es hören willst. Ich bereite Kometenmaterie als Nahrung und Sauerstoffquelle auf; es gibt reichlich kohlenhydrathaltige Substanz und im Eis eingeschlossenen Stickstoff; und ich…«
    »Dann bist du also ein High-Tech-Eremit. Wie dein Schiff. Ein Einsiedlerkrebs, der am Rand des Sonnensystems herumkrabbelt, so weit entfernt von zu Hause, daß er nicht einmal mit anderen Menschen reden kann. Richtig?«
    »Ich habe meine Gründe«, sagte Michael, wobei er versuchte, jeden Anflug einer Rechtfertigung zu vermeiden. »Schau, Harry, das ist mein Job. Ich untersuche Quark-Nuggets…«
    Harry öffnete den Mund; dann bekam er für einen Moment einen verschwommenen Blick, als ob er in seinem Innern nach etwas suchen würde, das schon lange verloren war. Schließlich sagte er mit einem dünnen Lächeln: »Ich habe sicher mal gewußt, was das bedeutet.«
    Michael schnaubte gereizt. »Nuggets sind quasi komplexe Nukleonen…«
    Harrys Lächeln wurde zusehends gequälter. »Mach weiter.«
    Michael leierte seinen Vortrag herunter, ohne seinem Vater dazu Erklärungen geben zu wollen.
    Nukleonen, Protonen und Neutronen sind aus Quark-Kombinationen entstanden. Unter extremen Druckverhältnissen – im Zentrum eines Neutronensterns oder während des Urknalls selbst – konnten sich komplexere Strukturen bilden. Ein Quark-Nugget, ein Monster unter den Nukleonen, konnte eine Masse von einer Tonne und einen Durchmesser von einem Vierzigstel Millimeter aufweisen…
    Die meisten während des Urknalls entstandenen Nuggets sind bereits zerfallen. Aber einige existieren noch.
    »Und deswegen mußt du hier draußen leben?«
    »Das Sonnensystem wird dann zum erstenmal von der Existenz eines Nuggets erfahren, wenn es in die Atmosphäre eines Planeten eindringt und seine Energie in Gestalt eines exotischen Teilchenregens abgibt. Ja, man kann auch daraus etwas lernen – aber es ist im Grunde nur so, als ob man Schatten an der Wand beobachten würde. Ich will aber die Originalpartikel untersuchen. Und deshalb bin ich so weit nach draußen ausgewichen. Verdammt, es befinden sich nur ungefähr hundert Menschen in einem noch größeren Abstand von der Sonne, und die meisten von ihnen sind Lichtjahre entfernt, in Raumschiffen wie der Cauchy, und trödeln mit annähernd Lichtgeschwindigkeit Gott weiß wo herum. Harry, ein Quark-Nugget erzeugt im interstellaren Medium eine Sinusschwingung. Wie ein Regen hochenergetischer Partikel, der bei seinem Zerfall von ihm emittiert wird. Diese Schwingung ist zwar schwach, aber meine Detektoren können sie nachweisen, und – vielleicht in einem von zehn Versuchen – kann ich eine Sonde losschicken, um das Nugget selbst einzufangen.«
    Harry rieb sich am Mundwinkel – eine Geste, die Michael fatal an den schmächtigen Achtzigjährigen erinnerte, der jetzt für immer Vergangenheit war. »Entzückend«, meinte Harry. »Und was soll das Ganze?«
    Michael schluckte eine patzige Antwort hinunter. »Das nennt man Grundlagenforschung«, dozierte er. »Etwas, das die Menschen schon seit Jahrtausenden tun…«
    »Erklär’s mir bitte«, ersuchte Harry ihn milde.
    »Weil Quark-Nuggets Materiekonfigurationen im Extremzustand darstellen. Einige können sich fast mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, so daß sie aufgrund der Zeitdilatation kaum eine Million Relativjahre nach Verlassen der Singularität selbst von meinen Sensoren erfaßt werden.«
    »Ich schätze, daß ich beeindruckt bin.« Harry nippte an seinem Brandy, wandte sich um und schwebte leichtfüßig über den transparenten Boden, wobei er keine Anzeichen von Schwindel oder Unsicherheit zeigte. Er kam zu einem Metallstuhl, setzte sich darauf und schlug gemütlich die Beine übereinander, ohne von der Schwerelosigkeit beeinträchtigt zu werden. Diesmal war die Illusion überzeugend; es gab fast keine Lücke zwischen den Schenkeln der Projektion und der Sitzfläche des Stuhls. »Ich war immer beeindruckt davon, was du geleistet hast. Du und Miriam Berg natürlich. Ich bin sicher, daß du das wußtest, auch wenn ich es nicht allzu oft gesagt habe.«
    »Nein, hast du nicht.«
    »Sogar vor einem Jahrhundert warst du die Autorität auf dem Gebiet der exotischen Materie. Stimmt’s? Deshalb gaben sie dir auch so viel Verantwortung für das Projekt ›Interface‹.«
    »Danke für die Streicheleinheiten.« Michael sah in die himmelblaue Leere der Augen seines Vaters. »Bist du gekommen, um darüber zu sprechen? Womit haben sie deinen Kopf aufgefüllt,
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