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Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sebastian Thiel
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überflutete die Gänge, jeder seine Schritte war schwer, jede Faser seines Körpers schrie, seine Lungen brannten vor Anstrengung. Mehrmals meinte er, das Gleichgewicht zu verlieren, fing sich gerade noch ächzend. Trotzdem gelang es ihm, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Wie leblos hingen Rohns Gliedmaßen zu Boden, als Nikolas mit letzter Kraft die Treppe hochstieg. Claire war schon oben und schoss auf einen herannahenden Soldaten. Mit einem Schrei, der tief aus seinem Inneren kam, wuchtete Nikolas Rohn auf die Rückbank des Kübelwagens. Die nassen Finger fühlten seinen Puls. Er lebte, zumindest gerade noch. Seine Atmung war flach, der Herzschlag schwach. Dieser Mann war nicht totzukriegen, dachte Nikolas anerkennend.
    Zwischen Sirenengeschrei, Motorendröhnen und Acht-Achterdonner flackerte das Bürogebäude der IG Farben hell auf und warf seinen Schein auf das naheliegende Wäldchen. Schwer atmend half Nikolas Claire auf den Beifahrersitz. Es schien, als wäre nun gar kein Blut mehr in ihrem Gesicht. Ihr Blick wurde glasig, leicht verdrehte sie die Augen, während sich beim Sprechen ihre Lippen kaum bewegten.
    »Die Bombe ist platziert und wird alles zerstören?«, hauchte sie ohne Stimme und mit starkem französischem Akzent.
    »Claire, Varusbach hat einen Zylinder an sich genommen. Weißt du, wo er ist?«
    »Geflüchtet.« Sie zeigte auf einen Flachbau, der sich in das Dickicht schmiegte. Sofort setzte Nikolas sich in den Wagen und gab Gas. Er kannte diesen Bau. Bei seinem ersten Besuch war von diesem Gebäude dieser bestialische Gestank ausgegangen. Marek hatte es als das Haus der Schreie beschrieben, in dem unmenschliche Dinge vor sich gingen. Einen Moment ließ er sich Zeit und betrachtete die Sterne, die wie warnende Monumente am Himmel standen. Der Rhein zu ihrer Rechten lag ruhig und auch die Lager der Zwangsarbeiter schienen von dem Bombenhagel verschont geblieben. Was musste das für ein Gefühl sein, wenn die Schreie durch die Nacht hallten. Nikolas parkte das Fahrzeug. Als er aussteigen wollte, griff Claire nach seiner Hand. Sie zitterte, lehnte entkräftet in dem Sitz.
    »Du musst ihn aufhalten, Nikolas. Die Probe muss zerstört werden, sonst sind viele umsonst gestorben, sonst werden noch so viele sterben.«
    Sie hatte feuchte Augen, ihre Stimme bebte, sie konnte kaum mehr ein Schluchzen zurückhalten. Nikolas lächelte wortlos, hielt mit beiden Händen ihr Gesicht.
    »Ich verspreche es.« Zärtlich legte er seine Lippen auf die ihren.
    Sie waren kalt, leblos. Noch einem Moment ruhte sein Blick auf Claire, dann drehte er sich um und lud die Pistole seines Vaters durch.
     
    Rötliche Notbeleuchtung flackerte unruhig im Raum. Die Luft roch alt, abgestanden, etwas modrig. Mit unsicheren Schritten bewegte Nikolas sich im Flachbau. Selbst bis hierhin drangen die Vibrationen der Bomben. Immer wieder wurden Aktenordner umgeworfen, lose Kabel klatschten gegen die Wände, wenn das Gebäude erneut erschüttert wurde. Mit gezogener Waffe suchte Nikolas sich einen Weg zwischen umgekippten Schreibtischen. Als er bereits mitten im Gebäude war, krachte es hinter ihm. Der Schweiß stand ihm selbst bei der Kälte auf der Stirn, als er sich in Richtung des Geräuschs drehte und einmal feuerte. Der Schuss halte noch lange wider, als Nikolas erkannte, dass eine Schreibmaschine sich aus dem Regal gelöst hatte und scheppernd zu Boden gefallen war. Plötzlich erklangen aus der Tiefe des Raums Schritte. Instinktiv duckte er sich, ging auf die Ecke zu, von der er meinte, die Geräusche vernommen zu haben. Das Schild an der Decke wies dies als den Weg zum Labor aus. Vorsichtig spähte er um die Ecke. Gerade noch rechtzeitig zog er seinen Kopf zurück, als die Projektile einschlugen und von der grauen Betonwand kleine Splitter und Staub lösten. Für einen Herzschlag hatte er Varusbachs Gesicht gesehen und was noch viel schlimmer war, in seiner Hand hatte ein metallischer Zylinder geblitzt. Wenn nur eine Probe nach Berlin gebracht würde …
    »Geben Sie es auf, Brandenburg!«, ertönte Varusbachs Stimme. »Der Keller ist bombensicher, man kann ihn sogar hermetisch abriegeln. Es ist vorbei! Flüchten Sie, solange Sie noch können, und verkriechen Sie sich, bis der Krieg vorbei ist.«
    Nikolas rührte sich nicht. Abwartend lehnte er mit dem Rücken an der Wand. Dann noch ein kurzer Blick. Varusbach war die Treppe zum Labor hinuntergestürzt. Nikolas konnte sogar ein paar Flüche vernehmen. Vorsichtig näherte er
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