Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wunderwaffe: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sebastian Thiel
Vom Netzwerk:
der Realität.
    »Ist es erledigt?«, stammelte sie mit halb geöffneten Augen.
    Er fuhr mit den Fingerspitzen über ihre Wangen. Lächelte, als er ihre Stimme hörte. »Es ist vorbei.«
    Ihre Mundwinkel zogen sich hauchzart nach oben, dann schloss sie die Augen. Sie verzog ihr Gesicht voller Schmerz, ihre Hände lagen schlaff in ihrem Schoß. »Mir ist so kalt, Nikolas. Und ich will Schokolade.«
    Er prustete leise, streichelte über ihr Haar. »Wenn wir wieder in Paris sind, bekommst du so viel Schokolade, wie du essen kannst. Nur schlaf nicht ein, bitte!« Nikolas drehte den Schlüssel und der Motor heulte auf. »Ich bring uns hier raus.«
    Die dumpfe Explosion des Bürogebäudes ließ ihn aufblicken, während Claire anscheinend selbst dafür keine Kraft mehr hatte. Die abgeworfenen Sprengkörper hatten aus dem gläsernen Prestigepalast der IG Farben ein Schutthaufen gemacht. Doch nun war auch das Untergeschoss zerstört, und damit alle Proben und Aufzeichnungen, dessen war er sich sicher. Während die Glassplitter durch die Luft flogen und in der Nacht wie Eisregen funkelten, fuhr er an. Ein kurzer Blick nach hinten und ein hastiges Fühlen des Pulses mussten genügen, um sich zu vergewissern, dass Rohn noch am Leben war. Er würde dafür sorgen, dass es auch so blieb.
    Nikolas ließ den Wagen über einen kleinen Hügel schießen, raste vom nassen Gras auf eine asphaltierte Straße. Vor ihnen lagen zerstörte Lagerhallen. Beißender Geruch nach Verbranntem erfüllte die Luft, sodass er mehrmals trocken husten musste. Seine Augen begannen zu tränen, schmerzten stechend in der qualmenden Wolke. Endlich konnte er die Ausfahrt erkennen.
    Das Nebentor des Werkes war zerstört. Er musste das Tempo drosseln, um über die Trümmerteile zu fahren. Doch dann hatte er es geschafft. Nur noch weg, nur noch weg von hier …
    Ohne sich umzusehen, gab er Gas. Erst als er den Truppentransporter am Wegesrand entdeckte, erlaubte er sich umzublicken. Niemand war ihnen gefolgt. Auch die Detonationen verebbten langsam.
    »Wir nehmen meinen Wagen, das ist unauffälliger«, sagte er zu Claire und machte sich daran, Rohn aus dem Fahrzeug zu schleifen. Nur mit größter Mühe konnte er den Feldwebel grob auf die Rückbank hieven. Dann eilte er zu Claire. Mit schmerzverzerrtem Gesicht tippelte sie auf den Opel zu. Als er ihr behutsam auf den Beifahrersitz half und die Tür zuschlagen wollte, hob sie die Hand.
    »Un moment. Meine Tasche.« Sie zeigte mit zitternden Fingern auf den Transporter.
    »Dafür ist jetzt keine Zeit, Claire. Gleich wird es hier nur so von Soldaten wimmeln.«
    »Es ist wichtig, Nikolas. Wichtig für uns alle, bitte.«
    Er kniff die Augen zusammen, warf die Tür zu und stieg in das graue Truppenfahrzeug. Mit roher Gewalt schlug er mehrmals gegen die Lampe, ehe sie anging. Claires Tasche fand er sofort, doch als er seine abgelegte Kleidung entdeckte, hielt er inne. Wie ein Beweis für seine Vergangenheit lag diese fein säuberlich gefaltet auf dem Boden. Für einen Moment war er versucht, sie zu berühren. Doch er widerstand, spürte nur die Kälte an seinem Kopf. Lediglich den ausgefransten Hut, das Geschenk seines Vaters, wollte er nicht zurücklassen und er setzte ihn auf.
    Wieder im Auto legte er die Tasche auf Claires Schoß ab. Ihr Blick ging nach draußen, in die Dunkelheit des Waldes. »Ich habe viele Männer verloren. Viele sind gestorben.« Sie klang traurig, kraftlos.
    »Ihr habt es geschafft«, entgegnete Nikolas und startete den Wagen. Dann berührte er ihre Wange.
    Langsam sah sie ihn an. »Du hast es geschafft.« Claire nickte unter Tränen. »Nicht ohne dich.«
    Obwohl es ihr Schmerzen bereite, lehnte sie sich zu ihm, fasste ihn am Hinterkopf. Nach einem Moment des Zögerns küsste sie ihn schließlich. »Danke, Nikolas.«
    Ihre Hand in seinem Nacken war kalt, genau wie ihre Lippen. Doch selbst wenn er durch ihre Berührungen sofort erfroren wäre, so wollte er doch nichts anderes, als sie zu küssen.
    »Wo fährst du hin?«, fragte sie leise.
    »Ihr beide braucht einen Arzt, ich kenne zufällig einen.« Dabei lächelte er spitzbübisch. »Danach zum Haus am See, dort könnt ihr euch ausruhen.«
    Erleichtert lehnte sie sich zurück. »Das hört sich gut an.«
    Noch einmal sah er sich um, dann setzte er den Wagen zurück. Im Rückspiegel bauten sich Rauchwolken auf. Das ganze Werk schien zu brennen.
    Manche Menschen sterben ohne Grund. Einfach so. Du warst keiner davon, Erik. Du hast es gewusst, alter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher