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Wunder

Wunder

Titel: Wunder
Autoren: R.J. Palacio
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worden.«
    »Mann, Julian«, sagte Jack. »Halt einfach die Klappe.«
    »Halt doch selber die Klappe!«, schnauzte ihn Julian an.
    »Komm schon, August«, sagte Jack. »Jetzt lass uns endlich in die Bibliothek gehen.«
    Ich ging hinter Jack her zum Ausgang. Er hielt mir die Doppeltür auf, und als ich an ihm vorbeikam, schaute er mir direkt ins Gesicht, fast als würde er mich auffordern, ihn anzuschauen, und das tat ich auch. Dann musste ich tatsächlich lächeln. Ich weiß auch nicht. Manchmal, wenn ich das Gefühl habe, gleich losheulen zu müssen, kommt es mir mit einem Mal so vor, als müsste ich beinahe lachen. Und genau das Gefühl muss ich in dem Moment wohl gehabt haben, denn ich lächelte so breit, als würde ich gleich loskichern. Aber weil mein Gesicht eben so ist, wie es ist, verstehen die Leute, die mich nicht gut kennen, oft nicht, dass ich lächle. Mein Mund hebt sich nicht an wie die Münder von anderen Leuten. Er zieht sich bloß in die Länge. Aber irgendwie kapierte Jack Will, dass ich ihn anlächelte. Und er lächelte zurück.
    »Julian ist ein Vollidiot«, flüsterte er, bevor Julian und Charlotte uns erreicht hatten. »Aber, Mann, du musst auch echt mal reden.« Er sagte das ernst, als versuche er, mir zu helfen. Ich nickte, als Julian und Charlotte bei uns ankamen. Wir waren für eine Sekunde still, nickten alle irgendwie nur und schauten zu Boden. Dann blickte ich zu Julian auf.
    »Es heißt übrigens aller Wahrscheinlichkeit nach «, sagte ich.
    »Was soll’n das heißen?«
    »Du hast vorhin unter aller Wahrscheinlichkeit gesagt«, sagte ich.
    »Hab ich nicht!«
    »Doch hast du.« Charlotte nickte. »Du hast gesagt, dass Naturwissenschaft unter aller Wahrscheinlichkeit am schwersten ist. Ich hab’s gehört.«
    »Hab ich gar nicht«, hielt er dagegen.
    »Ist ja egal«, sagte Jack. »Jetzt lasst uns halt gehen.«
    »Ja, gehen wir«, stimmte Charlotte zu und folgte Jack zur Treppe. Ich wollte hinterhergehen, aber Julian schnitt mir den Weg ab, sodass ich stolpern musste.
    »Ups, das tut mir jetzt aber leid«, sagte Julian.
    Doch an der Art, wie er mich anschaute, konnte ich erkennen, dass es ihm überhaupt nicht leidtat.

Das Signal
     
    Mom und Mr. Pomann unterhielten sich, als wir in sein Büro zurückkamen. Mrs. Garcia sah uns als Erste, und als wir eintraten, setzte sie ihr strahlendes Lächeln auf.
    »Na, August, was meinst du? Hat dir die Schule gefallen?«, fragte sie.
    »Ja.« Ich nickte und schaute dabei zu Mom rüber.
    Jack, Julian und Charlotte standen an der Tür und waren sich offenbar nicht sicher, wo sie hingehen sollten oder ob sie noch gebraucht würden. Ich fragte mich, was man ihnen sonst noch über mich erzählt hatte, bevor wir uns begegnet waren.
    »Hast du das Küken gesehen?«, fragte mich Mom.
    Als ich den Kopf schüttelte, sagte Julian: »Meinen Sie die Hühnerküken im Bioraum? Die werden am Ende jedes Schuljahres an eine Farm gespendet.«
    »Oh«, sagte Mom enttäuscht.
    »Aber es werden jedes Jahr neue ausgebrütet«, fügte Julian hinzu. »Das heißt, August wird im Frühjahr welche sehen können.«
    »Oh, gut«, sagte Mom und betrachtete mich. »Sie waren so süß, August.«
    Ich wünschte, sie würde aufhören, vor den anderen mit mir zu sprechen, als wäre ich ein Baby.
    »Also, August«, sagte Mr. Pomann, »bist du ordentlich herumgeführt worden oder möchtest du noch mehr sehen? Mir ist eingefallen, dass ich euch gar nicht gebeten hatte, ihm die Sporthalle zu zeigen.«
    »Haben wir trotzdem gemacht, Mr. Pomann«, sagte Julian.
    »Hervorragend!«, sagte Mr. Pomann.
    »Und ich hab ihm vom Schultheater erzählt und von einigen Wahlfächern«, sagte Charlotte. »Oh nein!«, fügte sie plötzlich hinzu. »Wir haben vergessen, ihm den Kunstraum zu zeigen.«
    »Das ist schon okay«, sagte Mr. Pomann.
    »Aber wir können jetzt noch mal hingehen«, bot Charlotte an.
    »Müssen wir nicht bald Via abholen?«, fragte ich Mom.
    Das war unser Signal, mit dem ich Mom sagen konnte, dass ich gehen wollte.
    »Oh, du hast recht«, sagte Mom und stand auf. Ich konnte sehen, dass sie nur so tat, als würde sie auf die Uhr gucken. »Tut mir leid, Leute. Ich hab die Zeit ganz vergessen. Wir müssen meine Tochter von ihrer neuen Schule abholen. Sie macht heute einen inoffiziellen Rundgang.« Dieser Teil war nicht gelogen: Via schaute sich tatsächlich heute ihre neue Schule an. Gelogen war nur, dass wir sie dort abholen sollten, das war nämlich nicht der Fall. Dad nahm sie
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