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Wumbabas Vermaechtnis

Titel: Wumbabas Vermaechtnis
Autoren: Axel Hacke , Michael Sowa
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Foto der beiden ergatterte und zu Hause zeigte, rief die jüngere Schwester, dies seien ja »Mutter Talking – und der Vater«. Tatsächlich hatte sie Thomas Anders mit seiner dunkelwallenden Haarpracht für eine Frau gehalten und das Wort »Modern« immer nur mit sächsischem Zungenschlag ausgesprochen gehört, sodass es sich fast wie »Mutter« anhörte. Und logischerweise war dann eben Dieter Bohlen der dazugehörige Mann, also der Vater, von wem auch immer.
Schweinespuren im Sand: Das Tier im Lied
    Wie nahe das Tier auch modernen Stadtmenschen noch ist, zeigt sich, wenn wir es in Liedern vermuten, in denen es gar nicht auftritt. Der Sänger singt von diesem und jenem, wir aber hören von Hunden, Katzen und Hirschen. Offenbar übersteigt die Nachfrage nach Tier-Liedern das Angebot.
    Am intensivsten wird dieser Wunsch bei dem alten Hildegard-Knef-Chanson Für mich soll’s rote Rosen regnen , in dem man hören kann:
    »Für mich soll’s rote Rosen regnen,
    mir sollten sämtliche Hunde begegnen…«
    Rote Rosen und nicht nur ein Hund, auch nicht zwei oder drei , sondern sämtliche Hunde – selten wurde über Tierliebe je so umfassend gesungen, oder sagen wir besser: selten wurde ein Liedtext so tierliebend verstanden, denn in Wahrheit sang die Knef ja, ihr sollten »sämtliche Wunder« begegnen. Aber das ist nicht wichtig, die Begegnung mit sämtlichen Hunden wäre ja auch ein Wunder, nicht wahr? Auch noch im Rosenregen…
    Ähnlich intensiv ist der Tierwunsch bei Howard Carpendale zu spüren, wenn man ihn mit dem sehnsuchtsvollen Text vernimmt:
    »Schweinespuren im Sand –
    Die ich gestern noch fand.
    Hat die Flut mitgenommen –
    Was gehört nun noch mir?«
    Man sieht ihn vor sich, Howie, der immer »isch« und »disch« singt, statt »ich« und »dich«, warum also nicht »Schweinespuren« statt »deine Spuren«, Howie also, wie er am Strand steht, den vom Meer verschlungenen Spuren seines Lieblingsschweines nachblickend, Howie … Was mag nur aus diesem armen Schwein geworden sein? Ein Meerschwein?
    Besonders originell ist der Auftritt der Tiere in einem Lied der deutschen Band Rapsoul, das mit der Zeile »Gott schenk Geflügel« beginnt und dann weitergeht:
    »Und hol sie hier raus
    Und lass sie nicht verdursten
    Gib ihr die Kraft, die sie braucht
    Ooooh Gott schenk Geflügel.«
    Im Laufe des weiteren Textes stellt sich heraus, dass Gott jeweils verschiedenen Frauen helfen soll (pro Strophe einer), die sich prostituieren müssen, Drogen nehmen, von ihrem Vater geschändet oder vom eigenen Mann hintergangen werden. Was soll Gott da tun? Er soll Geflügel schicken? Als flexible Eingreiftruppe mit Helikoptern, die diese Frauen von oben aus ihrer verzweifelten Lage retten sollen, Adler, Schwäne, Gänse, was weiß ich? Liest man den Liedtext nach, entdeckt man, dass es »Gott schenk ihr Flügel« heißen soll, aber wer das Lied je gehört hat, weiß, dass dies nicht stimmt.
    Eine andere Geflügelgeschichte berichtet Leserin R. von ihrem Bruder, der als kleines Kind das Lied Junger Adler von Tom Astor immer so verstand:
    »Flieg junger Adler hinaus in die Freiheit
    Schau nur nach vorn nie zurück.
    Hör auf dein Herz und folg’ nur dem Geflügel
    Ich wünsche dir viel Glück.«

    R. schreibt, man habe da diesen jungen Adler vor Augen, wie er einem Schwarm Flugenten hinterhereile. Aber in welcher Absicht?, muss natürlich gefragt werden: Will der Adler eine Ente fressen? Oder folgt er seinen »Gefühlen« (wie es im Originaltext heißt)? Hat er Bob Dylan in den Ohren, aber in der Version, die Frau S. aus Salzburg bis zu ihrem 25. Geburtstag kannte? »The ants are my friends, are blowin’ in the wind…« Wobei Dylan in Wahrheit ja nicht vom Wind verblasene Ameisen besingt, sondern eine Antwort, die der Wind weggetragen hat: »The answer, my friend, is blowin’ in the wind…«
    Aber das kann der Adler ja nicht wissen.
    An dieser Stelle muss vom Ännchen von Tharau die Rede sei, das in Johann Gottfried Herders berühmtem Lied besungen wird, das aber viele Kinder
     nur als Entchen von Tharau kennen. Da hören sie:
    »Entchen von Tharau ist’s, die mir gefällt,
    Sie ist mein Leben, mein Gut und mein Geld.«
    Das Entchen von Tharau (nicht zu verwechseln mit dem Kätzchen von Heilbronn , das ist von Kleist und auch kein Lied, sondern ein Schauspiel) ist nur eines von vielen Beispielen für Tiere, die Kinder sich wünschen oder vorstellen, wobei sie diesen Wunsch oder diese Vorstellung stets singend äußern.
    Wer
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