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Würstelmassaker

Würstelmassaker

Titel: Würstelmassaker
Autoren: Pierre Emme
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flachen Land war es um einige Grade kühler als in der Großstadt mit ihren die Hitze des Tages speichernden Straßen und Häusern. Noch dazu, wer wusste denn genau, wie lange der arme Teufel schon nackt und nur in ein Saunatuch gewickelt existieren musste.
    So schnell und gleichzeitig leise wie möglich bewegte sich Palinski zurück zum Transporter und holte die Plane heraus. Sorgfältig und ohne jegliche Geräuschentwicklung schloss er die Türe, ging zurück zu dem Frierenden und deckte ihn ordentlich zu. Dann schlich er vorsichtig an das Gebäude heran. Das permanente leise Summen, das er schon beim Aussteigen registriert hatte, glaubte er als das Geräusch eines in Betrieb befindlichen Kühl- oder Tiefkühlaggregats identifizieren zu können. Das passte genau. Denn irgendwo musste das Monster ja die Einzelteile seiner Opfer vor der frühzeitigen Zersetzung bewahren. Wenn ihn nicht alles täuschte, war Palinski bei der eigentlichen Wirkungsstätte des Schlächters angelangt.

     
    *

     
    Der Schlächter war glücklich darüber, dass ihm die Stimme keinen definitiven Befehl gegeben hatte, um welches seiner drei noch auf ihre Behandlung wartenden Opfer er sich als Nächstes kümmern sollte. Der widerliche Mann, den er sich heute zwangsläufig hatte schnappen müssen, konnte warten. Von seiner Behandlung erwartete sich der Schlächter kaum das erregende Gefühl, das ihm beispielsweise sein Lieblingsgast, die zierliche Schwarzhaarige mit dem netten Akzent, verschaffen würde. Sie war ihm allerdings in den nun fast schon vier Wochen ihres Aufenthaltes so ans Herz gewachsen, dass ihn der Gedanke, sich von ihr trennen zu müssen, mit Unbehagen erfüllte.
    Also würde er sich heute die langbeinige Schönheit vornehmen, die ihm gestern in die Arme gelaufen war. Auch sie versprach großen Genuss. Allerdings ohne die Gefahr, sie nachher allzu sehr zu vermissen. Sorgfältig richtete er den bescheidenen, aber blitzsauberen Behandlungsraum für die folgenden, nach einem ganz bestimmten Ritual ablaufenden Schritte her. Ein frisches Leintuch für den Behandlungstisch, zwei starke Strahler an der Decke und ein kleines Kästchen auf Rollen, in und auf dem sich seine Präzisionswerkzeuge befanden. Daneben eine Vase mit Blumen, die er alle zwei, drei Tage wechselte. Der Schlächter fand, dass Blumen einen Arbeitsplatz gleich viel freundlicher erscheinen ließen. Sicher gefiel es auch seinen Opfern, wenn sie als letztes Bild ihres Lebens einen schönen, bunten Strauss Feldblumen mitnehmen konnten.
    Jetzt prüfte er noch die ledernen Gurte, mit welchen die zu behandelnde Person auf dem ehemaligen Opera-tionstisch fixiert wurde. Das war sehr wichtig, um zu verhindern, dass die Opfer das Ergebnis seiner Präzisionsarbeit durch abrupte, unkontrollierte Bewegungen gefährdeten.
    Ein letzter kontrollierender Blick und es konnte losgehen. Als er alles zu seiner vollsten Zufriedenheit befunden hatte, machte sich der Schlächter auf, um seinen »Liebling des Tages« aus dem Gästezimmer im Keller des ehemaligen Gemüseverarbeitungsbetriebes zu holen.

     
    *

     
    Auf der Rückseite des Gebäudes hatte Palinski schließlich zwei beleuchtete Fenster entdeckt. Der Blick ins Innere blieb ihm allerdings verwehrt, da zwei offenbar aus abwaschbarem Material bestehende Vorhänge die Sicht behinderten. Allerdings ermöglichte ein kleiner, vielleicht 5 Zentimeter breiter Spalt den Blick auf einen ganz kleinen Ausschnitt des Raumes. Er konnte etwas erkennen, das möglicherweise ein Tisch mit einem weißen Tuch darauf sein konnte. Die taghelle Ausleuchtung des Raumes ließ aber vermuten, dass hier nicht erlesen gespeist wurde, sondern erheblich weniger erfreuliche Vorgänge mit dem Messer, aber ohne Gabel stattfanden.
    Der bloß bescheidene Eindruck, den er vom Inneren gewonnen hatte, hatte aber seine bis dahin exzellente Nachtsicht vorübergehend stark beeinträchtigt. Als er sich umsehen und nach einer Möglichkeit suchen wollte, das Haus betreten zu können, hatte er zunächst nur kleine gelbe Lichtpunkte vor seinen Augen. Es dauerte mehrere Minuten, bis er die Umgebung wieder einigermaßen erkennen konnte.
    Das da hinten war möglicherweise eine Türe, dachte er, die in den Keller führte. Er wollte sich schon in Bewegung setzen, als ihn ein immer lauter werdendes Geschrei unverkennbar weiblicher Provenienz einhalten und neuerlich einen Blick ins Innere riskieren ließ. Das Gezeter der nackten, offensichtlich gefesselten Frau, die der Schlächter
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