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Wu & Durant 03 - Voodoo, LTD.

Wu & Durant 03 - Voodoo, LTD.

Titel: Wu & Durant 03 - Voodoo, LTD.
Autoren: Ross Thomas
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Durant.
    »Und ob wir das tun«, erwiderte Enno Glimm.

4
    Artie Wu saß vor dem Schreibtisch des Direktors auf dem massiven, 121 Jahre alten, hölzernen Büßerstuhl ohne Armlehnen, auf dem schon zahllose Jungen gethront und ihr Schicksal mit Tränen in den Augen und baumelnden Füßen erwartet hatten.
    Von thronen konnte bei Wu, der fast eins neunzig groß war und nur wenig unter 120 Kilo wog, keine Rede sein. Aber er schaffte es immerhin, auf dem großen Stuhl einigermaßen bequem zu sitzen, wenn er sich auch nicht gerade hinlümmeln konnte – und sogar die Vorderbeine hoben sich ein paar Zentimeter vom Boden, als er sich zurücklehnte, um Perkin Ramsey zuzuhören, dem Schuldirektor, der gerade dabei war, eine ganze Liste von Beschuldigungen gegen die Wu-Zwillinge Arthur und Angus zu verlesen.
    Die Anklagen wurden mit leiernder Tenorstimme vorgetragen, von der Wu schon fürchtete, daß sie nie mehr verstummen könnte. Während sie weiter und weiter redete, wanderte sein Blick hinauf zu dem gewaltigen, steinernen Deckengewölbe des Raums, dann hinüber zu dem Kamin zu seiner Linken, der so geräumig war, daß man aufrecht in ihm stehen konnte, vorausgesetzt, man war nicht größer als eins sechzig oder eins fünfundsechzig.
    Die Privatschule, die sich der Erziehung und Ausbildung der männlichen Wu-Zwillinge angenommen hatte, befand sich siebzehn Meilen nördlich von Edinburgh. Ein großer Teil der Schule war in einem kleinen Schloß untergebracht, das ungefähr 1179 fertiggestellt wurde und immer noch in einem erstaunlich guten Zustand war. Und hier hatte Reverend Robert Cameron im Jahre 1821 seine Schule gegründet, nachdem er die wohlhabenden Eltern seiner ersten Schüler davon überzeugen konnte, daß er durchaus in der Lage sei, aus ihren kleinen Ungeheuern kleine gebildete Gentlemen zu machen. Seit dieser Zeit hatten alle männlichen Goriachs Cameron besucht, und Agnes Goriach-Wu sah keinen Grund, warum nicht auch ihre Zwillingsjungen diese Familientradition fortsetzen sollten.
    Als der Direktor seine Anklage verlesen hatte, zog er ein riesiges Taschentuch aus der Hose und schneuzte sich vorsichtig die Nase, ein Nasenloch nach dem anderen. Es war eine blaßrosa Nase, dünn und mit feiner Spitze, die sehr schön zu den hageren Wangen und den tiefen Höhlen paßte, in denen sich Augen von einem geradezu frappierenden Blau versteckten. Von diesen blauen Augen zog sich eine hohe Stirn zurück, bis sie das sich zurückziehende Dickicht stumpfen roten Haares erreicht hatte.
    Nachdem Perkin Ramsey sein Taschentuch weggesteckt hatte, tat Wu zum erstenmal nach beinahe einer Viertelstunde den Mund auf: »Sie sagen, die Zwillinge hätten fünf Jungen ins Krankenzimmer geschickt?«
    Ramsey antwortete mit einem melancholischen Seufzer.
    »Bitte, hören Sie jetzt genau zu, Mr. Wu. Fünf Jungen mußten nach Edinburgh ins Krankenhaus gebracht werden, nicht auf unsere Krankenstube. Angus und Arthur wurden von acht Jungen ungefähr ihres Alters und ihrer Größe angegriffen. Drei dieser acht Jungen konnten entkommen, um Meldung zu machen. Es war kein fairer Kampf.«
    »Acht gegen zwei? Ganz bestimmt nicht.«
    »Ich meine, Ihre Söhne haben nicht fair gekämpft.«
    Artie Wu wirkte beinahe erleichtert. »Sie haben sich geschnappt, was herumgelegen hat, stimmt’s? Einen Stein oder zwei? Einen Knüppel? Ein hübsches Stück Rohr?«
    »Sie benutzten ihre Hände und Füße und Knie und Ellenbogen.«
    »Wie lange hat es gedauert?«
    »Drei oder vier Minuten. Nicht länger.«
    Wu zog eine lange, dicke Zigarre aus der Innentasche seines Jacketts und betrachtete sie mit offensichtlicher Sehnsucht, um sie dann wieder wegzustecken. »Sie sagen, daß alles mit den Beschimpfungen anfing?«
    »Ja.«
    Wu nickte nachdenklich, als werde ihm jetzt erst alles klar. »Also haben diese acht Banditen die Zwillinge beschimpft, sind auf sie losgegangen und haben für ihre Mühe ’ne Tracht Prügel bezogen. Aber immerhin hatten sie die Genugtuung, alle diese hübschen alten Ausdrücke wie Ching, Wog, Schlitzauge mal wieder zu …«
    Ramseys rechte Hand schoß in die Höhe. Die Geste eines Verkehrspolizisten. Wu unterbrach seine Rede, und der Direktor sagte: »Habe ich Ihre volle Aufmerksamkeit, Mr. Wu?«
    Wu nickte.
    »Ausgezeichnet«, sagte Ramsey. »Während der vergangenen zwei Monate habe ich nämlich telefonisch und per Post vergeblich versucht, sie zu erreichen.«
    Wus Gesicht nahm den Ausdruck höflichen Interesses an, während sein Tonfall
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