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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
Autoren: Ross Thomas
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durch das Buch. Persönlich.«
    »Hat er einen Namen?«
    »Alejandro Espiritu. Du kennst ihn doch, oder?«
    »Wir sind uns begegnet«, sagte Booth Stallings.

3
    Während der nächsten halben Stunde tranken Stallings und Crites drei Tassen Kaffee und erörterten die kürzlich nicht ganz unblutig verlaufene Februarrevolution auf den Philippinen. Sie schnitten Ferdinand Marcos’ Exil auf Hawaii an; Imeldas Schuhe; den Schlamassel, in dem die philippinische Wirtschaft steckte; den katastrophalen Weltmarktpreis für Zucker; Mrs. Aquinos Aussichten als Präsidentin (zweifelhaft, fanden beide); und ob es vier oder acht Milliarden Dollar waren, die Marcos auf die Seite geschafft hatte. Nachdem sie entdeckt hatten, daß offenbar keiner viel mehr wußte, als er gelesen oder im Fernsehen gesehen hatte, kamen sie auf Alejandro Espiritu zurück.
    »Wie gut hast du ihn gekannt?« fragte Crites.
    »Ziemlich gut.«
    »Wie war er damals so?«
    »Klein. Ungefähr einssechzig.«
    »Komm schon, Booth.«
    »Okay. Er war gerissen. Vielleicht sogar brillant. Ungefähr zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig und hart. Außerdem war er ziemlich flexibel – für einen Guerilla.«
    »Er war einer von diesen roten Guerillas, nicht wahr – die man Huks nannte?«
    »Die Huks waren meist oben im Norden – in Luzon. Wir waren unten im Süden. Negros und Cebu. Meistens Cebu.«
    »Wofür stand noch mal Huk? Ich vergesse das immer.«
    »Für Hukbong Bayan Laban sa Hapon «, sagte Stallings, zufrieden, daß er sich noch an das Tagalog erinnern konnte. »Übersetzt heißt das ungefähr ›Volksarmee zur Bekämpfung der Japaner‹. Es wurde dann zu Hukbalahapa abgekürzt, woraus schließlich Huk wurde, damit es besser in die Schlagzeilen paßte. In den Fünfzigern kam dann Lansdale daher und half Magsaysay, ihnen in den Hintern zu treten. Du erinnerst dich doch an General Lansdale, die Geißel des Orients?«
    Crites überging die Frage und sagte: »Sie nennen sich jetzt NPA – die New People’s Army.«
    »Ist nicht derselbe Haufen. Die meisten, die von den Huks übrig geblieben sind, wurden Söldner und Streikbrecher.«
    »Bist du sicher?«
    »Himmel, Harry, wenn das noch dieselben Burschen wären, hättest du ein paar ziemlich antike Guerillas, die da die Berge rauf- und runterkeuchen.«
    »Aber die NPA ist doch auch rot wie ’ne Rose.«
    Stallings zuckte die Achseln. »Und?«
    »Hast du mit Espiritu je über Politik geredet?«
    »Ich war neunzehn. Mein Job war es, Leute umzubringen, und nicht, über Dialektik zu diskutieren.«
    »Laß mich dich darüber aufklären, was Espiritu für die NPA ist«, sagte Crites und zog an seiner Zigarre. Er inhalierte eine winzige Ladung Rauch und stieß dann alles aus – von Stallings weg. »Er ist ihr weltlicher Erzbischof. Ihr großer Obermacker. Ihr Orakel. Ihr Dalai Lama. Der Hüter der heiligen, ewigen Flamme. Einige behaupten, er sei sogar in Moskau gewesen.«
    »Moskau«, sagte Stallings. »Sieh mal einer an.«
    »Hör zu, Booth. Falls Espiritu aus den Bergen kommt und ins Exil nach Hongkong geht, sehen meine Leute eine Chance von acht zu fünf, daß Madame Aquino einen Deal mit der NPA landen und Präsidentin bleiben kann.«
    Stallings studierte Harry Crites’ Miene, suchte darin nach List und Tücke, entdeckte aber nur die übliche Habgier und das unerschütterliche Selbstvertrauen eines ausgebufften Verkäufers. »Mit einem oder zwei Alibi-Kommunisten im Kabinett, wie?«
    »Warum, zum Teufel, nicht?«
    »Weil dann für die NPA alles vorbei wäre, Harry. Kapitulation. Aufgabe. Niederlage. Und wofür? Damit sie runterkommen und in den Barrios verhungern? Das können sie auch oben in den Bergen. Sieh mal. Falls die NPA einen Deal mit Aquino macht, hätten sie nichts gewonnen, aber alle Macht verloren, die sie hatten. So läuft: das nicht. Nicht auf den Philippinen. Nicht in Afghanistan. Nicht in El Salvador oder im Libanon. Nicht in Peru. Nicht im Baskenland oder in Nordirland. Nirgendwo.«
    Crites drückte seine Zigarre im Aschenbecher aus, ließ sich dabei Zeit, zermalmte sie sorgfältig, um sicherzugehen, daß keine Glut übrig blieb. Als er aufblickte, tat er das mit einer Miene, aus der alle Freundlichkeit gewichen war. Frost hatte die blauen Augen überzogen, und der breite, joviale Mund war nicht mehr fröhlich, sondern grimmig. Ein leicht überraschter Stallings begriff, daß der Hundesohn ihn nicht leiden konnte – was ihn überraschte, war allerdings nicht so sehr die Erkenntnis, sondern die
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