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Titel: wsmt
Autoren: Unknown
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hier der
Fall, und wir haben ihn deshalb nicht im Batifol gesehen. Ich hätte dran denken
müssen. Wie dem auch sei, wir brauchen uns seinetwegen keine Sorgen zu machen.“
    „Also wirklich!“ wiederholte
sie. „Ein Freund meines Vaters! Ein Betrüger!“
    „Einer, der pleite ist. Der
blank ist. Warum Betrüger? Ein alter Mann, der abgebrannt ist und Hunger hat,
mehr nicht. Kein Grund, sich darüber aufzuregen, meine Süße. Ich spare
fünfundzwanzig Scheine. Davon kann ich Ihnen ein hübsches Paar Strümpfe kaufen.
Und jetzt machen wir uns aus dem Staub!“
    Wir verließen die Wohnung des
alten Schauspielers so, wie wir sie vorgefunden hatten. Der Schlüssel steckte
noch immer. Ich schielte noch einmal flüchtig hin. Nicolss mußte wohl Hals über
Kopf abgehauen sein. Wie ein Wetterleuchten hatte ihn der Name von jemandem
durchzuckt, der sich problemlos anpumpen ließ. Das kannte ich sehr gut. Ich
hatte es selbst schon erlebt. Außerdem hatte Monsieur Nicolss keine Angst vor
Dieben. In einem so ruhigen Haus!
    Wir verließen das Gebäude ohne
Zwischenfälle. Die Rue de la Grange-aux-Belles war menschenleer. Der Quai de
Jemmapes auch. Das blaue Licht an dem Polizeirevier blinkte. Als wir darunter
hergingen, hörten wir einen Flic geräuschvoll gähnen. Wir gingen denselben Weg
wieder zurück, überquerten den Kanal über die schmale Brücke an der Schleuse.
Das Wasser floß noch immer durch die Spalten in die Schleusenkammer. Das
gleiche monotone Plätschern. In der Nähe des Hafenbeckens der Villette
spiegelten sich die Laternen zittrig in dem schwarzen Wasser, das zu unseren
Füßen plätscherte. Bei Nicolss hatte es keine Leiche gegeben. Im Kanal auch
nicht. Vielleicht hatten sich die Zeiten geändert.
    Ich bin nicht gemeiner als
andere. Im Gegenteil. Trotzdem, kurz nachdem ich zu Bett gegangen war,
verspürte ich ein komisches Gefühl der Unzufriedenheit. Als hätte ich meinen
Anteil nicht bekommen. Genauer gesagt, so als wäre ich enttäuscht gewesen.
Irgendetwas in der Art.
     
    * * *
     
    Freitag, den 7. Oktober.
    Der Jahreskalender der Post,
den ein lächelnder, vielleicht witziger Briefträger mir vor ein paar Monaten
mit den besten Wünschen überreicht hatte, sagte für die Zeit nach dem 8.
Oktober Regen und Wind voraus. Der Regen war bereits da, etwas zu früh. Kalter
Nieselregen, der uns unbarmherzig in den Herbst stieß, schmutziges Wasser,
zusammen mit schmutzigem Nebel, der alles verschleierte. Mein Wecker zeigte
zehn Uhr, aber man hatte das Gefühl, es wäre sehr viel früher, so dunkel war
es. Die schönen Tage waren vorbei. Gestern abend hatten wir die letzten Zipfel
des Sommers ausgenutzt für unseren nächtlichen Bummel an dem Kanal
Saint-Martin.
    Da nichts mich aus meinem
molligen Bett trieb, blieb ich bis zum Mittag in den Federn. Hélène rief nicht
an, also war kein Klient ins Büro gekommen. Ich rief sie auch nicht an, da ich
ihr nichts zu erzählen hatte.
    Als ich mich erhob, versuchte
das Wetter das gleiche. Jedenfalls war der Nebel weniger dicht, wenn auch nicht
verschwunden. Es regnete nicht mehr. Ich spülte mir den Mund aus, aß etwas und
ging in die Rue de la Grange-aux-Belles. Zwischen zehn und Mittag hatte ich nur
gepennt oder herumgefaulenzt. Ich hatte aber auch nachgegrübelt. Obwohl mich
das Ganze einen Dreck anging, gefiel mir das Verhalten des alten Schauspielers
gar nicht, und ich wollte mir Klarheit verschaffen, wie es meine Gewohnheit
ist.
     
    * * *
     
    „M’sieur Colin?“ gab die
Concierge auf meine Frage zurück. Sie war alles andere als eine Schönheit,
wirkte aber liebenswürdiger als ihre Kolleginnen im allgemeinen. Ihre großen,
hervortretenden Augen sahen mich seltsam an, und endlich begriff ich, daß sie
so kurzsichtig war wie tausend Maulwürfe, aber aus Eitelkeit keine Brille trug.
Dabei war sie auch schon so häßlich genug. An ihrer Stelle hätte ich eine
aufgesetzt. Das hätte ihr vielleicht ein intellektuelles Aussehen verliehen.
    „M’sieur Colin? Aber klar wohnt
der hier. Schon seit einer Ewigkeit. Seit...seit...also, schon ‘ne ganze Weile.
Möchte wetten, es geht um Arbeit. Ist ja immer dasselbe. Monatelang nichts zu
tun und dann: zack! ... Kommen aus allen Löchern. Er hat’s mir noch vor ein
paar Tagen gesagt, M’sieur Auguste. Ich nenn ihn nämlich M’sieur Auguste. Geht
in diesem Beruf wohl immer so, ein schöner Beruf, übrigens. Also, er sagte zu
mir, man müßte schnell sein wie Sel... wie... Sel...“
    Sie setzte noch einmal an
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