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Worte bewegen die Welt

Worte bewegen die Welt

Titel: Worte bewegen die Welt
Autoren: Brockhaus
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Gargantua scheint ein Vertreter der Gedanken der »Staatsräson«, die Niccolò Machiavelli formulierte, und des Konkordats, des Vertrags über Religion, den Franz I. mit dem Papst eingegangen war, zu sein.
    ›Ich trinke auf den zukünftigen Durst. Ich trinke ewig, aber das ist Ewigkeit aus Trinken und Trinken aus Ewigkeit.‹
    Rabelais, »Gargantua und Pantagruel«
    GARGANTUA UND PANTAGRUEL
    In karnevalesker Übertreibung der Wirklichkeit verbinden sich in den fünf Büchern von Gargantua und Pantagruel, die zwischen 1532 und 1564 erschienen, Reales und Irreales, Subtiles und derb Sinnliches, Zeitbezug und groteske wie utopische Elemente. Sie sind von renaissancehafter Daseinsfreude geprägt, von humanistischem Geist und entschiedener Abkehr von dogmatischem Denken. Hieraus erwächst die umfassende Zeitsatire: gegen das zeitgenössische Wissenschaftsund Bildungsverständnis, gegen die scholastische Theologie und blinden Aberglauben, gegen Intoleranz und religiösen Fanatismus sowie gegen alles Unnatürliche im Leben.
    Dem gegenüber steht der Glaube an die Möglichkeiten humanistischer Wissenschaft und eine weltoffene Bildung, die zu ethischer Vollkommenheit, Toleranz und individueller Gewissensentscheidung befähigt. Dazu gehört eine Sprache, die alle Stilebenen virtuos beherrscht, neu erfundene Wörter und Wortspiele einführt und Sprachmischungen einsetzt, um humorvoll zu verfremden und zu kritisieren (Illustration zu »Gargantua et Pantagruel«, Holzstich nach einer Zeichnung von Gustave Doré von 1854; Berlin, Sammlung Archiv für Kunst und Geschichte).
    REISEN UND DIPLOMATIE
    Der Ruhm von Rabelais und seinem Werk wuchs schnell, wozu seine Feinde, die seine Werke und ihn selbst heftig attackierten, nicht unwesentlich beitrugen. Für manche war er nicht nur der Autor der schrecklichen Romane, sondern ein hässlicher Wüterich, weshalb sie ihn »Ragelaid« (zusammengesetzt aus französisch »rage« Wut, »laid« hässlich) nannten. Andererseits erlangte er den Respekt des Königs und des Adels in Italien und Frankreich.
    Nach der Veröffentlichung des »Kalenders des Jahres 1535«, unterschrieben mit seinem richtigen Namen »Rabelais, Arzt des großen Krankenhauses in Lyon«, wurde er nach Italien gerufen, angeblich um eine Lagebeschreibung Roms vorzubereiten. In Wirklichkeit aber hatte der Ruf den Zweck, ihn vor religiös motivierter Verfolgung zu schützen und seinen Fall dem Papst vorzutragen. Der Nachfolger Clemens’ VII., Papst Paul III., gab ihm Ablass für sein Verlassen des Benediktinerklosters, verbot ihm aber, die Chirurgie auszuüben.
    Doch Rabelais setzte ungeachtet der päpstlichen Verbote seine Untersuchungen am menschlichen Körper fort. Er fühlte sich sicherer als andere Intellektuelle Europas, genoss er doch die Freundschaft hochrangiger französischer und italienischer Adliger. Rabelais wurde weithin als einer der wichtigsten Ärzte der Epoche anerkannt; 1537 promovierte er zum Doktor der Medizin und erhielt ein Wappenschild aus Gold als Auszeichnung für eine seiner anatomischen Untersuchungen.
    Auch Rabelais’ diplomatische Fähigkeiten waren sehr gefragt: Kardinal Jean du Bellay, dessen Sekretär und Leibarzt Rabelais zeitweise war, sowie der Bischof Geoffroy d’Estissac benötigten Rabelais in Italien als Vermittler. Aufgrund seines taktischen Geschicks wurde er aufgefordert, an dem entscheidenden Dialog zwischen Franz I. und Karl V. am 16. Juli 1538 teilzunehmen, der zum Friedensschluss zwischen den um die Vorherrschaft in Europa streitenden Parteien führte. Diesen politischen Erfolg erreichte Rabelais zusammen mit Guillaume du Bellay, dem Bruder des Kardinals und Gouverneur von Turin. Im selben Jahr veröffentlichte Rabelais daraufhin wieder mithilfe des Druckers Sébastien Gryphe in lateinischer Sprache das Werk »Stratagemata« das sich mit der Politik du Bellays in Italien, Deutschland und der Schweiz befasste. Auch eine französische Version des Buches wurde erstellt, und zwar von Claude Massuau, doch von diesem Werk sind kein einziges gedrucktes Exemplar und auch keinerlei Arbeitsmaterialien erhalten geblieben.
    RABELAIS’ VERLEGER UND DIE LETZTEN JAHRE
    Die Freundschaft zwischen Rabelais und seinem Verleger und Freund Étienne Dolet zerbrach, als dieser 1542 eine eigenmächtig bearbeitete und bereinigte Ausgabe von Rabelais Schriften an der Sorbonne veröffentlichte. Eine Ausgabe der beiden Bücher um die beiden Riesen erschien im selben Jahr bei François Juste in Lyon unter
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