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Worte bewegen die Welt

Worte bewegen die Welt

Titel: Worte bewegen die Welt
Autoren: Brockhaus
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Frage, wer denn eigentlich der Autor dieser Klassiker der Literatur gewesen ist, begannen die Schwierigkeiten. Es war praktisch unmöglich, gesicherte Informationen zu erhalten. In den Epen selbst fehlt jeglicher Hinweis auf die Person des Dichters. Im Gegensatz zu späteren griechischen Historikern etwa hat er sich in seinen Werken, was Angaben über sein eigenes Leben angeht, strikt zurückgehalten. Aber auch weitergehende Nachforschungen antiker Gelehrter führten zu keinen konkreten Ergebnissen. Jede Spurensuche endete mit dem enttäuschenden Resultat, dass sich die Gestalt desjenigen Schriftstellers, der am Anfang der Geschichte der europäischen Literatur steht und dessen Werke die Menschen aller Epochen fasziniert haben, im Dunkel einer Zeit verlor, die ihren Helden noch keine Denkmäler zu errichten pflegte. Allerdings wollte man sich nicht mit der traurigen Gewissheit zufrieden geben, über den Pionier der griechischen Literatur nicht wirklich Sicheres aussagen zu können. Und so machte man sich bald daran, das Phantom mit menschlichen Zügen auszustatten. Die Resultate dieser Bemühungen haben in zahlreichen antiken Schriften Einzug gehalten, darunter nicht weniger als sieben Biografien, die zwar erst aus der römischen Kaiserzeit stammen, aber älteres Material verwendeten.
    NAME UND HERKUNFT
    Der Name »Homer«, wie man den Dichter von »Ilias« und »Odyssee« allgemein zu nennen pflegte, taucht zuerst kurz nach der Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. in den griechischen Texten auf. Ob dies der richtige Name des Autors gewesen ist oder ob man diese Bezeichnung, die übersetzt so viel wie »Geisel« oder »Bürge« bedeutet, nachträglich auswählte, lässt sich heute nicht mehr klären. Andere Quellen behaupten, der Dichter habe ursprünglich Melesigenes geheißen. Dieser angebliche Name gibt allerdings einen wichtigen Hinweis darauf, wie die antiken Erzählungen und Legenden von Homer konkret zustande gekommen sind. »Melesigenes« bedeutet »der von Meles abstammende«. Meles war ein Fluss in der Nähe von Smyrna, dem heutigen Izmir im westlichen Kleinasien. Diese Stadt konkurrierte mit sechs anderen in Griechenland und auf den Inseln der Ägäis um das Privileg, der Geburtsort des großen Homer gewesen zu sein. Mit der Behauptung, Homer habe eigentlich den Namen Melesigenes getragen, wollten die Leute von Smyrna offenbar ihren Ansprüchen Nachdruck verleihen. Das geschah auch dadurch, dass man den Flussgott Meles zum Vater Homers machte, der aus einer Verbindung des Gottes mit der Nymphe Kritheis hervorgegangen sein sollte.
    ERSTER HÖHEPUNKT DER EUROPÄISCHEN LITERATUR
    Am Anfang der europäischen Literatur stehen zwei außergewöhnliche Werke – die »Ilias« und die »Odyssee«. Obwohl der Großteil der antiken Literatur verloren ist, sind gerade diese beiden aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. stammenden Epen Homers vollständig erhalten. Dies hat seinen Grund darin, dass diese Werke die ganze Antike hindurch als musterhaft angesehen und wegen der Fülle ihrer dramatischen Geschichten und der Schönheit ihrer, wenn auch extrem stilisierten, Sprache, immer wieder gelesen und veröffentlicht wurden. Erzählt die »Ilias« in 15 693 Versen den Kampf um Troja, so erfahren wir in der »Odyssee« von der zehnjährigen Irrfahrt und Heimkehr des Odysseus nach der Eroberung Trojas durch die Griechen.
    Den Griechen galt Homer, der heute, im Gegensatz zum 19. Jahrhundert, wieder als historische Person gilt, als »der Dichter« schlechthin. Er war der Gestalter ihres Götter- und Menschenbildes und die Grundlage ihrer Literatur, aber nicht nur dies: Die Geschichte der europäischen Kultur ist zugleich eine Geschichte der Rezeption Homers in Kunst, Musik und Literatur.
    Der um 1880 entstandene Holzstich illustriert die bekannte Kriegslist des Odysseus, die die Belagerung Trojas scschließlich beendete: »Das Trojanische Pferd«.
    Nicht immer ist es leicht, im Dickicht der Anekdoten und Legenden, das man in der Antike um die Person Homers errichtet hat, den Überblick zu bewahren. Das liegt auch daran, dass die Städte und Orte, die gern mit Homer in Verbindung gebracht werden wollten, bereits bestehende Erzählungen aufgriffen und diese in ihrem Sinne umwandelten. Zum Beispiel reklamierte die Insel Ios, zwischen Naxos und Santorin gelegen, das Anrecht, der Sterbeort Homers gewesen zu sein. Dort präsentierte man Besuchern in Norden der Insel ein Grabmal, das man als die letzte Ruhestätte des Dichters ausgab. Da
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