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Worte bewegen die Welt

Worte bewegen die Welt

Titel: Worte bewegen die Welt
Autoren: Brockhaus
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Spruchdichtern des 13. und 14. Jahrhunderts. Die Meistersinger, zumeist in Städten sesshafte Dichter-Handwerker, betonten ihre gelehrte Bildung und neigten zum Lehrhaften und Erbaulichen. Geistliche Inhalte hatten zunächst Vorrang. Der Vortrag der Lieder war solistisch, ohne Instrumentalbegleitung.
    Anfangs durften die Dichter lediglich den Tönen der zwölf alten Meister, darunter Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach, neue Texte unterlegen, gegen 1480 vollzog der Nürnberger Meistersinger Hans Folz jedoch eine Reform: Es konnte nur der Meister werden, der einen neuen Ton, also einen neuen Text sowie eine neue Melodie, geschaffen hatte.
    Mit dem Tod von Hans Sachs, der dem Meistersang durch seine Lieder zu einer neuen Blüte verholfen hatte, setzte 1576 der Niedergang dieses Genres ein. Institutionell bestand der Meistersang bis ins 19. Jahrhundert weiter. Die Zentren des Meistersangs lagen in Süd- und Südwestdeutschland. Während in der Anfangsphase Mainz der führende Ort war, gingen später die wesentlichen Impulse von Nürnberg aus, das seinen Ruhm besonders Hans Sachs verdankte.
    Sachs’ Leistung war es auch, den Meistersang zu verweltlichen. Unter seinen Liedern findet man eine Sammlung von Liebesgeschichten, die von Boccaccios »Dekameron« inspiriert sind, und mehrere Fabeln. Zudem wurde das Werk des überaus belesenen Dichters von deutschen Volksbüchern, volkstümlichen Darstellungen der antiken Mythologie und Autoren wie Plinius, Plutarch, Äsop und Ovid beeinflusst.
    HANS SACHS IN RICHARD WAGNERS OPER »DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG«
    Inspiriert wurde Richard Wagner zu seiner komischen Oper »Die Meistersinger von Nürnberg« unter anderem von Ludwig Franz Deinhardsteins Schauspiel »Hans Sachs« (1827), Albert Lortzings gleichnamiger Oper (1840) sowie den Kapiteln über Hans Sachs und den Meistersang in Georg Gottfried Gervenius’ »Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen« (1835–42).
    In den »Meistersingern« verliebt sich der junge Ritter Walther von Stolzing in die Handwerkstochter Eva, doch diese ist dem Sieger eines Sängerwettstreits versprochen. Um daran teilnehmen zu können, muss Walther zunächst Mitglied der Meistersingerzunft werden, was der eifersüchtige Stadtschreiber Sixtus Beckmesser, der alle Fehler in Walthers stürmischem und unkonventionellem Lied ankreidet, verhindert.
    Der Schuster Hans Sachs, der angesehenste unter den Meistersingern und selbst verliebt in Eva, hilft dem Liebespaar, indem er Walther in die Regeln des Meistersangs einweist. Walther gewinnt schließlich den Wettstreit und Eva, während Sachs die Versöhnung aus Alt und Neu als heilige deutsche Kunst beschwört.
    Die 1868 zur Illustration von Wagners Oper entstandene Zeichnung von Theodor Pixis zeigt Hans Sachs mit der von ihm hoch verehrten Eva.
    DIE FASTNACHTSSPIELE UND SCHWÄNKE
    Am lebendigsten gestaltet Sachs seine Literatur in den Schwänken und Fastnachtsspielen. Sachs selbst verzeichnete 1560 in seinem »Generalregister« 85 Fastnachtsspiele. Vorangegangen waren ihm in dieser Kunst die Nürnberger Hans Schnepperer und Hans Folz. Die Aufführung dieser speziellen Theaterstücke fand in der Regel ohne Bühne oder Kulisse statt. Während Männer und Frauen in einer Wirtstube, einem Tanzsaal oder auf offener Straße zusammensaßen, trat eine kleine Gruppe Handwerkergesellen auf und unterhielt die Gäste mit einem kurzen, 15 bis 30 Minuten dauernden Fastnachtsspiel. Sachs hatte eine eigene Spieltruppe und wirkte selbst als Schauspieler mit.
    Weniger politisch als seine anderen Werke, befassen sich die Schwänke und Fastnachtsspiele mit der menschlichen Natur. Themen sind unter anderem Ehestreitigkeiten, die Schwächen und die Tugenden des Volkes, die biblische Geschichte und die Kritik an den Mächtigen. Tabus kannte Sachs nicht, selbst Gott lässt er gelegentlich auftreten. Für seine Schwänke und Fastnachtsspiele (auch für Dramen und Spruchgedichte) benutzte er den paarweise gereimten, vierhebigen Knittelvers, der in der deutschsprachigen Versdichtung des 16. Jahrhunderts vorherrschte.
    Sachs’ Werke gerieten Ende des 17. Jahrhunderts in Vergessenheit, eine Neubewertung ging von Christoph Martin Wieland und Goethe aus. So ließ Goethe 1777 in Weimar ein Fastnachtsspiel inszenieren (»Das Narrenschneyden«) und schrieb das Gedicht »H. Sachsens poetische Sendung«. Goethes Gedicht »Die Legende vom Hufeisen« und die Sprache des »Faust« haben die Kraft des
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