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Worldshaker

Worldshaker

Titel: Worldshaker
Autoren: Richard Harland
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Protest ließ sich vernehmen.
    »Ja, ich habe gezittert. Ja, selbst ich. Aber dann habe ich mich der Rolle, die man mir zugedacht hatte, gewachsen gezeigt. Als es darauf ankam, fand ich die nötige Charakterstärke. Willenskraft, darauf kommt es an, mein Junge.«
    Und ich zittere noch nicht einmal, dachte Col voller Stolz. Mit lauter Stimme sagte er: »Willenskraft habe ich, Sir. Ich werde tun, was Sie getan haben. Ich werde meiner Familie und der Königin dienen.«
    Ein erneuter Beifallsschwall bestätigte ihm, dass er einmal mehr genau das Richtige gesagt hatte. Nie zuvor in seinem Leben hatte Col so im Mittelpunkt gestanden. Und er hatte das Gefühl, dass er sich ganz schnell daran gewöhnen könnte!
    »Sir, ich habe eine Bitte.« Sir Mormus’ starrer Blick glich einem Rammbock, aber Col zuckte nicht mit der Wimper. »Wie Sie schon sagten, weiß ich nicht viel über die wirkliche Welt. Ich bin nie über den oberen Bereich des Oberdecks hinausgekommen. Wenn ich bereit sein soll für das Oberkommando, dann würde ich gern alles von unserem Juggernaut sehen, Sir. Von der Brücke bis ganz hinunter zum Orlopdeck, dem untersten Deck, Sir.«
    Im Saal herrschte eine ominöse Stille. War er zu weit gegangen? Wenn er auch nicht Unten gesagt, so beinhaltete Orlopdeck doch eigentlich nichts anderes.
    Sir Mormus schnaubte amüsiert. »Sehr gut, mein Junge.« Ein zustimmendes Schnauben also. »Eine durchaus angemessene Bitte. Ich werde dich selbst von der Brücke bis zum Orlopdeck führen. Die Brücke zuerst. Ist das alles?«
    »Das ist alles, Sir.«
    Sir Mormus wandte sich wieder dem Saal zu. »Ich werde um neun Uhr auf der Brücke sein. Jemand kann ihn dorthin geleiten. Das Frühstück ist hiermit beendet.«
    Der Obersteward eilte herbei, damit Sir Mormus den Bezugsschein gegenzeichnen konnte. Lady Ebnolia stand auf und hakte sich bei ihrem Gatten unter. Langsam und erhaben schritten sie zum Ausgang des Northumberland-Salons.

05
    Die nächste halbe Stunde stand Col noch im Mittelpunkt. Die männlichen Oberhäupter der anderen Zweige seiner Familie schüttelten ihm die Hand und wünschten ihm alles Gute. Die Frauen umringten ihn und stellten überrascht fest, wie groß er geworden war, ohne dass sie es bemerkt hatten.
    »Sie müssen zu einem unserer Whist-Abende kommen, junger Mann.«
    »Möchten Sie vielleicht unserem Lese-Klub beitreten?«
    »Bringst du ihn zum Tee bei den Fefferleys mit, Quinnea?«
    Cols Mutter nickte stumm und betupfte ihre Wangen mit einem winzigen Taschentuch.
    »Oh, er sollte wirklich in die Gesellschaft eingeführt werden. Wie ich höre, geben die Dollimonds eine Soiree.«
    »Und denk dran, dass bald der Königliche Galaempfang stattfindet.«
    »Wo hast du ihn nur die ganze Zeit vor uns versteckt, Orris? Also wirklich!«
    Cols Vater antwortete mit dem ihm eigenen müden, traurigen Lächeln. »Wir haben abgewartet und darauf gehofft, dass dieser Moment kommen würde.«
    Schließlich lichtete sich die Menge, bis nur noch Mitglieder aus Cols eigenem Familienzweig übrig blieben. Dann sprach Orris mit Grabesstimme: »Ich werde dich jetzt zur Brücke geleiten, Colbert. Ich denke, ich sollte das tun, als dein Vater.«
    Und so machten sie sich auf den Weg. Orris’ Ausstrahlung hatte, wie immer, etwas Bedrückendes. Als pflichtbewusster Sohn liebte Col seinen Vater zwar, aber er hatte stets das Gefühl, dass mit seinem Vater etwas nicht stimmte. Und das lag nicht nur an seinen hängenden Schultern und eingefallenen Wangen, sondern auch an der düsteren Aura, die ihn wie ein Leichentuch umhüllte.
    Sie stiegen die Treppe zu Deck 43 hoch und passierten den Wiltshire-Salon und die Königlichen Gemächer. Dann ging es über weitere Treppen zu Deck 48. Damit hatten sie die Wohnbereiche hinter sich gelassen und waren beim Verwaltungsbereich des Juggernaut angelangt.
    Jetzt kamen sie an Amtsräumen mit Glastüren vorbei, und anderen mit Wandkarten und Metallschränken. Die braunen oder grünen Teppiche hatten keinerlei Muster, und die Tapeten waren in einem matten cremefarbenen Ton gehalten.
    »Höher als bis Deck 48 war ich noch nie«, sagte Col.
    »Nun, ja. Die Brücke liegt noch sechs Decks höher.«
    »Kann man von der Brücke nach draußen sehen?«
    »Ja. Das wird eine ganz neue Erfahrung für dich sein.«
    Col überlegte. »Ich bin schon einmal draußen gewesen. Auf dem Gartendeck, als wir im Urlaub waren.«
    »Das ist nicht das Gleiche, Colbert. Das Gartendeck ist an den Seiten von Stahlwänden
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