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Word-OleSte-DerTou

Word-OleSte-DerTou

Titel: Word-OleSte-DerTou
Autoren: Unbekannt
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CIA-Agenten ausgegeben haben. Warum hat er mich zu diesem Senator geführt?«
    »Das müssen Sie ihn schon selbst fragen.«
    »Sie wissen es nicht?«
    Milo schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich hat der Senator die Finger im Spiel, aber mein Vater hat mir nichts darüber erzählt.«
    »Was hat er Ihnen denn erzählt?« »Dass ich ihm vertrauen soll.«
    Sie nickte langsam, als könnte sie mit dem Begriff nur wenig anfangen. »Nun, letztlich hat es wohl funktioniert. Auf jeden Fall müssen bloß noch ein paar Formalitäten erledigt werden, dann kommen Sie morgen frei.«
    »Frei?«
    »Der Verdacht gegen Sie wurde ausgeräumt.« Sie lehnte sich im Stuhl zurück, den Hörer ans Ohr gepresst. »Ich hinterlasse beim Gefängnisdirektor einen Umschlag mit ein wenig Geld. Nicht viel, nur für eine Busfahrt oder so. Brauchen Sie eine Bleibe?«
    »Ich habe was in New Jersey.«
    »Richtig, die Dolan-Wohnung.« Sie betrachtete den Rahmen der Trennscheibe. »Ich habe schon länger nicht mehr mit Tina gesprochen. Werden Sie zu ihr gehen?«
    »Sie braucht noch Zeit.«
    »Da haben Sie wahrscheinlich Recht.« Sie zögerte. »Glauben Sie, es hat sich gelohnt?«
    »Was?«
    »Diese Geheimniskrämerei um Ihre Eltern. Ihre Karriere ist zum Stillstand gekommen, und Tina ... vielleicht haben Sie damit Ihre Ehe zerstört.«
    Milo zögerte keine Sekunde mit seiner Antwort, weil er im Gefängnis über fast nichts anderes nachgedacht hatte. »Nein, Janet. Es hat sich nicht gelohnt.«
    Mit höflichen Floskeln verabschiedeten sie sich, und Milo kehrte in seine Zelle zurück, um zu packen. Zahnbürste, zwei Romane und sein Notizbuch. Es war ein kleines, gebundenes Heft, in dem er begonnen hatte, Mythos in Realität zu verwandeln. Auf der Innenseite stand in krakeligen Buchstaben:
    DAS SCHWARZE BUCH .
    Hätten sie einen Blick hineingeworfen, wären die Wachen wohl verblüfft gewesen von den fünfstelligen Zahlen, die die Blätter füllten. Sie bezogen sich auf Seiten, Zeilen und gezählte Wörter eines Lonely-Planet-Reiseführers aus der Gefängnisbibliothek. Der muntere Ton der entschlüsselten Fassung hätte bestimmt jeden überrascht, der Milo Weaver kannte:
    Was ist Tourismus? Wir kennen die Leier aus Langley: Der Tourismus ist das Rückgrat des Bereitschaftsparadigmas, oder wie sonst gerade die neueste Losung heißt. Du als Tourist bist der Inbegriff autonomer Geheimdienstarbeit. Ein Diamant, nichts weniger.
    All das mag seine Richtigkeit haben, denn wir Touristen schweben nie so hoch über dem Chaos, dass wir die Ordnung darin finden können. Wir versuchen es natürlich, das gehört zu unseren Aufgaben, doch jedes Bruchstück einer Ordnung, das wir entdecken, steht in Verbindung zu anderen Ordnungsfragmenten in einer Metaordnung, die wiederum von einer Metametaordnung beherrscht wird. Und so weiter. Das ist das Reich der Politiker und Akademiker. Und ihnen sollten wir es auch überlassen. Denn du darfst nie vergessen: Deine Hauptfunktion als Tourist ist es, am Leben zu bleiben.
    2
    Unter den Dingen, die ihm bei seiner Entlassung zurückgegeben wurden, war auch sein iPod. Einer der Wachleute hatte ihn in den vergangenen eineinhalb Monaten gelegentlich benutzt, daher war er voll aufgeladen. Im Bus versuchte Milo vergeblich, sich mit seiner französischen Mischung ein wenig aufzumuntern. Ein paar Sekunden spielte er all diese hübschen Mädchen an, die die Sechziger wie ein fernes Paradies erscheinen ließen, und landete schließlich bei »Poupee de eire, poupee de son«. Auch dieses Lied konnte er nicht zu Ende hören. Er weinte nicht - damit war es vorbei, doch er musste einsehen, dass diese optimistischen Melodien nichts mehr mit seinem jetzigen Leben zu tun hatten. Er scrollte durch die Musikerliste und probierte es mit einer Gruppe, die er schon lange nicht mehr gehört hatte: Velvet Underground.
    Das schien seiner Welt wesentlich mehr zu entsprechen. Er fuhr nicht gleich in die Dolan-Wohnung. Stattdessen stieg er am Bahnhof Port Authority aus und nahm die U-Bahn zum Columbus Circ1e. Er holte sich eine Packung Davidoff und schlenderte ziellos durch den Central Park. Irgendwo zwischen Familien mit Kindern und Touristen setzte er sich auf eine Bank und rauchte. Er spähte auf die Uhr, um die Zeit nicht zu verpassen, und warf die ausgedrückte Zigarettenkippe sorgfältig in einen Abfalleimer. Paranoia vielleicht, aber er wollte auf keinen Fall wegen Umweltverschmutzung aufgegriffen werden.
    Sein Beschatter war ihm schon im Bus aufgefallen. Ein
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