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Woodstock '69 - die Legende

Woodstock '69 - die Legende

Titel: Woodstock '69 - die Legende
Autoren: Frank Schaefer
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gottverdammten Sängern Weintrauben, Gänseleberpastete und Champagner herankarrt. Wollt ihr die gottverdammte Musik Toten vorspielen, oder was?« 81 Morris bittet daraufhin das Militär um Unterstützung. Army-Hubschrauber sorgen nun für die Beförderung von Ärzten und Kranken und für den Transport von Medikamenten, Nahrung etc. Auch dieser Umstand lässt sich sehr schön in den Mythos inkorporieren – sogar die Kämpfer, die bisher immer dann gerufen wurden, wenn es darum ging, dem Movement eins auf die Mütze zu geben, werden an diesem Wochenende vom Woodstock-Spirit domestiziert und in eine karitative Vereinigung umgewandelt. So kann man das lesen, nach ein paar Joints.
    Währenddessen kümmert sich die Hog Farm um die Drogenkranken. Sie »hatten ein Zelt aufgestellt für die Leute, die einen schlechten Trip hatten. Es war wunderschön da drin, mit vielen brennenden Kerzen und Räucherstäbchen«, erzählt die Woodstock-Veteranin Anne Roberts. »Ich half eine Weile mit, die Hog-Farm-Hippies hatten eine Art Dreischritteprogramm für die Kids mit Überdosis. Es begann damit, dass man beruhigend auf sie einredete.« 82 Wavy Gravy: »Kommt ein Typ auf einem schlechten Trip zum Sanitäterzelt, und das erste, was er sieht, ist dieser Doktor aus Australien im weißen Kittel und mit Schlips, und der Typ fängt gleich an zu brabbeln: ›Miami Beach, 1944 … Joyce, Joyce …‹ Der Doktor erwidert nur: ›Körperkontakt, er braucht Körperkontakt‹, und ein anderer meint: ›Denk an dein drittes Auge, Mann, an den Mittelpunkt deines dritten Auges.‹ Während der Typ nur stammeln kann ›Miami Beach, 1944 … Joyce, Joyce …‹ Ich sag also: ›Lasst uns etwas versuchen, schaut einfach nur zu.‹ Ich blicke in seine Augen voller vergangener Hotels. ›Mann, wie heißt du?‹ – ›Miami Beach.‹ – ›Nein, ich will deinen Namen wissen. Deinen wirklichen Namen.‹ – ›Paul?‹ erwidert er. ›Dein Name ist Paul.‹ Er mag es wirklich, dass sein Name Paul ist. ›Paul wie?‹ – ›Paul Brown.‹ – ›Du heißt also Paul Brown.‹ Wunderbar. Sechs verrückte Bananen fallen aus seinem Ohr. ›Woher kommst du, Paul?‹ – ›New Jersey.‹ – ›Dein Name ist Paul Brown und du kommst aus New Jersey. Weißt du was, Paul?‹ – ›Was?‹ – ›Nun, du hast etwas LSD genommen, und weißt du was – nach einer Weile wird die Wirkung aufhören.‹ Es klappt, ich meine, so klappt es meistens. Man muss einfach am Ball bleiben und solchen Leute nahe sein und ihnen die Wahrheit sagen. Wenn sie ›Miami Beach‹ von sich geben, musst du halt mit ›Paul Brown‹ antworten, und mit ›Du hast etwas Acid genommen, und bald ist die Wirkung vorbei‹. Sie wollen nicht unbedingt Körperkontakt, oder gar Geschwafel vom Dritten Auge oder ein drittes Stück Kuchen. Sie wollen ganz einfach wissen, wie sie heißen, woher sie gekommen sind und dass nach einer Weile alles wieder normal sein wird.« 83
    Und auch die Nachbarschaftshilfe hier im Sullivan County funktioniert. Vom Lokalradio alarmiert, trommeln diverse Kirchen, Feuerwehren und Pfadfindervereine der Umgebung und vor allem die High School in Monticello Hilfskräfte zusammen, um Sandwiches zu schmieren, Eier zu kochen, Konserven zu sammeln und anschließend Lastwagen voller Verpflegung über Feld- und Seitenwege zum Festival zu spedieren. »Es war, als würden die gesamten Catskills zu einer gewaltigen Jüdischen Mamme«, entsinnt sich Sicherheits-Chef Wes Pomeroy. 84 Und Lisa Law, eine der Küchenchefinnen der Hog Farm, bezweifelt sogar, dass wirklich ein Verpflegungsproblem existiert habe, weil die Menschen der Umgebung so schnell reagiert hätten. »Da gab es dieses Gerede über den Hunger, und ich sagte immer: ›Welcher Hunger denn?‹ Wenn sie nicht aufstehen und zu uns rübergehen wollen, dann ist das deren Problem. Aber es gab keinen Mangel an Nahrungsmitteln in Woodstock.« 85 Das außerordentlich üppige Angebot psychoaktiver Substanzen scheint sich ebenfalls moderierend auf den Verpflegungsnotstand ausgewirkt zu haben.
    Um 8 Uhr 20, kurz bevor die Sonne untergeht, kommt Bert Sommer mit seinem Bassisten Charlie Bilello und seinem Leadgitarristen und Keyboarder Ira Stone
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