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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou
Autoren: Robert Jordan
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brauche keine Rettung und will sie nicht, aber er denkt, er weiß es besser als jeder andere. Ich fürchte, er könnte mich selbst holen wollen.« Was ängstigte sie mehr - daß er zornig allein im Lager erscheinen könnte, mit ungefähr dreihundert Aes Sedai um sich herum? Oder daß er mit einigen der Asha'man kommen könnte? Es wäre in beiden Fällen eine Katastrophe.
    »Das wäre ... unglücklich«, murmelte Melaine, obwohl sie selten untertrieb, und Bair murrte: »Der Car'a'carn ist dickköpfig, so schlimm wie jeder andere Mann, den ich jemals kennengelernt habe. Und auch einige Frauen.«
    »Wir werden Euer Vertrauen nicht enttäuschen, Egwene al'Vere«, sagte Amys ernst.
    Egwene wunderte sich über die schnelle Zustimmung. Aber vielleicht kam sie doch nicht so überraschend. Für die Weisen Frauen war der Car'a'carn nur ein weiterer Häuptling, und sie waren gewiß dafür bekannt, Dinge vor einem Häuptling geheimzuhalten, die er nicht wissen sollte.
    Danach blieb nicht mehr viel zu sagen, obwohl sie noch eine Weile bei weiteren Bechern Tee verharrten. Egwene sehnte sich nach einer Lektion im Traumgehen, konnte aber nicht darum bitten, solange Amys dabei war. Dann würde Amys gehen, aber sie wünschte sich ihre Gesellschaft mehr als das Lernen. Was Rand tatsächlich tat, hatten die Weisen Frauen ihr am ehesten vermittelt, als Melaine murrte, er sollte die Shaido und Sevanna sofort vernichten, woraufhin sowohl Bair als auch Amys sie dermaßen stirnrunzelnd ansahen, daß sie zutiefst errötete. Sevanna war immerhin eine Weise Frau, wie Egwene nur zu gut wußte. Nicht einmal dem Car'a'carn würde es erlaubt sein, auch nur eine Weise Frau der Shaido zu stören. Und sie konnte ihnen keine Einzelheiten über ihre eigenen Umstände mitteilen. Es verminderte die Scham auch nicht, die sie empfinden würden, wenn sie darüber spräche, daß sie sofort den peinlichsten Teil ihrer Lage erfaßt hatten - es war sehr schwer, nicht in das Verhalten und die Denkungsart der Aiel zurückzufallen, wenn sie mit ihnen zusammen war; diesbezüglich glaubte sie, es wäre vielleicht beschämend für sie gewesen, wenn sie niemals einer Aiel begegnet wäre -, und ihrem einzigen in letzter Zeit geäußerten Rat über den Umgang mit Aes Sedai würde nicht einmal Elaida selbst zu folgen versuchen. Ein Aes Sedai-Aufruhr könnte, so unwahrscheinlich es auch klang, einen Erfolg zeitigen. Schlimmer noch - sie dachten bereits ausreichend schlecht über die Aes Sedai, ohne daß sie das Feuer noch schürte. Eines Tages wollte sie ein Verbindungsglied zwischen den Weisen Frauen und der Weißen Burg schmieden, aber das würde erst geschehen, wenn es ihr gelang, dieses Feuer niederzuschlagen. Aiel waren manchmal sehr empfindlich. Aber sie akzeptierten ihre Meinung, ohne gekränkt zu sein.
    »Ich denke, wenn die Schattenbeseelten uns bedrohen wollten«, sagte Melaine, »dann hätten sie es inzwischen getan. Vielleicht erachten sie uns nicht als eine Gefahr für sie.«
    »Wir haben diejenigen flüchtig gesehen, die Traumgänger sein müssen - sogar Männer.« Bair schüttelte ungläubig den Kopf. Egal, was sie über die Verlorenen wußte - sie hielt männliche Traumgänger für genauso alltäglich wie Schlangen mit Beinen. »Sie gehen uns aus dem Weg. Alle.«
    »Ich denke, wir sind genauso stark wie sie«, fügte Amys hinzu. Sie und Melaine waren in der Einen Macht nicht stärker als Theodrin und Faolain - alles andere als schwach und tatsächlich stärker als die meisten Aes Sedai, wenn auch nicht annähernd so stark wie ein Verlorener -, aber in der Welt der Träume war das Wissen Tel'aran'rhiods oft genauso mächtig wie Saidar und manchmal sogar mächtiger.
    Hier war Bair jeder anderen Schwester ebenbürtig. »Aber wir werden aufpassen. Der Feind tötet dich, den du unterschätzt.«
    Egwene nahm Amys' und Melaines Hand und hätte auch Bairs ergriffen, wenn es möglich gewesen wäre. Statt dessen schloß sie Bair in ihr Lächeln mit ein. »Ich werde Euch niemals vermitteln können, was mir Eure Freundschaft bedeutet, was Ihr mir bedeutet.« Das war, trotz allem, die einfache Wahrheit. »Die ganze Welt scheint sich mit jedem Wimpernschlag zu verändern. Ihr drei seid einer der wenigen festen Anhaltspunkte darin.«
    »Die Welt verändert sich tatsächlich«, sagte Amys traurig. »Sogar die Berge werden vom Wind abgetragen, und niemand kann denselben Hügel zweimal erklimmen. Ich hoffe, daß wir für Euch immer Freundinnen bleiben werden, Egwene al'Vere.
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