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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman
Autoren: Alisa Sheckley
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eindringen.
    Derart in Gedanken vertieft, fielen mir die seltsamen Geräusche zuerst gar nicht auf, die aus dem Schlafzimmer kamen. Als ich sie schließlich doch wahrnahm, glaubte ich für einen Moment, Hunter würde schlecht träumen. Er gab ein leises Stöhnen von sich, das immer wieder von einem Wimmern unterbrochen wurde – wie von einem Hund. Ich schlich vorsichtig zum Schlafzimmer. Sollte ich ihn wecken? Dann hörte ich das rhythmische Klatschen von Haut, die aufeinandertraf, und mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Das klang nicht nach Hunter, der unter einem Albtraum litt. Das klang nach Hunter kurz vor einem Orgasmus.

2
    Meine erste Reaktion war seltsam: Ich schämte mich für ihn und fühlte mich gleichzeitig erregt. Dann wurde Hunters Keuchen lauter und schneller, und ich dachte mir, ich würde doch zu gerne seinen Gesichtsausdruck sehen, wenn ich jetzt plötzlich ins Zimmer trat.
    Im ersten Augenblick ging ich gar nicht davon aus, dass er eine Frau bei sich haben könnte. Dieser Gedanke kam erst eine halbe Sekunde später, als ich mich daran erinnerte, dass Hunter an diesem Morgen nicht das leiseste Bedürfnis verspürt hatte, mit mir zu schlafen, obwohl wir uns seit drei Monaten nicht gesehen hatten. Aber schließlich hatte er sich krank gefühlt. Und ich hatte meine Tage erwartet, was Hunter nie sehr anziehend fand. Ich hatte es ihm zwar nicht gesagt, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er die Schachtel mit Slipeinlagen im Badezimmer bemerkt hatte. Er besaß die Begabung vieler guter Journalisten, stets das zu sehen, was er eigentlich nicht sehen sollte.
    Wieder hörte ich die raschen Klatschgeräusche im Schlafzimmer und lauschte angestrengt, ob ich noch jemand anderen keuchen hören konnte. Nichts. Natürlich gibt es Frauen, die sehr leise sind. Ich hatte mir angewöhnt, in solchen Situationen lauter zu atmen, auch wenn ich mir
dabei wie eine Betrügerin vorkam. Aber Hunter hatte einmal behauptet, ich würde wie eine Nonne in Kriegszeiten lieben, was ich nicht auf mir sitzenlassen wollte.
    Natürlich hatte er mich damit nur aufziehen wollen. Aber trotzdem...
    Ich hörte ein leises Ächzen – nichts Weltbewegendes -, und dann herrschte auf einmal Stille. Einen Augenblick lang blieb ich noch im Wohnzimmer stehen. Mir fiel die dichte Staubschicht auf dem mexikanischen Tonkrug auf, und auch unter dem Sofa hatte ich schon lange nicht mehr gesaugt.
    »Hunter?«
    Stille.
    »Hunter?«
    Etwas raschelte. »Abra? Bist du das?«
    »Ja, ich bin’s.« Ich wartete.
    »Einen Moment...« Wieder hörte ich ein Rascheln. »Okay, komm rein.«
    Ich ging ins Schlafzimmer. Hunter saß aufrecht gegen das Kopfteil unseres Bettes gelehnt und hatte die hellblaue Decke bis zum Bauch hochgezogen. Er hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht, die Fensterläden zu schließen. Im Zimmer roch es nach salziger Seeluft – oder nach einem Samenerguss. Er atmete noch immer so heftig, dass man deutlich sehen konnte, wie sich sein blasser schlanker Brustkorb hob und senkte. Seine dunkelbraunen Haare waren so lang geworden, dass sie ihm in die Augen und den Nacken fielen, während seine braunen Augen dunkel und eingesunkener wirkten als sonst. Doch obwohl er mitgenommen und erschöpft aussah, blieb er nach wie vor ein überaus attraktiver Mann.

    »Ich habe dich gar nicht hereinkommen hören«, sagte er ohne einen Anflug von Scham.
    »Weil ich durch das Fenster ins Wohnzimmer geklettert bin.«
    »Versuchst du etwa, mich mit einer anderen Frau zu erwischen?«
    Ich sah ihn an, ohne zu antworten.
    »Okay, probieren wir es noch einmal. Warum hast du nicht die Tür benutzt?«
    »Ich hatte keinen Schlüssel. Man hat mir meine Tasche gestohlen, und du hast weder das Telefon abgenommen noch die Tür geöffnet.« Ich bemühte mich darum, nicht allzu pikiert oder vorwurfsvoll zu klingen. Obwohl ich mich eigentlich genauso fühlte – pikiert und vorwurfsvoll.
    »Du machst Scherze! Arme Abra.« Er wandte mir seine ganze Aufmerksamkeit zu, als er das sagte, und ich merkte, wie ich mich schon wieder von seinem Charme einlullen ließ. Hunter konnte so konzentriert zuhören, dass einem erst dabei bewusst wurde, wie die meisten Leute nur darauf warteten, selbst sprechen zu können.
    »Ich mache keine Scherze!«
    »Du bist wirklich durch unser Wohnzimmerfenster eingestiegen?« Hunter griff nach seiner Armbanduhr, die auf dem Nachtisch lag, und band sie um sein Handgelenk.
    »Ich bin am Nachbarhaus hochgeklettert und dann zu unserem Balkon
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