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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman
Autoren: Alisa Sheckley
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»Du kannst das doch nicht wirklich wollen, Magda.« Auf einmal fiel mir die Spritze ins Auge, die ich in der Aufregung hatte fallen lassen. Sie war neben das Bett geschlittert. Hastig sah ich woanders hin und bemühte mich, mir nichts anmerken zu lassen. »Vor kurzem hast du doch erklärt, wir alle seien zivilisierte Menschen.«
    Magdas Augen wurden schmal. »Das habe ich gesagt, bevor du mich herausgefordert hast. Aber gut... du willst deine Mutter also retten? Dann mal los. Wir werden dich nicht aufhalten.«
    Red kniete neben meiner Mutter und untersuchte weiter ihr Handgelenk. Meine Mutter gab ein leises Stöhnen von sich.
    »Hunter! Hunter, du darfst das nicht zulassen«, rief ich. »Hörst du mich?«
    »Keine Angst, Doc«, meinte Red und warf mir einen raschen Blick zu. »Ich verliere nicht die Beherrschung. Ich schaue mir nur an, wie tief die Verletzungen deiner Mutter gehen.«
    Meine Mutter versuchte den Kopf zu heben. »Was soll das... he, hör auf zu lecken! Stopp...« Ihre Stimme wurde leiser, als Red ihr in die Augen sah. Sie wirkte plötzlich ruhiger. Ich musste daran denken, wie Wölfe ihre Beute hypnotisieren. Sie blicken das verletzte Opfer an, und dieses versteht instinktiv, dass es keinen Sinn mehr hat, sich zu wehren.

    »Das wird sich bestimmt gut anfühlen«, fügte Red genüsslich hinzu.
    »Misch dich nicht ein«, sagte Hunter zu mir und trat hinter mich, um mich an den Handgelenken zu packen. »Das Ganze macht mich ziemlich geil.«
    Ich wehrte mich, aber seine Hände hielten mich wie Schraubstöcke fest. »Red! Red, hör auf! Bitte, tu ihr nicht weh. Versuch dich daran zu erinnern, wer du bist! Und denk daran, dass ich ihre Tochter bin. Bitte, Red, hör endlich auf!«
    Magda wandte sich kopfschüttelnd an Hunter. »Amerikaner haben wirklich die Tendenz, alles immer so todernst zu nehmen, nicht wahr? Das ist vielleicht langweilig. Hat sie euer Sexualleben etwa auch so ernst genommen?«
    Hunter lachte. »Nein, dafür war die Gute viel zu verklemmt.«
    »Ich bin nicht verklemmt.« Magda hob ihr Kinn. Hunter hielt meine Handgelenke blitzschnell mit einer Hand fest und küsste seine Geliebte gierig. Der kleine Hund, der zwischen die beiden gepresst wurde, wimmerte leise.
    Und dann passierte alles auf einmal.
    Magda schrie auf. »Au, dieser kleiner Scheißer hat mich gebissen!« Sie ließ Pimpernell fallen, der aufjaulte und zu meiner Mutter raste. Er stellte sich mit seinen dünnen Streichholzbeinchen auf ihre Schulter und bellte Red wütend an.
    Ich habe keine Ahnung, was der Hund dabei von sich gab, aber es musste überzeugend geklungen haben. Denn als Nächstes war nur noch rotbraunes Fell zu sehen. Red ließ von meiner Mutter ab, verlor seine menschliche Gestalt und stürzte sich in rasender Geschwindigkeit mit gefletschten
Zähnen auf Hunter. Einen wunderbaren Moment lang behielt Hunter seinen normalen Körper und ging zu Boden.
    In diesen endlosen Sekunden hatte ich Zeit, mich zu bücken und die Spritze aufzuheben.
    Dann verwandelte sich auch Hunter und stand als ein wesentlich größeres und aggressiveres Tier vor Red. Er stellte die Nackenhaare auf. Auch wenn Red nicht zurückwich, war eindeutig, welcher der Wölfe der dominantere war.
    »Vergiss mich nicht, Abra«, zischte Magda und verzog den Mund zu einem bösartigen Lächeln.
    »Wie könnte ich dich vergessen? Die boshafteste Schlampe, der ich je begegnet bin?«
    »Vorsicht, kleines Mädchen. Sonst muss ich dir beibringen, was gute Manieren sind.«
    Ich konnte das Fauchen und Knurren der beiden Unwölfe hören, die sich umkreisten und immer wieder nacheinander schnappten. Wie viel Zeit blieb mir noch, bevor Hunter Red außer Gefecht setzte?
    Ich richtete mich auf. Deutlich spürte ich den Blick meiner Mutter in meinem Rücken. Mach eine Szene, dachte ich. Leg eine deiner berühmten Piper-LeFever-Szenen hin. Vielleicht kannst du uns ja dadurch befreien. Doch meine Mutter sagte nichts.
    »Ach, du meinst«, griff ich stattdessen Magda an, »es wäre unhöflich zu erwähnen, dass du schon etwas zu sehr in die Jahre gekommen bist, um dich noch so grotesk zu verkleiden? Oder dass du für einen Wolfswurf wirklich deutlich übers Verfallsdatum hinaus sein könntest?«
    »Ich bin noch fruchtbar.«
    In diesem Augenblick begriff ich, warum wir alle hier waren. Red hatte mir erklärt, dass sich nicht jeder, der von
einem Lykanthrop gebissen wurde, auch infizierte. Man musste die richtigen genetischen Voraussetzungen mitbringen. Vielleicht hatte sich
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