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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6
Autoren: Lori Handeland
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einem Foto auftauchen, das eine vermisste Person vor dieser verfluchten Bar zeigt.“
    „Verflucht?“
    New Orleans galt als die Voodoo-Hauptstadt Amerikas. Wenn es einen Detective gab, der an Flüche glaubte, würde er zweifellos hier arbeiten.
    „Das war nur so dahingesagt.“ Die Art, wie er den Mund verzog, verriet, mit welcher Verachtung er diesem Thema gegenüberstand. „Wenngleich es Gerüchte gibt, denen zufolge es in dem Gebäude spuken soll. Aber das tut es hier wohl überall.“
    „So ist das nun mal in sehr alten Städten.“
    Er zog eine Schulter hoch. „Irgendetwas ist jedenfalls seltsam an dem Club; ich kann bloß nicht den Finger drauflegen. Er wurde vor etwa sechs Monaten unter einem neuen Besitzer wiedereröffnet.“
    Ich riss den Kopf hoch, als mir einfiel, dass Rodolfo behauptet hatte, seinen Laden vor weniger als einem Jahr aufgemacht zu haben, aber sechs Monate …
    Sullivan senkte das Kinn und beantwortete damit die Frage, die ich erst noch stellen musste. „Exakt zu dem Zeitpunkt, als sich die Zahl der Toten und Vermissten zu verdoppeln begann.“
    „Sie können nicht ernsthaft …“ Ich verstummte.
    „Was?“
    „Annehmen, dass Rodolfo ein Serienmörder ist.“
    „Sie haben ihn kennengelernt?“
    „Ja.“
    Er presste die Lippen zusammen. „Nur weil er Saxophon und Klavier spielen kann …“
    „Klavier?“ Die Vorstellung, wie diese Hände über die Tasten streichelten, machte mich leicht benommen.
    Sullivans Augen wurden schmal. „Er ist ein talentierter, gut aussehender Kerl, aber das heißt nicht, dass er nicht gefährlich ist.“
    „Außerdem ist er blind. Ich bezweifle, dass er in der Lage wäre, Menschen durch die Stadt zu jagen und umzubringen.“
    „Vielleicht hat er einen Komplizen.“
    „Sie meinen, weil er so verdammt anziehend ist, würde sich jedermann darum reißen, sein mörderischer Handlanger zu sein?“
    „Man kann nie wissen“, brummte Sullivan. „Mir sind schon verrücktere Sachen untergekommen.“
    Das glaubte ich ihm aufs Wort. Ich hatte schon oft genug mit Bullen zu tun gehabt. Sie sahen eine ganze Menge, und meist waren es hässliche Dinge. Dass Sullivan an dieser Sache dranblieb, obwohl er nicht nur von seinem Vorgesetzten, sondern auch vom FBI eins auf den Deckel bekommen hatte, zeigte, wie wichtig sie ihm war. Dafür bewunderte ich ihn.
    „Haben Sie ihn überprüft?“, fragte ich.
    Sullivan bedachte mich mit einem langen Blick. Natürlich hatte er das.
    „Und?“
    „Er ist in dieser Stadt geboren. Kreolische Wurzeln.“
    Ich hatte den Begriff schon gehört, wusste aber nicht genau, was er bedeutete.
    Sullivan bemerkte meine Verwirrung. „Kreolen sind in diesem Land geborene Abkömmlinge europäischer Einwanderer. Spanier und Franzosen siedelten sich in New Orleans an. Der Stadt haftet etwas Französisches an, gleichzeitig ist ein Großteil der Architektur spanischen Ursprungs, und Rodolfo ist ein alter spanischer Name.“
    Was seinen leichten Akzent erklärte, auch wenn er Englisch nicht als Zweitsprache zu sprechen schien.
    „Wie weit reicht seine spanische Abstammung zurück?“
    „Ein paar Generationen, aber hier hält man die Vergangenheit gern am Leben.“
    Verständlich, wenn die Vergangenheit an jeder Straßenecke lebt und atmet.
    „Also hat Rodolfo Familie in New Orleans?“
    Sullivan schüttelte den Kopf. „Den Archiven zufolge ist er der letzte Abkömmling. Er hat seine Familie verlassen, noch bevor er seinen Highschool-Abschluss in der Tasche hatte.“
    „Warum?“
    „Das weiß niemand. Wahrscheinlich das Übliche – seine Eltern verstanden ihn nicht; er wollte Rockstar werden.“
    „Was hat er dann gemacht?“
    „Er ist herumgestromert, wodurch es höllisch schwer wurde herauszufinden, was er die Jahre über getrieben hat. Ich habe versucht, seinen Lebenslauf anhand seiner Sozialversicherungsnummer nachzuvollziehen …“
    „Gab es in den Städten, in denen er lebte oder arbeitete, einen plötzlichen Anstieg von Vermissten- oder verdächtigen Todesfällen?“
    Sullivan zog eine Braue hoch. „Sie haben so was früher schon gemacht.“
    „Hin und wieder.“
    „Ich konnte keinen Hinweis auf ihn entdecken. Er hat bis zum letzten Jahr nicht eine einzige Steuererklärung abgegeben.“
    Das war eigenartig, aber auch kein noch nie da gewesener Fall. Vor allem nicht bei einem Ausreißer, der vermutlich auf der Straße gelebt hatte.
    „Werden Sie die Steuerbehörde informieren?“
    „Gut möglich.“
    „Bestimmt hat Rodolfo
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