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Wolfsmagie (German Edition)

Wolfsmagie (German Edition)

Titel: Wolfsmagie (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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hundert Kilo schwer und mit Muskeln ausgestattet, wie Kris sie aus dem Kraftraum ihrer Highschool kannte, wenn das Footballteam grunzend und posierend trainiert hatte.
    Kris war immer zu sehr auf ihre schulischen Leistungen bedacht gewesen, um sich je einen Footballspieler zu angeln; wenn sie ehrlich war, hatte sie zu sehr im Ruf einer Streberin gestanden, als dass je einer Notiz von ihr genommen hätte. Aber sie war weder dumm noch blind oder lesbisch gewesen, darum hatte sie jedes Mal, wenn sie am Fenster des Kraftraums vorbeigekommen war, hindurchgelinst. Sie hatte hindurchgelinst und sich den Anblick eingeprägt.
    Jetzt verstand sie nicht mehr, warum. Wenn sie die voluminösen, aufgepumpten Muskeln, die sich unter der Uniform des Wachmanns abzeichneten, mit den harten, sehnigen Strängen unter dem abgetragenen T-Shirt des verschwundenen Mannes verglich, trug Letzterer ohne Frage den Sieg davon.
    Der Neuankömmling maß sie mit seinem Blick. Auch er hatte blaue Augen, jedoch wirkten sie verwaschen in seinem blassen Gesicht, unter seinem Schopf, der unglücklicherweise die Farbe eines Orang-Utans aufwies.
    Er leuchtete mit der Taschenlampe in jeden düsteren Winkel. Kris folgte dem Strahl begierig mit den Augen. Aber da war niemand.
    Der Nachtwächter drehte sich mit gerunzelter Stirn zu ihr um. »Sie sagten wir .«
    »Hier war ein Mann, aber jetzt ist er …« Kris spreizte die Finger. »Weg.«
    Sein Stirnrunzeln wurde grimmiger. »Wo ist er hin?«
    Kris zeigte achselzuckend zu den Stufen.
    »Ich bin auf direktem Weg hier raufgekommen. Aber dabei habe ich niemanden runtergehen sehen.«
    Ein nervöses Prickeln lief über Kris’ Rücken, aber sie ignorierte es. Es war ein Mann hier gewesen. Er hatte sie geküsst, Herrgott noch mal! Gespenster konnten nicht küssen.
    Weil es keine Gespenster gab .
    »Nun, da er nicht hier ist«, bemerkte sie ein wenig zu hitzig, »muss er wohl doch runtergegangen sein. Es sei denn, Sie wüssten noch einen anderen Weg nach draußen.«
    »Nur diesen einen …« Der Wächter machte eine Bewegung, als wollte er sich über die Brüstung stürzen.
    Kris widerstand dem Drang, hinüberzulaufen und sich zu vergewissern. Sie hätte es gehört, wenn er gesprungen wäre. Es hätte ein fieses Klatschen gegeben. Der Gedanke ließ sie erschaudern.
    »Es wird allmählich frostig hier draußen, Miss. Am besten kehren Sie zurück …« Er machte eine Pause. »Wo wohnen Sie? Ich habe kein Auto bemerkt.«
    »Im Loch Side Cottage.«
    »Ah, das Haus der Camerons. Dann haben Sie es ja nicht weit. Ich begleite Sie zurück.«
    »Danke, das ist nicht nötig.« Kris hob ihre Videokamera auf, erfreut, dass sie in dem Kuddelmuddel nicht zertrampelt worden war.
    Oder von dem Phantom geklaut.
    Kris hüstelte, um das unangemessene Lachen zu ersticken, das ihr zu entschlüpfen drohte.
    »Was für ein Mann wäre ich, wenn ich eine Frau mitten in der Nacht allein durch die Gegend spazieren ließe?«
    Im Schein der Taschenlampe umspielte ein Lächeln seine Lippen. »Urquhart Castle steht hier schon seit dem sechsten Jahrhundert. Ich bezweifle, dass es verschwinden wird, wenn ich einen Moment nicht hinsehe.«
    Ganz im Gegensatz zu dem Mann, der Kris geküsst hatte.
    »Sie sind sicher, dass Sie niemanden gesehen haben?«
    »Sie sind sicher, dass Sie jemanden gesehen haben?« Er betrachtete den tiefdunklen Himmel. »Die Nacht spielt einem gelegentlich einen Streich.«
    Hätte sie nicht mehr als einen Schatten gesehen, wäre Kris geneigt gewesen, ihm zuzustimmen. Aber die Nacht war nicht Trickbetrüger genug, um solide, attraktive Männer, die mit schottischem Akzent sprachen und sich auf Zungenküsse verstanden, vorzugaukeln.
    »Ich bin Alan Mac«, stellte er sich vor. »Der Polizeichef von Drumnadrochit.«
    Kris blinzelte. »Nicht der Wächter?«
    »Es gibt hier zwar einen.« Alan Mac wandte die Augen ab. »Aber der bin nicht ich.«
    Kris folgte seiner Blickrichtung, konnte jedoch nirgendwo einen Wächter entdecken. Sie nahm an, dass es hier jede Menge dunkler Winkel und Ecken gab. Er konnte überall stecken. »Was tut der Polizeichef hier, wenn es einen Wachmann gibt?«
    »Spazieren gehen.«
    Kris fand das schwer zu glauben. Aber wollte sie den »Polizeichef« wirklich der Lüge bezichtigen? Und was sollte sein Motiv sein?
    »Ich habe Ihren Namen nicht mitbekommen.«
    »Kris.« Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Kris Daniels.«
    Seine Finger waren kalt wie der Wind; Kris schrak zusammen. »Verzeihung.« Er rubbelte
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