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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman
Autoren: Alisa Sheckley
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bitten, Sie nach Hause zu bringen?«
    Ich merkte, wie erneut Wut in mir aufstieg. Gerade wollte ich den Mund aufmachen und ihm erklären, dass ich meinen Freund verdammt nochmal nicht brauchte, weil ich noch gar nicht nach Hause wollte. Doch da sah ich, wie ein gewisser gestreifter grauer Fellsack fauchend vom Tisch sprang und an mir vorbei aus dem Zimmer flitzte.
    »Also gut«, gab ich seufzend meinen Widerstand auf. »Ich rufe Red an.«

3
    »Es tut mir leid, dass ich Ihnen das zumuten muss«, sagte ich zum dritten Mal und warf dem Profil meines Chefs einen raschen Blick zu.
    »Hören Sie endlich mit diesem ständigen Entschuldigen auf«, fuhr mich Malachy an, ohne die Augen von der Straße abzuwenden. »Das nervt.«
    Normalerweise hätte ich Malachy mit einer schnippischen Antwort bedacht. Von Anfang an hatte sich zwischen uns ein leicht boshaft neckischer Ton eingeschlichen, der schon bald zu unserer üblichen Art der Kommunikation geworden war.
    Doch momentan war ich nicht in der Laune dazu. Ganz im Gegenteil - ich fühlte mich verletzlich und angreifbar. Es war mir nicht gelungen, Red auf seinem Handy zu erreichen. Entweder befand er sich außer Reichweite eines Signals, weil er zum Beispiel Ratten oder Mäuse aus dem Speicher eines Kunden entfernte, oder er saß im Moondoggie’s und ließ sich ein Bier schmecken. Es konnte allerdings auch sein, dass sein Handy mal wieder bei seinen Klamotten liegen geblieben war, als er sich dieser entledigt hatte, um mit dem Kojoten durch die Gegend zu jagen, der Queenie geschwängert hatte.

    Das war das Problem, wenn man sich mit einem Gestaltwandler zusammentat: Man wusste einfach nie, was als Nächstes passierte.
    Red legte zwar nicht dieselbe Unzuverlässigkeit an den Tag, mit der mich mein Exmann gequält hatte, bei dem ich ständig zwischen Sehnsucht und Qual hin- und hergependelt war. Aber trotzdem war es unangenehm. Außerdem mochte ich es ganz und gar nicht, dass mich Malachy jetzt heimfuhr. Ich fühlte mich gemeinsam mit ihm in einem Auto nicht wohl, was nicht nur daran lag, dass er darauf bestand, weiterhin einen englischen Wagen mit dem Lenkrad auf der rechten Seite zu fahren.
    Ein Laster donnerte an uns vorbei - vor Schreck stieß ich einen Schrei aus.
    »Seien Sie nicht so ängstlich. Wir waren nicht mal in der Nähe«, knurrte Malachy.
    »Es ist nur irgendwie seltsam für mich, links von Ihnen zu sitzen.«
    Er überholte in einer unübersichtlichen Kurve, und wieder hielt ich entsetzt den Atem an.
    »Sie sind so angespannt.«
    »Meinen Sie mit angespannt nervös, enervierend oder eine Mischung aus beidem?«
    »Letzteres. Muss ich da vorn abbiegen?«
    Ich warf einen Blick auf die lange Einfahrt, die zu der eleganten Ruine eines Hauses führte, das mein Ex sein Eigen nannte. »Nein. Da lebt Hunter. Wir wohnen eine Abzweigung weiter.«
    Die Bäume hatten im Winter natürlich ihr Laub verloren, doch im Herbst konnte die Fahrt hierher ausgesprochen pittoresk sein. Die Ahornbäume, die den langen Weg
bis zu unserem Haus säumten, waren strahlend rot und gelb gefärbt. Hunter und ich zogen im Oktober aus New York hierher, als die Herbstfärbung gerade ihren Höhepunkt erreichte und alles wie verzaubert wirkte. Meiner Ansicht nach müsste es ein Gesetz gegen einen Umzug um diese Zeit geben. Denn innerhalb weniger Tage oder Wochen löst sich dieser Zauber in Nichts auf, die Blätter fallen herab, und man stellt fest, dass der eigene Mann einen auch auf dem Land nicht mehr liebt, als er das in Manhattan getan hat. Er liebt einen sogar noch weniger. Oder vielleicht fällt es einem hier auch nur mehr auf.
    »Macht es Ihnen nichts aus, weiterhin in so großer Nähe zu Hunter zu leben?«, wollte Malachy wissen.
    Seine Frage kam so unerwartet, dass ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. »Das ist eine ziemlich persönliche Frage, die Sie da stellen. Ich dachte immer, Ihnen liegt nichts an solchen Intimitäten.«
    »Ich vermute mal, das soll heißen, es macht Ihnen etwas aus.«
    Ich sah Malachy an. »Ich sage mir immer wieder, dass vier Hektar Land zwischen uns liegen. In New York hätte das nicht einmal dieselbe Postleitzahl bedeutet. Im Grunde sollte das reichen.«
    »Sie sind aber nicht in New York.«
    »Wohl wahr.«
    Wenn ich daran dachte, dass wir im vergangenen Jahr kurz davorgestanden hatten, uns gegenseitig umzubringen, hätte ich mich vermutlich auch eingeengt gefühlt, wenn Hunter am anderen Ende der Staaten gelebt hätte. Red hatte zudem sowieso nicht
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